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Marseille.73

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Pogromstimmung an der Côte d'Azur: Als im Bus ein geistig verwirrter Algerier dem Fahrer die Kehle durchschneidet, rufen Scharfmacher zur Vergeltung auf. Prompt wird ein Jugendlicher auf offener Straße regelrecht hingerichtet. Die Mordermittlung verläuft schlampig, bis Commissaire Daquin sich einmischt.
Bisher hat sich Commissaire Daquin, Neuzugang aus Paris, bei der Marseiller Kripo wenig Freunde gemacht - zu intellektuell, zu unbestechlich, zu fremd.
Aktuell überwachen er und sein Team rechtsextreme Splittergruppen, die im Verdacht stehen, an der Côte d'Azur paramilitärische Trainingslager zu unterhalten. In die Untersuchung zum Mord an einem algerischen Jugendlichen geraten sie eher zufällig. Kein Zufall ist hingegen die Schlampigkeit, mit der die zuständigen Kollegen ihre Ermittlung betreiben. Unter Überschreitung seiner Befugnisse und ohne Rücksicht auf Verluste verfolgt Daquin die von ihnen ignorierten Fährten - und trifft mitten in ein Wespennest. Denn die verschiedenen Dienste der Marseiller Polizei sind nicht nur Meister der Mauschelei, sie führen auch einen gnadenlosen Krieg gegeneinander.

Mit "Marseille. 73" setzt Dominique Manotti ihre Erkundung der Dunkelzonen in der jüngeren französischen Geschichte fort. Auch bei ihrem neusten Werk stützt sich die Historikerin auf präzise recherchierte Fakten: 1973 erlebte Frankreich eine rassistische Mordserie, der binnen sechs Monaten etwa fünfzig Araber, insbesondere Algerier, zum Opfer fielen. Zwanzig davon allein in Marseille, Epizentrum des rassistischen Terrorismus. Bewährt kantig-elegant und mit politischem Furor seziert Manotti eine komplexe Gemengelage und transformiert Realität in einen literarischen Film noir.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
02. November 2020
Sprache
deutsch
Auflage
Erstauflage
Seitenanzahl
380
Reihe
Commissaire Daquin, 5
Autor/Autorin
Dominique Manotti
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Produktart
gebunden
Gewicht
422 g
Größe (L/B/H)
39/123/184 mm
Sonstiges
Mit Lesebändchen
ISBN
9783867542470

Portrait

Dominique Manotti

Dominique Manotti ist Historikerin mit Schwerpunkt Wirtschafts­geschichte der Neuzeit. Die emeritierte Dozentin war viele Jahre als Gewerkschafterin in der CFDT aktiv und leitete ihre Pariser Sektion. Frustriert von der politischen Perspektivlosigkeit der Mitterrand-Ära begann sie mit fünfzig, Noir-Romane zu schreiben. Inspiriert durch jahrelanges Engagement in sozialen Kämpfen, durch politische Leidenschaft und präzise Kenntnis der Wirtschaftsgeschichte fand Manotti unmittelbar zu ihrem eigenen auf­fälligen Stil: scharf recherchierte Fakten, schlaglicht­artig verknappt, erzählt mit der coolen Eleganz des Noir. Sie erhielt zahlreiche Litera­turpreise (u.a. den Duncan Lawrie International Dagger, den Deutschen Krimipreis, den Prix Mystère de la ­Critique, die Trophée 813 und den Grand Prix du Roman Noir) und lebt

in Paris.

Pressestimmen

Besprechung vom 04.01.2021

Rassistische Hetze
Dominique Manotti rekapituliert ein explosives Jahr

Historische Politthriller haben Vorzüge, mit denen handelsübliche Detektivgeschichten nicht aufwarten können. Indem sie Wirklichkeit und Erfundenes miteinander verweben, erzeugen sie eine Textur, die, frei nach Aristoteles, das Besondere darstellt und das Allgemeine schildert. Der amerikanische Autor Ryan Gattis bezeichnet ein solches Erzählverfahren als "sourced fiction", auf Quellen basierende Fiktion. Auch Dominique Manotti, die 1942 in Paris geboren wurde und im Alter von fünfzig Jahren ihren erste Krimi schrieb, hängt in ihrem neuen Roman "Marseille.73" erdichtete Ereignisse an ein Gerüst aus geschichtlichen Fakten.

