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Höhenrausch

Das kurze Leben zwischen den Kriegen

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Buch (gebunden)
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Deutschland 1918. Ende des Ersten Weltkriegs, Revolution, Sieg der Demokratie. Zugleich beginnt ein Siegeszug befreiter Lebensweisen. Die Inflation bringt die überlieferten Werte ins Wanken. Alles soll von Grund auf anders werden: die «Neue Frau», der «Neue Mann», «Neues Wohnen», «Neues Denken». Als es Mitte der Zwanziger auch wirtschaftlich aufwärtsgeht, wird Deutschland ein anderes Land. Frauen erobern die Rennpisten und Tennisplätze, gehen abends alleine aus, schneiden sich die Haare kurz und denken nicht ans Heiraten. Unisex kommt in Mode, Androgynes und Experimentelles. Jähner erzählt von der Erfindung der Freizeit, von Boxhallen und Tanzpalästen, und von den Hotspots der Neuen Zeit, vom Büro und Großstadtverkehr, vom Warenhaus als Glücksversprechen oder der Straße als Ort erbitterter Kämpfe. So vieles wirkt heute verblüffend modern. Die Vorliebe für Ironie, das Gradlinige und Direkte. Aber auch die Angst vor der «Entwertung aller Werte», der Herrschaft des Billigen. Ein großer Teil der Deutschen fand sich im Aufbruch nicht wieder. Als das Geld knapper wurde und die Zukunft düsterer, offenbarte sich die tiefe Spaltung der Gesellschaft und die Unfähigkeit, sie auszuhalten.

Harald Jähner liefert eine Gesamtschau dieser so pulsierenden, reichen Zeit - und zeichnet das Bild eines zerrissenen Landes voll gewaltiger und erschreckender Energien. Es ist uns irritierend ähnlich und - hoffentlich - doch ganz anders.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
16. August 2022
Sprache
deutsch
Auflage
3. Auflage
Seitenanzahl
560
Autor/Autorin
Harald Jähner
Verlag/Hersteller
Produktart
gebunden
Abbildungen
Zahlr. s/w Abbildungen
Gewicht
780 g
Größe (L/B/H)
216/152/49 mm
ISBN
9783737100816

Portrait

Harald Jähner

Harald Jähner, Jahrgang 1953, war bis 2015 Feuilletonchef der «Berliner Zeitung», zugleich Honorarprofessor für Kulturjournalismus an der Universität der Künste Berlin. 2019 erschien das Buch «Wolfszeit. Deutschland und die Deutschen 1945 1955», das mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet wurde und monatelang auf der «Spiegel»-Bestsellerliste stand; es wurde in zahlreichen Ländern veröffentlicht, darunter USA und England, wo es für den renommierten Baillie-Gifford-Preis nominiert wurde. «The Times» schrieb: «Eine bewegende, faszinierende Lektüre. Jähner versteht es meisterhaft, die tragischen, schrecklichen, komischen und aufbauenden Geschichten derer zu erzählen, die dabei waren.»


Pressestimmen

Stil, Blick und subtiler Witz: Kristallklare Essays über Autorendasein und Fotografie, Wahrnehmung und die beste Form wie macht er das nur? Alexander ; Ulrich ; Iris ; Elke Camman ; Greiner ; Radisch ; Schmitter, Die Zeit

So wurde dieses Jahrzehnt noch nicht beschrieben ... so gut, so neu und aufregend ... Die Hermeneutik des Alltags lässt vergangene Erfahrungen so fühlbar werden wie selten. Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung

Harald Jähner zeichnet eine Blaupause aus der Zwischenkriegszeit so erkenntnisreich, schlau und Wissensblitze schleudernd, dass ich ihm lesend gern gefolgt bin: ein Vergnügen von einem Buch! Denis Scheck

Harald Jähner schreibt hinreißend neu über die Weimarer Republik ... ein großartiges Buch. Ulrike Moser, Cicero

Ein fesselnd zu lesendes Panorama. Welt am Sonntag

Es gibt viele Bücher über die Weimarer Republik, viele sehr gute sogar, aber keines erklärt die Mechanismen, Entwicklungen, Phänomene und Strukturen so virtuos, tiefgreifend, allumfassend und spannend wie Höhenrausch. Art

Ein tolles Buch (...) fantastisch geschrieben. HR 2 Kultur

Ein grandioser Erzähler. Das Buch liest sich spannend wie ein guter Roman ... Harald Jähner ergründet, was die rasante Zeit mit den Menschen machte. Neue Zürcher Zeitung

Ein begnadeter Geschichten- und Geschichtserzähler ... kundig und souverän. Frankfurter Allgemeine Zeitung

Jähner erkundet Warenhäuser und Tanzpaläste, begleitet Frauen beim Kampf um Emanzipation und offenbart dabei die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, die in der Katastrophe endet. Erschreckend aktuell. Sachbuch-Bestenliste der Zeit, DLF und ZDF

