Die bildgewaltige Sprache ist beeindruckend, aber die Kurzgeschichtenform für mich als Einsteigerin in Zafóns Werke nicht ganz passend.
Carlos Ruiz Zafón, der 1964 in Barcelona geboren wurde, erlangte weltweite Bekanntschaft mit seinem Bestseller "Der Schatten des Windes", der 2001 erschien. Schon zuvor war er als Jugendbuchautor erfolgreich und wurde 1993 mit dem Edebé-Preis für sein Debüt "El Príncipe de la niebla" ausgezeichnet. Zafóns Werke, die eine Mischung aus mystischen Erzählungen und Krimi-Elementen bieten, entführen die Leser:innen in das geheimnisvolle Barcelona, das von Geheimnissen, Rätseln und magischen Orten geprägt ist. Worum geht's genau?"Der Friedhof der vergessenen Bücher" ist eine Sammlung von Erzählungen, die sowohl bereits veröffentlichte Texte als auch bislang unveröffentlichte Geschichten umfassen. Der "Friedhof der vergessenen Bücher" ist ein geheimnisvoller Ort, an dem Bücher darauf warten, ihre Seele an ihre Leser:innen weiterzugeben. Die Erzählungen, die zwischen dem 16. Jahrhundert und der Gegenwart spielen, nehmen die Themen aus Zafóns früheren Romanen auf und vertiefen sie. Sie bieten Einblicke in das düstere, mystische Barcelona, das Zafón in seinen anderen Werken etabliert hat, und erweitern das Universum seiner Geschichte um neue Dimensionen.Meine MeinungDas Buch habe ich im Rahmen meines Buchclubs gelesen, und der Titel hat mich sofort angesprochen. Ich hatte mir eigentlich eine zusammenhängende Geschichte erhofft, doch das Buch entpuppte sich als Sammlung von Erzählungen. Auf dem Cover ist schon angedeutet, dass es sich um Erzählungen aus Zafóns früheren Werken sowie um bisher unveröffentlichte Geschichten handelt. Dies war eine Überraschung für mich, besonders da der Autor leider sehr jung verstorben ist. Dennoch hat es mich neugierig gemacht, mehr von ihm zu lesen, und ich werde mir, wenn es mein SuB zulässt, sicher noch die anderen Bücher von Zafón besorgen.Die Erzählungen sind reich an Atmosphäre und verleihen dem düsteren Barcelona Leben. Was mir besonders gefallen hat, sind die bildhaften Beschreibungen der Städte und der geheimen Orte, die in den Geschichten auftauchen. Die Sprache Zafóns ist schlichtweg bewegend und bildgewaltig. Jede Geschichte, die zwischen dem 16. Jahrhundert und der Gegenwart spielt, berührt auf ihre Weise Themen der Erinnerung, der verlorenen Zeit und des Schicksals. Dabei wird immer wieder auf Figuren und Elemente aus seinen vorherigen Romanen Bezug genommen.Ein großes Manko für mich war jedoch das Fehlen starker weiblicher Figuren. In den meisten Erzählungen sind es männliche Charaktere, die im Mittelpunkt stehen, und häufig dreht sich vieles um ihre Begierden und inneren Konflikte. Als Leserin habe ich hier definitiv mehr Vielseitigkeit und die Sichtweise starker Frauenfiguren vermisst.Da ich nicht wirklich der Kurzgeschichten-Typ bin, war das Buch für mich etwas schwer zugänglich. Viele der Geschichten haben mich nicht ganz abgeholt, vor allem weil ich oft nicht wusste, wer genau der Erzähler ist - ein Großteil der Erzählungen ist aus der Ich-Perspektive geschrieben, aber es wird nicht immer klar, wer diese Stimme verkörpert. Das hat es mir erschwert, mich mit den Figuren und der Handlung zu identifizieren.Was mich jedoch beeindruckte, war Zafóns Fähigkeit, komplexe Emotionen und stimmungsvolle Kulissen zu erschaffen. Wenn ich die anderen Werke des Autors bereits gekannt hätte, wäre ich sicher noch stärker in den Bann der Erzählungen geraten. Für mich ist dies ein Buch für Leser:innen, die sich in das Zafón-Universum vertiefen wollen und sich mit den Facetten seiner Welt auseinandersetzen möchten, aber nicht unbedingt für Zafón- Einsteiger:innen wie mich.Fazit"Der Friedhof der vergessenen Bücher" ist eine Sammlung atmosphärischer Erzählungen, die auf Zafóns früheren Romanen aufbauen und tief in das mystische Barcelona eintauchen. Für Fans seines Werks ein Muss, für mich persönlich jedoch aufgrund der kurzen Form und der unklaren Erzählerperspektive nicht ganz das Richtige. Ich gebe dem Buch 3,5 von 5 Sternen, da mich die Sprache und die Atmosphäre zwar beeindruckten, die Sammlung aber nicht in ihrer Gesamtheit zu fesseln vermochte.