Wenn sie etwa mit Hilfe eines zitierten Zeitungsberichts darlegt, wie der Algerier Salah Bougrine einem Busfahrer der titelgebenden Hafenstadt im August 1973 die Kehle durchschneidet, muss sie dieses Verbrechen auf anschlussfähige Weise mit dem Plot verzahnen - zumal es im Süden des Landes danach zu einer Welle rassistischer Hetze kam. Kein Wunder, denn der Krieg zwischen Frankreich und Algerien endete zwar 1962, aber die Traumata des Konflikts waren auch zehn Jahre später noch nicht verarbeitet.

Der eigentliche Fall des Buchs ist der Mord an einem Algerier namens Malek, wobei das korrupte Justizsystem sich bestenfalls halbherzig dafür interessiert. Nur der aus Paris stammende Commissaire Daquin und seine Kollegen Grimbert und Delmas widmen sich der Sache mit dem nötigen Eifer. Ihre Recherchen sind gründlich, aber bei weitem nicht so gewissenhaft wie die der Autorin. In der Nachbemerkung heißt es, die Krise vom Sommer und Herbst 1973 habe in der "algerischen Bevölkerung von Marseille circa 15 Tote gefordert, rund 50 in ganz Frankreich". Der Stoff ist explosiv, wobei Manotti seine vielen Facetten in einem lakonischen, zuweilen geradezu telegrammartigen Stil aneinanderreiht. Damit wären wir bei einem Aspekt, der etlichen historischen Politthrillern ästhetisch den Garaus macht: Sie geraten zur Materialschlacht, weil zu viele Informationen aufeinander bezogen und gegeneinander abgewogen werden wollen.

Vom daraus resultierenden didaktischen Sound bleibt auch "Marseille.73" nicht verschont: "Dann, 1969, ist de Gaulle weg, und jetzt wissen alle, dass an der Regierung in Paris Politiker beteiligt sind, die mit Französisch-Algerien und der OAS sympathisieren. Daraufhin leben in Marseille die Spannungen zwischen den korsischen Altmeistern und den Pied-Noir-Herausforderern, die ihre Stunde für gekommen halten, auf allen Ebenen des Polizeiapparats wieder auf."

Die dokumentarische, von Abkürzungen und behördlichen Formalitäten gespickte Diktion könnte unkundige Leser an Belastungsgrenzen führen. Allerdings tragen ein Glossar und Erläuterungen zur Struktur der Polizei zum Verständnis bei. Dabei hätte dem Roman vor allem eine gröbere Schraffur gutgetan - weniger historische Einzelheiten, mehr Imagination. Der Teufel steckt nicht immer im Detail.

KAI SPANKE

Dominique Manotti:

"Marseille.73".

Aus dem Französischen von Iris Konopik.

Ariadne im Argument Verlag, Hamburg 2020.

