Ritchie Girl

Diese Buch war nicht nur ob seiner Stofffülle, sondern auch sprachlich ein absolutes Highlight. Vor dem Hintergrunde des aufkommenden Kalten Krieges rekrutieren US Geheimdienste alte Kader aus Wehrmacht und SS. Ein blendend recherchierter, komplexer Roman, der Moral, individuelle und kollektive Schuld thematisiert und nebenbei ein hohes Maß an Spannung hält.

Gute Romanidee, schlecht umgesetzt Fiktive Handlung in historisch realen Kontext: Verfolgung von Nazi-Verbrechern nach 1945 - gute Idee. Mich hat allerdings der Schreibstil so genervt, dass ich nach zwei Dritteln des Buches aufgegeben habe. Die Dialoge sind unerträglich, sie sind Geplauder, die nicht zum Fortgang der Handlung beitragen (welcher eigentlich?), sondern ein Wettbewerb in altklugen, supercoolen Wortspielen, intellektueller Schlagfertigkeit, deren Sinn es ist, die eigene Allgemeinbildung und Redegewandtheit unter Beweis zu stellen und den anderen zu überbieten, Hochstatuswettbewerb mit künstlichem Pokerface und tiefergelegter Stimme. Solche Dialoge gibt es in schlechten deutschen Fernsehkrimis und -dramen, aber nicht in der Realität, am allerwenigsten in Deutschland 1945. Die Dialoge enthalten außerdem oft Fakten wie aus Wikipedia herauskopiert, wie man sie nie in einem realen Gespräch gebracht hätte, weil ein Gesprächspartner 1945 sie schon kennen musste.Die Figuren haben keine Gefühle, sie wundern sich nicht, sie haben keine Angst, keine Sorgen, keine Zweifel, - sie sind immer cool und haben alles im Griff, wie die Helden eines drittklassigen Actionfilms. Die Figuren haben keine individuellen Charaktere, alle reden in dem beschriebenen coolen Stil.Oft weiß man nicht, wie der Ort aussieht, in denen die Figuren sich befinden. Manchmal kommt allerdings plötzlich eine Ortsbeschreibung - "Die Sonne durchbrach den Wolkenberg wie ein Schwert" oder so - überladen, fast kitschig, wie aus einem Trivialroman kopiert.Ich konnte keinen roten Faden in der Handlung erkennen, es entstand keine Spannung. Die Zahl der historischen Figuren, die die Hauptperson Paula persönlich kennt, ist enorm, was die Geschichte unglaubwürdig macht.