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Der eiserne Gustav

Roman

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Mit der Kutsche nach ParisBerlin, zwischen 1914 und 1924: Gustav Hackendahl, genannt der eiserne Gustav, ist Droschkenkutscher, streng gegen sich selbst und andere. In den unruhigen Kriegs- und Nachkriegsjahren bricht seine Familie auseinander, sein Betrieb kann neben der Automobil-Konkurrenz nicht mehr bestehen. Da setzt er trotzig einen Traum in die Tat um: Er macht sich auf eine letzte Reise - mit der Droschke von Berlin nach Paris."So zeitnah, zeitkritisch und milieugenau wie Hans Fallada hat kaum jemand geschrieben." Neue Zürcher Zeitung

Produktdetails

Erscheinungsdatum
20. August 2012
Sprache
deutsch
Auflage
2. Auflage
Seitenanzahl
749
Reihe
Aufbau Taschenbücher
Autor/Autorin
Hans Fallada
Verlag/Hersteller
Produktart
kartoniert
Gewicht
424 g
Größe (L/B/H)
113/187/40 mm
ISBN
9783746628608

Portrait

Hans Fallada

Rudolf Ditzen alias HANS FALLADA (1893 Greifswald 1947 Berlin), zwischen 1915 und 1925 Rendant auf Rittergütern, Hofinspektor, Buchhalter, zwischen 1928 und 1931 Adressenschreiber, Annoncensammler, Verlagsangestellter, 1920 Roman-Debüt mit »Der junge Goedeschal«. Der vielfach übersetzte Roman »Kleiner Mann was nun? « (1932) macht Fallada weltbekannt. Sein letztes Buch, »Jeder stirbt für sich allein« (1947), avancierte rund sechzig Jahre nach Erscheinen zum internationalen Bestseller. Weitere Werke u. a. : »Bauern, Bonzen und Bomben« (1931), »Wer einmal aus dem Blechnapf frißt« (1934), »Wolf unter Wölfen« (1937), »Der eiserne Gustav« (1938).


Pressestimmen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - RezensionBesprechung vom 21.04.2020

Lebensecht und darum unbequem

Hans Falladas Roman "Der eiserne Gustav" gibt es nun in einer Neu-Edition, die gleich zwei ideologische Kompromissfassungen korrigieren soll.

Nachdem Joseph Goebbels 1937 den neuen Roman "Wolf unter Wölfen" von Hans Fallada gelesen hatte, notierte er im Tagebuch: "Ein tolles Buch . . . Der Junge kann was." Auf das nächste Projekt des Schriftstellers, der gegen Ende der Weimarer Republik zum Bestsellerautor geworden war, richteten sich dementsprechend große Erwartungen. Fallada sah es mit Beklommenheit: "In die Sonne Goebbelscher Gunst zu kommen - das schien mir ein Ikarus-Schicksal."

Dieses neue Projekt, "Der eiserne Gustav", sollte zunächst ein Film werden, eine Paraderolle für den gefeierten Schauspieler Emil Jannings. Allerdings sah sich Fallada außerstande, ein Exposé zu verfassen: "Ich kann nur erfinden, wenn ich schildern, wenn ich in die Breite gehen darf." Deshalb schrieb er einen umfangreichen Roman, den die Filmleute dann zum Drehbuch eindampfen sollten. Der Film mit Jannings wurde jedoch nie gedreht, obwohl Goebbels selbst noch Korrekturen von Fallada erzwungen hatte: einen Schluss, der auf eine Bekehrung der Hauptfiguren zum Nationalsozialismus hinauslief. So erschien "Der eiserne Gustav" 1938. Bereits in seinem Gefängnistagebuch von 1944 hat Fallada seinen Verdruss über den "nationalsozialistischen Schwanz" des Romans bekundet. Er wünschte sich eine Ausgabe ohne dieses Finale, zu der es zu seinen Lebzeiten - er starb 1947 - nicht mehr kam. Erst 1962 wurde der Roman in der DDR in neuer Form publiziert, nun ohne den "Nazi-Schwanz", allerdings wiederum mit ideologischen Beschädigungen. Der Herausgeber Günter Caspar kürzte auch zahlreiche weitere Passagen, die damals nicht mehr ins sozialistische Geschichtsbild passten.