400 S., geb., 23,- [Euro].

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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LovelyBooks-BewertungVon walli007 am 14.04.2021
Anfang der 1970er wird in Marseille ein Busfahrer von einem Einwanderer umgebracht. Und in der Stadt, in der nach der Unabhängigkeit Algeriens viele Übersiedler leben, führt dies zu rassistisch motivierten Angriffen. Doch auch in den Polizeieinheiten, die Sachverhalte eigentlich aufklären sollen, gibt es rassistische Resentments. Commissaire Daquin, der neu in der Einheit eingesetzt ist, nimmt die Aufgabe jedoch in die Hand. Dabei muss er ausgesprochen vorsichtig vorgehen, damit er niemanden vor den Kopf stößt und doch die Wahrheit herausfindet. Unter seinen Kollegen hat er einige wenige Verbündete. Die öffentliche Meinung wird allerdings von Vorurteilen bestimmt.Dieser Band schließt an den Roman "Schwarzes Gold" an, Verständnisschwierigkeiten gibt es nicht. Commissaire Daquin wirkt wie ein Einzelkämpfer, der sich doch auf einige Leute verlassen kann. Nach der Unabhängigkeit Algeriens sind viele auch Nordafrikaner nach Frankreich eingewandert und etliche von ihnen sind an die selben Orte gezogen. Treten sie in größeren Gruppen auf, können sie möglicherweise wie eine Bedrohung wirken. So sieht es zumindest ein Teil der Bevölkerung, welcher dann mit Parolen um sich wirft, die auch heute wohlbekannt sind. Dass auch einige Polizisten, diese eigenartige Meinung vertreten, ist für Daquin ein schlechtes Zeichen und auch kaum zu ertragen.Als Crime Noir wird dieser Kriminalroman beschrieben und er verbreitet tatsächlich eine düstere Stimmung, die wahrscheinlich nicht weit von der Wahrheit entfernt ist. Doch ist die Art der Beschreibung der Ereignisse etwas sehr trocken und teilweise berichtartig geraten. Dadurch vermisst man teilweise die Spannung, auch wenn der Roman inhaltlich und geschichtlich sehr interessant ist. Sehr gelungen erscheint die Beschreibung von Commissaire Daquins Hartnäckigkeit den Fall ordentlich zu bearbeiten und auch auf welche Widerstände er dabei trifft. Auch seine Pfiffigkeit und unkonventionelle Denkweise, die ihn im Fall voranführen, machen ihn zu einem sympathischen Ermittler.3,5 Sterne
LovelyBooks-BewertungVon Buecherschmaus am 28.01.2021
Die 1942 geborene Dominique Manotti ist die Grand Dame des Politthrillers. Die gelernte Historikerin veröffentlichte erst in relativ reifem Alter ihren ersten Kriminalroman. 1995 erschien Sombre Sentier (dt. Hartes Pflaster, 2004 bei Assoziation A). Seit 2010 veröffentlicht der traditionell linke Argument Verlag in seiner feministischen Krimireihe Ariadne alle ihre "Romans policiers". In diesem engagierten Verlag hat die engagierte Autorin Dominique Manotti ein passendes Zuhause gefunden, zuletzt mit Marseille73.Neben ihren "freien" Romanen begleiten zwei Protagonisten und zwei Serien die Autorin schon seit den Anfangstagen. Da ist einmal die wegen ihrer algerischen Abstammung und ihrem weiblichen Geschlecht vielfach im Polizeiapparat diskriminierte Ermittlerin Noria Ghozali, die im letzten Buch Manottis (Kesseltreiben) an den Machenschaften der Global Player scheiterte. Und da ist Theo Daquin, bisexueller Kommissar aus Paris, dem die Autorin seit ihrem Debüt drei Bücher widmete (u.a. Abpfiff). Beide ermitteln in Marseille.Bereits 2015 kehrte Dominique Manotti mit einem Buch zu Theo Daquin zurück, und zwar zu dessen Anfangszeiten als junger, aus der Metropole an die Mittelmeerküste versetzter Ermittler. Als eine Art Prequel zu ihren anderen Daquin-Romanen und als direkter zeitlicher Vorgänger von Marseille73 musste sich der junge Kommissar nicht nur in die dortigen Seilschaften, sondern auch in die undurchsichtige Welt des Erdölhandels hineinbegeben. Wie Marseille73 ließ Dominique Manotti auch Schwarzes