Für Nivedita bricht eine Welt zusammen. Saraswati ist weiß. Ihre Saraswati! Der Guru der Postcolonial Studies. Ihre Muse, ihr Vorbild. Ein Shitstorm bricht los... in Niveditas Leben, online, unter ihren Freunden und natürlich für Saraswati. Doch Nivedita gibt nicht so leicht auf und will es wissen. Warum? Warum gibt sich eine weiße Frau als PoC aus? Wer ist diese Frau? Und was macht das mit der Debatte? Und vor allem was macht das mit ihr selbst?Mithu Sanyal hat ein spannendes Experiment gewagt und stellt eine der Identitätsdebatten unserer Zeit in einen neuen Kontext. Ein weiße Frau, die behauptet People of Color (PoC) zu sein und damit einen Punkt stark machen will, der Identität (vermeintlich) auf eine neue Basis stellt. Doch tut sie das? Oder ist es einmal mehr Anmaßung einer weißen Person, die meint, ihre Erfahrungswelt mit denen anderer vergleichbar machen zu können? Dabei stellt sich für mich grundsätzlich die Frage, ob Erfahrungswelten vergleichbar sind? Eine klare Antwort wird man hier nicht finden und das ist gleich doppelt spannend. Zum einen ist Klarheit nicht unbedingt ein Merkmal dieser Debatten und das zeichnet Sanyal gekonnt nach. Zum anderen stößt sie die LeserInnen an, selbst über das Thema nachzudenken. Es gibt hier kein schwarz oder weiß, nur viele Schattierungen. Und so mag man Saraswatis Argumentation manchmal unsinnig finden, um an andere Stelle wieder an ihren Lippen zu hängen. Und damit trifft Sanyal einen Nerv unserer Zeit.Fazit: Sehr lesenswert!