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Internat

Roman | Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

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Buch (gebunden)
22,00 €inkl. Mwst.
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In Bildern von enormer Eindringlichkeit schildert Serhij Zhadan, wie sich die vertraute Umgebung in ein unheimliches Territorium verwandelt. Mindestens so eindrucksvoll ist seine Kunst, von trotzigen Menschen zu erzählen, die der Angst und Zerstörung ihre Selbstbehauptung und ihr Verantwortungsgefühl entgegensetzen. Seine Auseinandersetzung mit dem Krieg im Donbass im Osten der Ukraine findet mit seinem Roman Internat ihren vorläufigen Höhepunkt.

Ein junger Lehrer will seinen 13-jährigen Neffen aus dem Internat am anderen Ende der Stadt nach Hause holen. Die Schule, in der seine berufstätige Schwester ihren Sohn "geparkt" hat, ist unter Beschuss geraten und bietet keine Sicherheit mehr. Durch den Ort zu kommen, in dem das zivile Leben zusammengebrochen ist, dauert einen ganzen Tag.

Der Heimweg wird zur Prüfung. Die beiden geraten in die unmittelbare Nähe der Kampfhandlungen, ohne mehr sehen zu können als den milchigen Nebel, in dem gelbe Feuer blitzen. Maschinengewehre rattern, Minen explodieren, öfter als am Tag zuvor. Paramilitärische Trupps, herrenlose Hunde tauchen in den Trümmern auf, apathische Menschen stolpern orientierungslos durch eine apokalyptische urbane Landschaft.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
11. März 2018
Sprache
deutsch
Auflage
Nachdruck
Seitenanzahl
300
Autor/Autorin
Serhij Zhadan
Übersetzung
Juri Durkot, Sabine Stöhr
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
ukrainisch
Produktart
gebunden
Gewicht
397 g
Größe (L/B/H)
216/131/27 mm
ISBN
9783518428054

Portrait

Serhij Zhadan


Serhij Zhadan, 1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine geboren, studierte Germanistik, promovierte über den ukrainischen Futurismus und gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er debütierte als 17-Jähriger und publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke. Für

Die Erfindung des Jazz im Donbass

wurde er mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und mit dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet (zusammen mit Juri Durkot und Sabine Stöhr). Die BBC kürte das Werk zum »Buch des Jahrzehnts«. 2022 erhielt er den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. Zhadan lebt in Charkiw, Ukraine.

Juri Durkot, 1965 geboren, studierte Germanistik in Lemberg und Wien. Seit 2007 übersetzt er gemeinsam mit Sabine Stöhr das Romanwerk von Serhij Zhadan.


Sabine Stöhr, 1968 geboren, studierte Slawistik in Mainz und Simferopol. Seit 2004 übersetzt sie aus dem Ukrainischen, v.a. die Werke von Juri Andruchowytsch und, gemeinsam mit Juri Durkot, das Romanwerk von Serhij Zhadan. 2014 wurde sie mit dem Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung ausgezeichnet. Ebenfalls 2014 erhielt sie, gemeinsam mit Juri Durkot und dem Autor, den Brückepreis Berlin für

Die Erfindung des Jazz im Donbass

von Serhij Zhadan. 2018 wurde Sabine Stöhr und Juri Durkot der Preis der Leipziger Buchmesse verliehen für ihre Übersetzung des Romans

Internat

von Serhij Zhadan.


Pressestimmen

»Große Sprachkunst.« Susanne Mayer, DIE ZEIT

»Zhadans Sprachfuror und der pulsierende Rhythmus seiner Sätze peitschen einen regelrecht durch das Inferno.« Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung

» Internat ist ein kleines Meisterwerk, kongenial übersetzt von Juri Durkot und Sabine Stöhr ... Es ist mehr als ein Roman über einen fast vergessenen Krieg in Europa. Es geht auch um das universale Thema des Menschen, der seine Heimat verliert, weil er gehen muss, gehen will oder bleibt, aber sie nicht mehr als seine Heimat erkennen kann.« Dirk Kurbjuweit, DER SPIEGEL

»Doch das größte Lob gebührt natürlich dem Autor, Serhij Zhadan. ... Auch Internat legt Zeugnis ab von seiner herausragenden Fähigkeit, die Welt der Ostukraine mit bestechender Präzision zu schildern, ohne sie zu banalisieren, zu bagatellisieren.« Leander F. Badura, der Freitag

» Internat verbindet auf brillante Weise Kriegsreportage und politische Essayistik.« Felix Stephan, Süddeutsche Zeitung

»Auf diesen Roman haben wir Ukrainer gewartet.« Katja Petrowskaja, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Serhij Zhadan ... hat den bislang wohl wichtigsten Roman über den Krieg in seiner Heimat geschrieben, ohne Ideologie, ohne Vereinfachung und mit unvergesslichen Bildern.« Natascha Freundel, ndr.de