Erst jetzt, im Zuge der internationalen Wiederentdeckung Falladas, ist der "Eiserne Gustav", so verspricht es der Verlag, "erstmals in der Originalfassung" zu lesen. Kein Zweifel: Die komplizierte Editionsgeschichte ist so spannend wie der Roman selbst, dessen rührselige Rühmann-Verfilmung aus dem Jahr 1958 lediglich auf fünfzig von knapp achthundert Seiten basierte. Bei der staunenden Lektüre erweist sich der Roman als großformatiges Krisenpanorama der Jahre zwischen 1914 und 1928.

Der Berliner Fuhrunternehmer Gustav Hackendahl ist ein Modernisierungsverlierer, doch in zehn Jahren werde niemand mehr von den "Benzinstinkern" reden, prophezeit der überzeugte Droschkenkutscher. Einerseits ist er mit seinem autoritären Charakter und seiner Vorliebe für militärische Strenge ein Geistesverwandter von Heinrich Manns Diederich Heßling aus "Der Untertan". Seine Kaisertreue führt ihn allerdings nicht herrlichen Zeiten entgegen, sondern in den Beinahe-Bankrott, weil er nach dem Kriegsausbruch seine dreißig Pferde weit unter Anschaffungspreis ans Militär verkaufen muss und später sein Vermögen in Kriegsanleihen verliert. Auf der anderen Seite ist Hackendahl eine viel sympathischere Gestalt als der unleidliche Opportunist Heßling. Anfangs mag er noch als Familienschreck erscheinen, der seinen Lieblingssohn Erich, nachdem der ihn bestohlen und eine Neigung zu teurer Vergnügungssucht offenbart hat, in einen Kellerverschlag sperrt. Später, je mehr ihm die Felle wegschwimmen, erweist er sich als formidabler Trotzkopf.

Doch der alte Hackendahl gibt sich weiter eisern, auch wenn dieses Eisen inzwischen ziemlich durchgerostet wirkt. Während der stolze Fuhrunternehmer sich 1914 noch um ein "frisiertes" Hochdeutsch bemühte, steigert sich der verarmte Droschkenkutscher der Nachkriegszeit immer mehr in seine chronisch beleidigt wirkende Berliner Mundart hinein, obwohl er doch ursprünglich ein Zugezogener aus Pasewalk ist: "Mit dem Balinern, det passt eben besser zu meine jeminderte Lebensumstände." Er stilisiert sich selbst zum Ur-Berliner Original, als das er schließlich auch seine legendäre Droschkenfahrt nach Paris unternimmt, bei der er von Hunderttausenden in den Städten unterwegs gefeiert wird. Die Fäden bei diesem Unternehmen zieht eine Boulevardzeitung, die das Ereignis, über das sie berichtet, selbst inszeniert - ein selbstreferentielles Medienspektakel.

"Der eiserne Gustav" ist ein bedeutender, reichhaltiger Zeitroman, beeindruckend vor allem durch Falladas Meisterschaft des lebensechten Dialogs. Aber ist er jetzt wirklich erstmals in der "Originalfassung" zu lesen? Der von Fallada (mit welch widerstreitenden Gefühlen auch immer) autorisierte Schluss von 1938 bleibt in der von der Germanistin Jenny Williams herausgegebenen Neuausgabe zum größeren Teil gestrichen - er hätte jedoch unbedingt in den Anhang gehört; soviel selbständiges Einschätzungsvermögen sollte man den Lesern zutrauen. Wieder eingefügt sind lediglich zwei politisch unverdächtige Abschnitte, die nun tatsächlich den denkbar überzeugendsten Abschluss des Romans bilden.

