Daniel Böckings Buch Lass mal reden wird als Einladung zu einer offenen Auseinandersetzung mit Religion und Glaube beworben. Doch anstatt eines ausgewogenen Dialogs über den Platz von Religion in unserer heutigen Gesellschaft, erwartet die LeserInnen ein einseitiger Überzeugungsversuch, der eher einem Bekehrungsaufruf nahekommt, als dass es wie ein ehrliches Gesprächsangebot wirkt.
Das Buch präsentiert eine stark subjektive Sichtweise auf Religion, die kaum Raum für kritische Reflexionen oder alternative Perspektiven lässt. Statt eines Dialogs zwischen Glaubenden, ZweiflerInnen und Nicht-Glaubenden scheint Böcking sein Buch als Plattform nutzen zu wollen, um seine Leserschaft vom richtigen Weg zu überzeugen. Kritische Fragen oder differenzierte Auseinandersetzungen mit komplexen Themen aus Religion und Gesellschaft bleiben leider weitgehend aus. Für Leser*innen, die sich einen ehrlichen, reflektierten und differenzierten Austausch wünschen, wird dieses Buch eine Enttäuschung sein.
Besonders problematisch finde ich die Art und Weise, wie Böcking an einigen Stellen Framing nutzt, um bestimmte Aussagen in ein positives Licht zu rücken, die bei genauerer Betrachtung als grenzwertig oder sogar manipulativ erscheinen. Kritische Fragen oder potenziell kontroverse Aspekte des Glaubens werden so verpackt, dass sie harmlos wirken oder schon im Ansatz nicht ernsthaft diskutiert, beziehungsweise reflektiert eingeordnet werden. Dieser Ansatz hinterlässt nicht nur an einigen Stellen beim Lesen ein unangenehmes Gefühl, sondern leider auch den Eindruck, dass es Böcking weniger um Aufklärung als vielmehr um eine rhetorisch geschickte Missionierung geht.
Der Schreibstil des Buches trägt zusätzlich dazu bei, dass die Lektüre - zumindest für mich - anstrengend war. Einige Themen sind für meinen Geschmack arg in die Länge gezogen, ohne dabei neue Erkenntnisse oder Impulse zu liefern.
Lass mal reden ist schlussendlich keine offene Einladung zum Dialog über Religion, wie es der Titel verspricht, sondern vielmehr ein einseitiger Versuch, LeserInnen einer bestimmten religiösen Sichtweise näher zu bringen. Der Mangel an ausgewogener Reflexion, der Einsatz von Framing-Techniken und der langatmige Stil machten das Buch für mich zu einer enttäuschenden Lektüre.
Wer nach einem ehrlichen und multi-perspektivischen Austausch über Glaubensfragen sowie einer anregenden und inspirierenden Reflexion über Glauben und Religion generell sucht, wird hier eher nicht fündig.