Immer wieder freue ich mich, wenn es einen neuen Fall für Commissario Brunetti von Donna Leon gibt. So war es keine Frage, ob ich auch das 29. Buch der Reihe lesen möchte, sondern eher, ob ich es nicht mal in der Originalfassung - sprich auf Englisch - versuche.
Ich hatte keinerlei Probleme, der Geschichte zu folgen, aber mir dauerte der Aufbau zu lange. Bis endlich mal etwas geschah, war die Hälfte vom Buch herum. Natürlich dürfen Seitenhiebe ihrerseits gegen die Überflutung Venedigs durch Touristen nicht fehlen, aber so langsam bin ich es wirklich leid. Ja, es gibt zig Tausende, die sich die Stadt ansehen wollen und dadurch ist es besonders rund um die Rialto Brücke und den Markusplatz überfüllt, aber Venedig hat noch so viel mehr zu bieten, warum kann sie nicht auf den Flair eingehen, den die Stadt ausstrahlt? Vielleicht sollte die Autorin ihren Unmut diesbezüglich mal ablegen und sich wieder auf die alte Stärke konzentrieren.
Für mich bietet dieser Fall nämlich nichts Neues. Ich möchte mich unterhalten lassen und in der Story versinken. Wie sehr liebe ich den Schlagabtausch zwischen dem Commissario und dem Vice-Questore, aber der wird mir immer weniger geboten. Wo ist die Leichtigkeit hin? Wo der Esprit? Selbst Signora Elettra leuchtet in meinen Augen nicht mehr so, wie sie es sonst tat. Wo ist Vianello? Was macht Brunettis Familie?
Lauter Sachen, die mich berühren und ich will mehr davon.
Bin ich unzufrieden? Ja, verdammt, denn diese Reihe gehört zu meinen liebsten. Aber mir ist die Freude momentan etwas abhandengekommen.
Ich wurde gut unterhalten, keine Frage, aber ich weiß, dass es besser geht. Viel besser. Ich möchte das Buch aufschlagen und von der ersten Seite an wieder hineingesogen werden. Ohne ausführliche Belehrungen zum Umweltschutz, keine Inhaltsangaben von Büchern. Einfach ein Kriminalfall, der mich packt und überrascht, und mir meine lieb gewonnenen Charaktere wieder so vermittelt, dass ich sie ins Herz schließe und mitfiebere.
Von mir gibt es drei Sterne.