Ein noch größerer Gewinn ist, dass die in der DDR-Ausgabe von 1962 (und den ihr folgenden West-Ausgaben) unterdrückten Passagen nun wieder zu lesen sind. Günter Caspar sprach damals von der "Ausmerzung politischer Entgleisungen" und von Falladas "historischen Fehlurteilen". Das betraf Ausführungen über den "Schmach"-Frieden von 1918, über die fatalen Auswirkungen des Versailler Vertrags, über die Ruhr-Besetzung durch die Franzosen und die internationale Ächtung Deutschlands in den zwanziger Jahren. Der sozialistischen Korrektheit widersprachen Sätze über gewaltsame Ausschreitungen während der Novemberrevolution (die Matrosen würden "als Luderhaufen im Nazisinn" dargestellt, meinte Caspar) oder eine abschätzige Beurteilung Karl Liebknechts. Regelmäßig wurden auch Passagen gestrichen, in denen die bitteren Erfahrungen der Figuren symbolisch gleichgesetzt werden mit dem kollektiven Schicksal der Nation, die Fallada in Hass und "Bruderstreit" versinken sah. Caspar war der Auffassung, dass all diese Passagen der Vorbereitung des "Nazi-Schlusses" dienen würden. Ob sie von Fallada tatsächlich erst zu diesem Zweck später eingefügt wurden, lässt sich jedoch kaum erweisen; ein Originalmanuskript des Romans ist nicht erhalten.

Vor allem konnten die Säuberungen des Textes das ideologische Problem, das Caspar sah, nur oberflächlich beheben. Denn es gibt viele Szenen, die gut mit einem Schluss vereinbar sind, in dem die Figuren Rettung aus ihren sozialen Nöten beim aufsteigenden Nationalsozialismus suchen. Das ist aber nicht dem Opportunismus Falladas geschuldet, sondern seiner (schon vor 1933) überaus kritischen Darstellung der Weimarer Republik. Heinz, der jüngste Sohn des "eisernen Gustav" und der eigentliche Sympathieträger des Romans, absolviert eine Banklehre, wird entlassen, findet zwischenzeitlich noch einmal eine Stelle in einer kleinen Betrüger-Bank (eines von vielen furiosen Kapiteln), bis er demütigende Jahre als Dauerarbeitsloser durchstehen muss. Die Tochter Eva verfällt einem perfiden Zuhälter und versinkt in den Abgründen von Prostitution und Kriminalität, was bei aller kolportagehaften Melodramatik von Fallada mit fiebriger Intensität und einer tiefen Vertrautheit mit Situationen der Hörigkeit geschildert wird. Der hedonistische Erich verkehrt im Milieu der Schieber und Inflationsgewinnler, bevor er bei Spekulationen auf die sinkende Mark seine Millionen auf einen Schlag wieder verliert.

Zweifellos war Falladas düstere Darstellung der zwanziger Jahre kompatibel mit manchen nationalsozialistischen Narrativen, wozu auch gehört, dass er Börsenhändler in Amsterdam Jiddisch sprechen lässt. Andere Aspekte des Romans liegen wiederum völlig quer zum nationalsozialistischen Menschenbild, vor allem seine imponierendste weibliche Gestalt, Ottos Gefährtin Tutti, bei der sich der Körpermakel mit außergewöhnlicher Charakterstärke verbindet. Ideologie und Politik sind Falladas Erzählkunst letztlich äußerlich; entscheidend ist sein phänomenales literarisches Einfühlungsvermögen. Er ist ein Menschenkenner, Menschenversteher allerersten Ranges. Und das zeigt "Der eiserne Gustav" in beeindruckender Fülle.

WOLFGANG SCHNEIDER

Hans Fallada: "Der eiserne Gustav". Roman.

Hrsg. und mit einem Nachwort von Jenny Williams. Aufbau Verlag, Berlin 2019. 831 S., geb., 26,- [Euro].

