Takis Würger gelingt mit Für Polina ein stilles, aber eindrucksvolles literarisches Werk, das sich mit komplexen Themen wie Liebe, Verrat, Schuld und moralischer Verantwortung in einem autoritären System auseinandersetzt. Die Geschichte, angesiedelt im Kalten Krieg, wirkt durch ihre Reduktion auf das Wesentliche umso intensiver. Würger schreibt mit knapper, klarer Sprache, die eine große emotionale Tiefe entfaltet, ohne je kitschig oder überladen zu wirken. Der Ich-Erzähler bleibt in seiner Zurückhaltung glaubwürdig, seine Entwicklung vom naiven Idealisten zum selbstkritischen Menschen ist authentisch und bewegend. Die Figur Polina bleibt geheimnisvoll und ambivalent gerade das macht ihre Wirkung stark. Ihre Beziehung ist nicht idealisiert, sondern geprägt von Unsicherheit, Machtverhältnissen und echter menschlicher Nähe. Sprachlich bleibt der Roman konsequent nüchtern und präzise. Diese Zurückhaltung erzeugt eine eindringliche Atmosphäre, in der jedes Wort Gewicht hat. Die Handlung schreitet ruhig voran, verliert aber nie an Spannung weil es Würger gelingt, innere Konflikte sichtbar zu machen, ohne sie auszusprechen. Insgesamt ist Für Polina ein leises, kluges und emotional tiefgehendes Buch, das den Leser auch nach dem letzten Satz nicht loslässt. Es regt zum Nachdenken an über politische Systeme, individuelle Entscheidungen und die Zerbrechlichkeit zwischenmenschlicher Beziehungen.