Höchst lebendig ... griffig und schlüssig ... Ein gehaltvolles Lesebuch, das eine verstörende Epoche in ungewohntes Licht rückt. Deutschlandfunk "Andruck"

Harald Jähner hat es fasslich gemacht, das Gefühl in dieser Zeit, in diesem kurzen Leben zwischen den Kriegen. Deutschlandfunk Kultur

Ein glänzend geschriebenes Buch. Badische Zeitung

Harald Jähners Art, die Vergangenheit aufzuschließen, trifft bei vielen Menschen einen Nerv. Berliner Zeitung

Ein brillant geschriebenes Buch ... so sinnlich und plastisch. Markus Lanz

Lebensnah und tiefgründig erkundet Harald Jähner eine ganze Epoche: Näher an Zeitreisen kann man nicht kommen! Volker Wieprecht, RBB

Dieses temporeich geschriebene, exzellente Buch über ein weit zurückliegendes Kapitel deutscher Geschichte lässt einen nachdenklich auf unsere Gegenwart schauen. Knut Cordsen, BR24

Harald Jähner gelingt es bravourös, die Komplexität der Zeit in all ihren Widersprüchen und Diskontinuitäten zu fassen ... Ein großes Leseerlebnis. SRF

Ein begabter, ja ein begnadeter Erzähler. Deutschlandfunk

Besprechung vom 09.09.2022

So golden waren die Zwanziger nun auch nicht

Jahre der explosiven Unausgeglichenheit: Harald Jähner widmet der Zeit zwischen den Weltkriegen eine kundige und souverän erzählte Darstellung.

Den Titel eines Buches so kurz wie passend zu wählen ist eine eigene Kunst. Harald Jähner gelingt dies nach seinem Buch "Wolfszeit", das den Sachbuchpreis der Leipziger Buchmesse erhielt, nun abermals. "Höhenrausch" heißt seine Geschichte Weimars. Sie ist von viel Aufbruchstimmung und Euphorie geprägt, der aber häufig etwas Übersteigertes und Instabiles innewohnte. Ausgelassenheit und Energie des Höhenrausches drohten als Teil der Höhenkrankheit in Niedergeschlagenheit, Wahn und Bewusstlosigkeit umzuschlagen.

Die Analogie zwischen medizinischer und historischer Diagnostik ist aber nicht allzu sehr zu strapazieren. Es liegt Jähner fern, die Zwanzigerjahre als von vornherein verlorene Pathologiegeschichte zu erzählen. Ebenso wenig huldigt er blind dem damaligen Demokratieexperiment. Es gehört zu den Stärken des Buchs, Weimar nicht vorrangig anhand der Fluchtpunkte deutscher Diktatur- oder Demokratiegeschichte auszurichten, sondern vielmehr die Schwebezustände, Zwischenlagen und Widersprüche der Jahre zwischen 1918 und 1933 vor allem entlang der zeitgenössischen Wahrnehmung und Erfahrung zur Geltung zu bringen.

Die Perspektiven der früheren Akteure einzunehmen - ob der frohgemuten oder der geplagten - erfreut sich derzeit einiger Beliebtheit. An die Stelle großer Thesen und langer Linien treten notwendigerweise kurze Sichtweisen, wechselnde Stimmungslagen und subjektive Beobachtungen, die durch einen eher grob gezimmerten politik-, kultur- und gesellschaftsgeschichtlichen Rahmen einzufassen sind. In diese Art von Geschichtsschreibung fügt sich auch Jähners Werk ein. Sein gekonnt komponiertes, gut recherchiertes Weimar-Wimmelbuch funktioniert in seiner episodischen Erzählweise bestens. Zudem wird es durch eine Fotoauswahl, die ein gesondertes Lob verdient, exzellent illustriert. Am Ende aber fehlen neue analytische Ansatzpunkte und frische, zu produktivem Streit anregende Interpretationen.

Ein begnadeter Geschichten- und Geschichtserzähler ist Jähner aber, und es bereitet Vergnügen, sich mit ihm auf eine temporeiche Tour zu begeben. Zwischen Start und Ziel folgt er dabei grundsätzlich der Chronologie, die nur hin und wieder dezent durchbrochen wird. Szenerien aus Revolutions- und Nachkriegszeit machen den Anfang und stehen - wie das gesamte Buch - im Zeichen paradoxer und widerspruchsvoller Konstellationen, die vom Nebeneinander außergewöhnlicher Gewalt und normalen Alltagslebens handeln, von Hass und Hoffnungen, von Zerrissenheit und Einheitssehnsucht. Diese explosive Unausgeglichenheit steigerte sich noch in den Inflationsjahren. "Die Erfahrung vom schleichenden Tod des Geldes", schreibt Jähner, "veränderte die Menschen bis in die Nervenbahnen hinein." Sie litten unter dem "Gefühl einer komplexen Entwirklichung", das über die Jahre der krassen Geldentwertung hinaus anhalten sollte.