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon frenx1 am 27.02.2020
Nun habe ich es doch geschafft. Immer mal wieder habe ich mir vorgenommen, etwas von Hans Fallada zu lesen. Dass es nun mit "Der eiserne Gustav" ein mit gut 800 Seiten ziemlich umfangreiches Buch von Fallada geworden ist, liegt einzig und allein daran, dass der Aufbau-Verlag 2019  eine Neuausgabe des Buches herausgebracht hat.Ich weiß nicht warum, aber ich habe Fallada immer in die Rubrik "Heimatdichter" einsortiert. Was für ein Irrtum! Mit "Der eiserne Gustav" begibt sich Fallada mitten hinein in die Weimarer Republik. Von Heimatdichtung keine Spur. Die Verletzlichkeit der Menschen steht vielmehr im Vordergrund seines Buches.  Und so wie die neu gegründete Republik am Zerbrechen ist, zerbrechen auch die Figuren des Werkes.Gustav Hackendahl ist die Hauptfigur - der "eiserne Gustav", der sich nichts anhaben lässt. Auch dann nicht, als die wirtschaftliche Lage aussichtslos erscheint, bleibt er seinem Beruf treu, dem Droschkenkutscher. Die vielen Automobile? Als eine Modeerscheinung tut er sie zunächst ab. Die Kriegsanleihen? Futsch sind sie. Hackendahl verliert nach und nach sein gesamtes Vermögen. Aus dem großen Unternehmer mit Fuhrbetrieb wird schließlich wieder der Droschkenfahrer. Alles, was er aufgebaut hat, verliert er wieder.Zuhause regiert er mit eiserner Hand. Seine fünf Kinder leiden unter seiner tyrannischen Art. Sie entfernen sich nach und nach vom Elternhaus. Nur das jüngste Kind, Heinz, hält den Kontakt zu den Eltern aufrecht. Fallada stellt das Leben aller fünf Kinder dar und präsentiert so das Schicksal einer Familie zwischen Weltkrieg und Weimarer Republik, genauer: zwischen 1914 und 1924.Otto, der älteste Sohn, stirbt an der Front. Sein Bruder Erich wird zum Schieber und verdient sein Geld mit krummen Geschäften. Heinz hingegen arbeitet in einer Bank, gehört aber bald zum Heer der Arbeitslosen. Die beiden Töchter stehen für ganz unterschiedliche Lebensentwürfe: während die eine Oberin in einem Krankenhaus wird und ihr Vater ihr peinlich ist, gleitet die andere in die Kriminalität ab.Nur an zwei Stellen wirkt das Buch holzschnittartig erklärend: bei der Versuchung von Heinz durch Erichs Freundin und bei Evas Abgleiten in die Kriminalität. Hier beschreibt Fallada sehr ausführlich die moralische Verfallenheit, hier wäre weniger mehr gewesen.Ansonsten hat mich Falladas "Eiserner Gustav" überzeugt. Das Leben ist nicht in Schwarz-Weiß dargestellt, das Leben ist kompliziert. Ob man im Leben alles richtig macht - die Figuren können es kaum für sich selbst beantworten. Zu sehr sind sie hineingeschlittert in das, was ihr Leben ausmacht. Zu sehr haben sie alle unter den Nöten der Zeit gelitten. Niemand aus der Familie eignet sich zum Helden, niemand ist ein reiner Sympathieträger. Das hat für mich das Buch sehr lesenswert gemacht. Fallada bietet seinen Lesern Figuren mit Ecken und Kanten.Grund für diese Neuausgabe durch den Aufbau-Verlag ist der Versuch, eine rekonstruierte Fassung zu bieten. Denn Hans Fallada war genötigt, sein Buch umzuschreiben, damit es auch im Dritten Reich veröffentlicht werden darf. Dem hat sich Fallada widerwillig gebeugt, nachdem er sich gegen eine Emigration nach England entschieden hat. Allerdings: das ursprüngliche Manuskript Falladas ist verschollen. So hat Herausgeberin Jenny Williams alle möglichen Indizien zusammengetragen, um den letzten Teil des Romans, den allein Fallada veränderte, in Detektivarbeit zu rekonstruieren.Im Nachwort des Buches wird ausführlich darauf eingegangen, wie Fallada im August 1938 den Schluss seines Buches nach den Direktiven Joseph Goebbels' umschrieb. Ein Schluss, den Fallada in einem Brief selbst als "fürchterlichen Bockmist" und "blödes Gehandwerkere" bezeichnete. Es waren wohl die verkauften Filmrechte, die Fallada überhaupt dazu brachten, so viel Energie in diesen neuen Schluss zu stecken. Freilich: weder wurde aus dem Film etwas, noch hat sich "Der eiserne Gustav" in Deutschland gut verkauft.Ausführlich, fast schon zu ausführlich, geht das Nachwort auch auf die DDR-Ausgabe ein, die deutlich mehr als den Schluss neu bearbeitete - politisch motivierte Korrekturen.Hans Falladas Wunsch war es, den "Eisernen Gustav" nach dem Dritten Reich neu herauszubringen. Sein früher Tod 1947 machte ihm dies unmöglich. Nun hat der Aufbau-Verlag diesen Wunsch Falladas erfüllt.
