»Wohin aber der Nationalsozialismus uns führen würde, das wissen wir aus dem einfachen Grunde nicht, weil er es selber nicht weiß - weshalb denn auch an der Aufrichtigkeit seines Willens zur Macht die Zweifel sich täglich verstärken.«
Es war der 17. Oktober im Berliner Beethoven-Saal. Der Ort, an dem Thomas Mann bereits acht Jahre zuvor seine Rede Von deutscher Republik hielt und damit, nach seinen unsäglichen nationalen und antidemokratischen Betrachtungen eines Unpolitischen, sein Bekenntnis zur Weimarer Republik und somit zur Demokratie aussprach.
Nun folgte ein erneutes Bekenntnis und zwar ein noch deutlicheres gegen den Nationalsozialismus und für die Sozialdemokratie. Mit dieser Rede antwortete er öffentlich auf die Wahlen des Vormonats, bei welcher die NSDAP erstmals die zweitmeisten Stimmen erhielt und versuchte sich an einer Analyse für das rasante Erstarken des Faschismus.
Dabei war Manns Ansprache, wie Bisky es im Nachwort deutlich schreibt, eine genaue Analyse des Moments. Schließlich ging er so konkret wie selten zuvor auf das aktuelle Tagesgeschehen ein und endete seinen Appell mit klarer sozialdemokratischer Überzeugung!
Doch nicht nur 20 SA-Männer, getarnt in Abendgarderobe, sondern auch einige Schriftsteller, darunter Ernst Jünger oder Arnolt Bronnen, störten diesen Vortrag massiv durch Zwischenrufe! Der Fakt, dass sich Jünger nie dazu geäußert hat, untermauert seinen fragwürdigen Charakter nur noch mehr. Trotz aller Störungen brach Thomas Mann seinen Vortag nicht ab!
Sein Freund, der Dirigent Bruno Walter, brachte ihn nach dessen Beendigung sicher davon.
Da ich diese Ausgabe gar nicht auf dem Schirm hatte, bin ich dem Verlag umso dankbarer, dass er die Aktualität der Rede erkannt und sie, durch Anmerkungen und ein Nachwort des Herausgebers Jens Bisky ergänzt, nun herausgegeben und mir unerwarteterweise ein Exemplar davon zugeschickt hat.