»Wer verstehen will, was in der Ostukraine geschehen ist, muss die Bücher von Serhij Zhadan lesen.« Kerstin Holm, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Ein visionärer, immer wieder unruhig hochflackernder Roman, der das Bewusstsein seines Helden auf filmische Weise vor Augen führt und hellwach ist. Er handelt von einer Gegenwart, die keineswegs fern und die Gegenwart Europas ist.« Helmut Böttiger, Börsenblatt

» Internat ist ein düsteres Buch und in den drastischsten Momenten kippt es ins Absurd-Komische. Lachen mag man über diese zornige Odyssee eines Lehrers zwischen den Fronten freilich nie: Gerade das Groteske, daran lässt dieser fulminante Text keinen Zweifel, ist der Realität abgetrotzt.« Joachim Leitner, Tiroler Tageszeitung

»Hoffnung hat auch Serhij Zhadan trotz alledem, wenn er auf sein schwieriges und zerrissenes Heimatland, die Ukraine, blickt. Mit seinem expressiven Winterroman Internat hat er dafür den überzeugenden literarischen Ausdruck gefunden.« Katrin Hillgruber, Deutschlandfunk

»Der glänzend ins Deutsche übertragene ... Roman entfaltet eine eigentümliche, hyperwache Stimmung.« Maike Albath, Deutschlandfunk Kultur

Besprechung vom 10.03.2018

Die bitteren Tränen der Männer

Wie höfliche Soldaten die Ostukraine in eine Hölle verwandelten: Serhij Zhadans Kriegsroman "Internat" ist eine hoffnungsvolle Klage.

Von Kerstin Holm

Mit seinem unerklärten Krieg in der Ostukraine hat der russische Präsident Wladimir Putin einen Grenzgraben in Europa aufgerissen, der das Schwinden seiner Einflusssphäre stoppen soll. Dadurch entstanden die von Russland militärlogistisch kontrollierten und alimentierten Volksrepubliken von Donezk und Lugansk, in denen jede Rechtsordnung zusammengebrochen ist, weshalb die wohlhabenderen Schichten aus ihnen geflohen sind, während die Zurückgebliebenen versuchen, auf unterster Zivilisationsstufe über die Runden zu kommen.

Anlass für den Krieg war der politische Westkurs der Ukraine, was sich außer in der politischen EU-Ausrichtung in der Durchsetzung des Ukrainischen als Staatssprache niederschlug, wogegen im traditionell russischsprachigen Ostteil des Landes viele rebellierten. Die Katastrophe, die mit der Okkupation über diese Regionen hereinbrach, hat am wahrhaftigsten Serhij Zhadan geschildert, der ostukrainische Lyriker und Prosaschriftsteller, der Ukrainisch schreibt, für die demokratische Maidan-Revolution kämpfte, aber immer auch das Gespräch mit Parteigängern der "Volksrepubliken" suchte und als Literat sogar ihre Perspektive einnehmen konnte. Zhadans neuer Roman mit dem Titel "Internat", den Juri Durkot und Sabine Stöhr vorzüglich übersetzt haben, schildert die Verwandlung einer ostukrainischen Stadt, in der man aufgrund der geschilderten Truppenbewegungen Lugansk zu erkennen meint, zum Kriegsgebiet. In dieser Gegend wurde der Autor geboren. Sein Held, ein Ukrainischlehrer, erlebt, wie der urbane Organismus unter Trümmern begraben und sein Unterrichtsfach überflüssig wird.

Das Buch ist ein monumentaler, dabei ganz unsentimentaler Klagegesang auf die Opfer des Konflikts, von denen viele anfangs mit den Invasoren sympathisiert haben dürften. Der Lehrer gehört zum ukrainisch patriotischen Bevölkerungsteil, der keine Möglichkeit hat zu fliehen. Der sensible Mann lebt mit seiner berufstätigen Schwester, nachdem beider Beziehungen zerbrochen sind, beim alten Vater. Er ignoriert die täglichen Schreckensnachrichten. Deswegen ist es, als er sich entschließt, den im Internat am anderen Ende der Stadt "geparkten" Sohn der Schwester dort herauszuholen, fast zu spät. Die ukrainische Armee, für deren Verwundete noch vor einer Woche in der Schule ein Lazarett eingerichtet wurde, ist abgezogen, und die Besatzer, die bei Zhadan nur die "Neuen" heißen, übernehmen die Schaltstellen. Zum Beispiel den Bahnhof, von dem keine Züge mehr fahren, wo sich aber Frauen mit Kindern und mehr oder weniger spärlicher Habe drängen und irgendwohin wollen. Mit einem Schlepper, der einige von ihnen an der Feuerlinie vorbeiführt, gelangt der Lehrer nach einer Odyssee durch die schrecklich entstellte Stadt zum halbzerstörten Schulwohnheim und findet seinen vernachlässigten und daher umso rebellischeren Neffen.