LovelyBooks-BewertungVon Sigismund am 02.02.2020
REZENSION - Den "eisernen Gustav" glauben viele zu kennen. Doch der Rühmann-Film von 1958 hat mit Hans Falladas gleichnamigem Roman von 1938 nichts zu tun, schildert er doch nur die Kutschfahrt des wahren Berliner Droschkenkutschers Gustav Hartmann (1859-1938) im Jahr 1928 nach Paris. Fallada griff dieses damals öffentlichkeitswirksame Ereignis lediglich gegen Ende seines Romans um seinen fiktiven Kutscher Gustav Hackendahl auf. Doch auch wer Falladas "Der eiserne Gustav" gelesen hat, hatte nie seinen Originaltext, der verschollen ist, sondern nur einen bearbeiteten Text in der Hand. Erst jetzt nach über 80 Jahren erschien im Aufbau-Verlag eine Ausgabe mit jenem Ende, "wie ihn der Verfasser gewollt hatte", und in einer dem Urtext nahekommenden Fassung, wie es Fallada-Forscherin und Herausgeberin Jenny Williams in ihrem ausführlichen Nachwort nachweist.Hauptfigur ist der Berliner Droschkenkutscher Gustav Hackendahl. Wir begleiten den kleinbürgerlichen, in der wilhelminischen Zeit zu Disziplin und Gehorsam erzogenen Mann, der es bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs durch harte Arbeit zum Unternehmer mit 30 Droschken geschafft hatte, in den nun nachfolgenden Jahren 1914 bis 1924. Fallada zeigt am Beispiel des wirtschaftlichen Untergangs Hackendahls und des Zerfalls seiner Familie zugleich den Zerfall des gesellschaftlichen und politischen Systems nach dem verlorenen Krieg, nach Auflösung des Kaiserreichs und in den Wirren der Weimarer Republik, was letztlich in der Machtübernahme der Nationalsozialisten endete. Gustav Hackendahl muss erleben, wie seine von ihm "eisern" verteidigten Werte - Ordnung, Gehorsam, Disziplin - untergehen. Andererseits war es gerade die Strenge des Vaters, die für die Trennung seiner erwachsenen Kinder vom Elternhaus sorgte. Nur den Jüngsten lässt der Autor zu einem "anständigen Menschen" heranwachsen.Fallada hatte seinen Roman bewusst vorzeitig 1924 enden lassen, um nicht in die Sphären der Nazis zu geraten. Doch noch in der Andruckphase verlangte Goebbels eine Verlängerung der Handlung bis zur NS-Machtübernahme. Ausgerechnet Kutscher Hackendahl und sein "anständiger" Sohn sollten der NSDAP beitreten. Fallada gab am Ende nach - sein Buch wäre wegen "fehlender Propagandawirkung" nicht zugelassen worden - und ergänzte einen "Nazi-Schwanz", wie er es in Briefen selbst formulierte.Zwanzig Jahre später erschien in der DDR eine erneut bearbeitete, diesmal dem kommunistischen System gefällige Romanfassung: Zwar war der "Nazi-Schwanz" gestrichen, in vorauseilendem Gehorsam aber auch weitere Textpassagen, die den DDR-Funktionären hätten missfallen können. Nach jahrelanger Forschung und Textvergleichen erschien endlich im Herbst 2019 eine "von allen politischen Eingriffen befreite" Fassung des Fallada-Textes, die dem verschollenen Originalmanuskript wohl am nächsten kommt.Trotz seiner 80 Jahre ist "Der eiserne Gustav" immer noch aktuell und in seiner Authentizität aufrüttelnd, wie er von Fallada einst gedacht war. Nicht wenige vergleichen unsere heutigen politischen Verhältnisse mit denen der Weimarer Republik und meinen auch, einen Verfall unseres gesellschaftlichen Systems zu erkennen. Manche vermissen auch heute das notwendige Maß an Disziplin und Ordnung. Wieder erstarken in Deutschland die extremen politischen Flügel. So kann man diese Fallada-Neuausgabe als immer noch aktuelle und unbedingt lesenswerte Mahnung verstehen.