Selbst in den Jahren 1924 bis 1929, als es aufwärts ging, blieb diese kollektive Verunsicherung spürbar. Auch deshalb sei die umstandslose Rede von den Roaring Twenties oder Goldenen Zwanzigerjahren ein "Mythos", wie Jähner zu Recht betont. Gleichwohl lebt gerade auch sein Buch von diesem irritierenden Funkeln. Dieser Schein liegt wie feiner Goldstaub auf den meisten Kapiteln, die mindestens unterschwellig so etwas wie eine Weimar-Nostalgie bedienen: ein retrospektives Schwelgen in aufregenden, beschleunigten, so wendungs- wie risikoreichen Zeiten. Manchmal sorgt dies beim Autor für eine Begeisterung, die in sprachlichem Überschwang endet. Etwa, wenn er im an sich gelungenen Kapitel über den neuen Typus der Angestellten den Sekretärinnen an ihren Schreibmaschinen eine "Fingerfertigkeit" attestiert, "die der großer Pianisten ebenbürtig" gewesen sei.

Im Mittelpunkt des Buchs stehen Avantgarden und Veränderungen, das Neue: das Neue Bauen und Wohnen, die Neuen Frauen, die Neuen Menschen, die Neue Sachlichkeit. Dabei lässt Jähner regelmäßig Ambivalenzen hervortreten: So stellt er dem Bauhaus den Heimatschutzstil als eine weitere Form moderner Architektur gegenüber und zeigt, wie doch beide einem "antiornamentalem Geschmacksdiktat" folgten. Er würdigt nicht nur den Bubikopf als äußeres Signum der Geschlechteremanzipation, sondern erinnert auch an den "modernisierten Gretchentyp". Er führt in die Ballhäuser und Vergnügungspaläste einer neuen Unterhaltungskultur, die Shimmy, Charleston und Jazz zelebrierte, ohne dass er unerwähnt lässt, wie selbstverständlich auch Anhänger der neuen Musik von "Nigger-Songs" sprachen.

Sosehr Jähner von den Beobachtungen und zeitdiagnostischen Zeugnissen damaliger Künstler und Intellektueller profitiert, übt er an ihnen doch gerne Kritik. Sie urteilten ihm häufig zu überheblich, verächtlich und miesepetrig. Dem "Weltekel" und den "lustfeindlichen Exerzitien" eines George Grosz oder Otto Dix kann er wenig abgewinnen. Siegfried Kracauers Rede von den großen Tanzlokalen als "Pläsierkasernen" offenbart für Jähner nur die "mimosenhaften Reflexe einer pikierten linken Elite". Der "Weltbühne", dem führenden Blatt einer heimatlosen Linken, ist eines der schwächsten Kapitel gewidmet.

Jähners Werk blüht in den Kapiteln über Weimars vergleichsweise sorgenfreie Mitteljahre regelrecht auf. Die frühen Dreißigerjahre, die Zeit der Weltwirtschaftskrise und der Depression, verlieren diese Unbeschwertheit, und das färbt hier auch auf die Darstellung ab. Seinem Grundanliegen bleibt Jähner aber auch in diesen Abschnitten treu, wenn er Farbtupfer auf eine Geschichte setzt, die er nicht im eintönigen Grau belassen will. So erinnert er an wichtige literarische und musikalische Werke, an Werner Heisenbergs Physik-Nobelpreis 1932 und Max Schmelings Weltmeistertitel im Schwergewichtsboxen, aber auch an demokratische Kampfverbände neben jenen der radikalen Republikverächter, an die Einweihung der Autobahn zwischen Köln und Bonn sowie Vorzeichen einer Entspannung auf dem Arbeitsmarkt.

"Es gehört zur Groteske dieses unwürdigen Endes der Weimarer Republik", urteilt Jähner zutreffend, "dass es objektiv wieder aufwärtsging, als zu viele Menschen die Geduld mit ihr verloren." Er ist überzeugt davon, dass die Chance zur Fortexistenz oder Wiederbelebung der Republik bis zuletzt bestand. Das liest sich wie ein Appell, sich in Krisenzeiten weder Heilsversprechungen noch dem vermeintlichen Schicksal zu ergeben, sondern einen klaren Kopf zu behalten. ALEXANDER GALLUS

Harald Jähner: "Höhenrausch". Das kurze Leben zwischen den Kriegen.

Rowohlt Berlin Verlag, Berlin 2022. 560 S., Abb., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon porte-bonheur am 19.04.2024
Jähner erzählt uns die 1920er Jahre in einer großen und detailreichen Gesamtschau. Das ist nicht nur Geschichte sondern auch eine Mahnung!