In finster majestätischen Bildern beschwört Zhadan eine apokalyptische Winterlandschaft, weiße Nebel und schwarzer Qualm verlaufen ineinander wie in einem abstrakt expressionistischen Gemälde. Flüchtlingstrecks irren durch die von brennenden Wohnhäusern erleuchtete Nacht. Panische Frauen fahnden nach einem Dieb und fallen über den Helden her. Auf den von Granaten zerklüfteten Straßen liegen verendete Tiere, doch aus Angst vor Beschuss - der von der russischen wie von der ukrainischen Seite kommt - bewegen sich die verbliebenen Taxifahrer nur mit Vollgas. Die neuen Herren sind die russischen Freischärler und ihre örtlichen Kampfgenossen. Rückblenden vergegenwärtigen, wie die Invasoren, als sie vor Monaten frisch eingetroffen waren, sich - wie jene höflichen Leute in Grün, die die Krim besetzten - betont höflich und zuvorkommend gegenüber der lokalen Bevölkerung verhielten. Verroht und überfordert wittern die Bewaffneten jetzt in Zivilisten wie dem Lehrer vor allem mögliche Verräter und werden für sie lebensgefährlich.

In knappen, prägnanten Strichen skizziert der Roman aber auch das der Verrohung entgegentretende Verantwortungsgefühl gar nicht so weniger Einzelner. In einem Schutzkeller nimmt sich eine Frau spontan eines alten Mannes an, der nicht mehr weiter kann. Die Internatsdirektorin harrt praktisch allein bei ihren Schützlingen aus und tritt mit bloßen Händen Bewaffneten entgegen, die die ukrainische Fahne vom Gebäude herunterreißen wollen. Und der schüchterne Lehrer mausert sich zum starken Beschützer. Er führt die vom Schlepper verlassenen Frauen weiter, bringt das Militärkommando dazu, Flüchtlinge zu verpflegen, und versucht tapfer, bei einem Verwundetentransport fehlende Krankenpfleger zu ersetzen.

Zhadan schreibt ein subtiles Drama der Sprache. Die Invasoren sprechen Russisch, aber mit einem fremden Akzent, der bald kaukasisch, bald irgendwie künstlich, bald einfach nur offiziös klingt. Der offenbar prorussische Sportlehrer des Internats, der von seiner Kindheit unter der Sowjetmacht schwärmt, macht ihn sich zu eigen. Ukrainischunterricht war bisher für aufstiegswillige Schüler wichtig, weil man in Kiew die Staatssprache beherrschen muss. Unter den Besatzern wird es zu einer toten Sprache, einer Art Latein, wie sich ein russischer Kriegsreporter ausdrückt. Dabei kämpft die lokale Bevölkerung auf beiden Seiten. Ein früherer schlechter Ukrainischschüler, der sich den Besatzern angeschlossen hat, schützt den Lehrer vor seinen neuen Kameraden. Ein alter Soldat, der die regionale ukrainisch-russische Mischsprache Surschyk spricht, dient bei der erschöpften ukrainischen Armee, die von weinenden Frauen versorgt wird.

Dennoch endet das Buch, das seine Figuren in drei Tagen durch die an ihrem Wohnort ausgebrochene Hölle wandern lässt, beinahe optimistisch. Denn auch der halbwüchsige Neffe, der sich im Internat einschließt, Mädchen erschrickt und auf Erwachsene gereizt reagiert, wird angesichts der Katastrophe auf einen Schlag erwachsen. Die neu erwachten Qualitäten seines Onkels, Verantwortungsbewusstsein und Mut geben dem Problemjungen, was er nie hatte: ein männliches Vorbild. Gegenüber einem russischen Militär, der beide aushorchen will, erfindet er einen Vater, der beim Panzergefecht umkam. Der Internatsdirektorin schickt er eine SMS, sie solle sich keine Sorgen machen. Und er übernimmt die stille Verachtung des armen Lehrers für die gut verpflegten Okkupanten mit ihren Kalaschnikows, die, wie er weiß, wegfahren werden - vielleicht nach Syrien? - und sich, auch wenn sie sich manchmal anbiedern, für die Leute, die hier leben, überhaupt nicht interessieren.

Serhij Zhadan: "Internat". Roman.

Aus dem Ukrainischen von Juri Durkot und Sabine Stöhr. Suhrkamp Verlag, Berlin 2018. 300 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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