Die Erzählweise von " Jeder und die Anderen" zog mich in den Bann. Eine Art Roadtrip im Zeitraffer.Noch nicht mal 2 Tage verbringt der Leser mit dem Protagonisten. Es passiert sehr viel in dieser Zeit. Als Leser war ich etwas atemlos und beschloss, Lesepausen einzulegen. So viel, über das ich erst nachdenken musste - und wollte- , bevor ich mich in die nächste Begegnung stürzen konnte.Durch die Detailtreue und die Bildsprache hatte ich das Gefühl, die Bilder, die der namenlose Protagonist sieht, mit ihm vor mir zu sehen. Aber dennoch, was fast paradox ist, überlässt er es mir als Leser, mir mit ihm ein Bild von der jeweiligen Umgebung und besonders den Menschen, denen er begegnet, zu machen. Der Protagonist wertet nicht, er beschreibt und zieht Schlüsse. Meine eigene Bewertung überlässt er mir und regt mich dazu an, über den Menschen, dem er begegnet, nachzudenken.Manche Sequenzen wirken unwirklich. Realität und Fiktion verschwinden. Ich fühlte mich manchmal wie in einer Art Fabel. Es ist meines Rrachtens kein Roman, dessen Ziel Realismus ist, sondern es geht um eine Reise in menschliche Gefühle, Abgründe und Träume. Es gibt sie nicht, die alleinige Wahrheit. Das beweist dieser Roman immer wieder. Alles ist subjektiv.Schön fand ich den Gedanken, sich treiben zu lassen. Einfach am Bahnhof und in dieser Minute zu entscheiden, wohin die Reise geht." Die beste Entscheidung ist diejenige, die man trifft". Eine sehr weise und auch beruhigende Erkenntnis. Im Buch gelingt es, Zufall und aktive Entscheidung für den Moment auf wundersame Weise miteinander zu verbinden.Ich kann dieses Buch sehr empfehlen. Aber es braucht Muße und Zeit, sich einzulassen auf die Reise und auf die vielen Gedanken, die der Protagonist in den Raum stellt, und die mir als Leser dazu in den Kopf kommen.Gut gefallen hat mir auch der Lokalkolorit. Mainz, Frankfurt, Berlin. Wer die 3 Städte kennt, findet viele Bezüge. Und auch den jeweiligen Dialekt dazu, liebevoll und sehr stimmig in den Mund gelegt.