"Totstück" heißt Denise Minas Kriminalroman. So wurden tote Prostituierte von der schottischen Polizei bezeichnet, die in deren Augen keine Menschen waren, sondern Dinge - und demnach niemals lebendig. Das Wort "Totstück" ist eine Wortschöpfung. Besser lässt sich das zugrundeliegende englische Wort erklären: "Less dead" der Originaltitel, auch ein Begriff aus der Krimi-Noir-Literatur, der sich auf die Opfer von Serienmorden bezieht, die zu gesellschaftlichen Randgruppen gehören. Sie gelten als "weniger tot", weil sie vor ihrem Tod praktisch "nie waren", so die tiefe missbilligende gesellschaftliche Einstellung. Kurz - Sie werden im Wesentlichen ignoriert, von ihrem eigenen gesellschaftlichen Umfeld abgewertet und in der Regel nicht vermisst, wenn sie weg/tot sind. Wie eben hier - Prostituierte in Glasgow.
Die Ärztin Dr. Margo Dunlop geht zu einem, von Tracey, einer Mediatorin der Adoptionsagentur organisierten Treffen mit Nikki, einem Mitglied ihrer leiblichen Familie. Jenette, Margos sterbende Adoptivmutter hinterlässt ihr Briefe, die ihr endlich den Kontakt zu der Familie ihrer leiblichen Mutter Susan ermöglichen sollen. Von Tante Nikki, einer lauten, nervösen und überdrehten Person erfährt Margo, dass ihre Mutter als Prostituierte gearbeitet hat und ermordet wurde.
Vor dreißig Jahren sollen zudem mehrere Prostituierte von einem Glasgower Jack the Ripper ermordet worden sein, der von der Polizei gedeckt wird, weil er vermutlich selbst Polizist war. Und Margo soll Nikki nun helfen, den Täter endlich zu überführen.
Margo erhält Drohbriefe, die vom damaligen Täter geschrieben sein könnten und beginnt mit ihren Nachforschungen.
Aktuell hat Margo jedoch mit eigenen Problemen zu kämpfen, mit Joe unterhält sie eine On-Off-Beziehung. Sie ist schwanger und in der Sorge um ihr Ungeborenes möchte sie wissen, ob ihre Familie irgendwelche genetische Defekte hatte.
Nicht die Suche nach dem Täter steht im Vordergrund, sondern in den eindringlichen und zum Teil verstörenden Dialogen geht es um die Frage, wie die Gesellschaft mit den am Rande der Gesellschaft stehenden Frauen und der Gewalt ihnen gegenüber umgeht.
Denise Mina schreibt keine normalen Krimis, sondern politische Romane . Denn die Frage, wer der Täter war, ist ihr weniger wichtig als der gesellschaftliche Hintergrund Geächteter und das auf Tapet bringen von ausgeblendeten Realitäten, die uns nicht unbedingt unter den Nägeln brennen.
Sie bildet eine soziale und politische Realität mit schmerzendem Tiefgang ab, hier im schottischen Glasgow und sie ist die wahre Queen of Tartan Noir .