Gold im Jahr 1973 spielen. Eine gesellschaftlich unruhige Zeit, aber auch eine Zeit der Freizügigkeit, der Daquin gerne frönt.Für Frankreich, besonders für den Süden und eben Marseille, war das Jahr 1973 ein schwieriges Jahr. Zwar war der Algerienkrieg bereits seit mehr als zehn Jahren beendet, seine Folgen und Nachwehen aber noch deutlich spürbar. Nach der Unabhängigkeit siedelten ca. 1,4 Millionen "Pieds-noirs", also Algerienfranzosen, ins Mutterland zurück. Sie waren dort fast genauso wenig willkommen wie die Harkis, Angehörige der algerischen Hilfstruppen der Franzosen, die vor den Verfolgungen im Heimatland nach Frankreich flohen. Hinzu kamen über die Jahre noch Legionen an Arbeitswilligen, die wegen der wirtschaftlichen Krise in Algerien an der Nordküste des Mittelmeers ihr Auskommen suchten. Billige Arbeitskräfte, die in Frankreich gerne genutzt wurden, ohne ihnen irgendeinen gesicherten Status anzubieten.Die französische Bevölkerung reagierte, wie alteingesessene Bevölkerungen in solchen Situationen gern reagieren, mit Misstrauen, offener Ablehnung und Hass. Eine Fremdenfeindlichkeit, die aufgrund mangelnder Aufarbeitung zu vielen der aktuellen Probleme mit Migration in Frankreich führen musste. Besonders unübersichtlich wurde die ganze Sache durch diverse Interessensgruppen, wie die OAS (eine französische Untergrundbewegung während der Endphase des Algerienkriegs), der UFRA (einem rechtsextremistischen Verband von Algerienheimkehrern), unterschiedlichen Gewerkschaftsgruppen etc., die alle nicht vor Machtdemonstrationen und Gewalt zurückschreckten, um ihre Interessen zu verteidigen.Funke in diesem Pulverfass ist dann der brutale Mord an einem französischen Busfahrer am 26. August 1973. Der psychisch kranke Algerier Salah Bougrine schneidet diesem während einer Fahrt die Kehle durch und verletzt vier Fahrgäste durch Messerstiche. In der Folge dieser Tat kommt es zu fremdenfeindlichen Unruhen, rassistischer Hetze, zu Übergriffen und zu ca. 15 Morden an Algeriern allein in Marseille.Dieses Faktengerüst verwendet Dominique Manotti in Marseille73 und platziert die Handlung zwischen den 15. August und den 8. Oktober 1973. Daquin und sein Team, Grimbert und Delmas, haben vor der Eskalation bereits Ermittlungen im Umkreis der UFRA geführt. Deshalb horchen sie auf, als am 28. August ein 16jähriger Algerier auf offener Straße erschossen wird. Eigentlich ist dafür die Police Urbaine zuständig ist. "Eine Abrechnung im Milieu" wird gemutmaßt und schnell zu den Akten gelegt, wie eine ganze Reihe von "Unfällen" unter maghrebinischen Zuwanderern in den letzten Tagen. Der Brigade criminelle um Daquin fällt auf, wie nachlässig und stümperhaft die Kollegen ermitteln. Oder wird hier etwas bewusst unter den Teppich gekehrt?Verschleppte Untersuchungen, Verharmlosungen, fremdenfeindliche Seilschaften - auch wenn die Ereignisse im Jahr 1973 angesiedelt sind, kommt so manches sehr aktuell daher.Daquin und seine Kollegen arbeiten gegen alteingesessene Strukturen, gegen Rivalitäten im Évêché, der Polizeizentrale, gegen Ränke, Korruption und Machtspiele. Dabei sieht der Behörden- und Polizeiapparat genauso wenig gut aus wie die das Geschehen begleitenden Medien.Dominique Manotti schreibt auch Marseille73 in dem ihr typischen dokumentarischen, schnörkellosen Stil. Der ist in der Sache und in der Verfolgung der Ermittlungen so detailreich wie sprachlich knapp. Sie hat genauestens recherchiert und breitet das Geschehen fast journalistisch aus. Dankenswerterweise fügt der Verlag noch ein Glossar mit Erklärungen zu Abkürzungen und historischen Personen und Organisationen bei. Bei Privatem und dem Innenleben ihrer Protagonisten ist die Autorin so sparsam wie in ihren Dialogen.Dominique Manotti ist eine engagierte, eine politische Autorin. Und ihre Polizeiromane mit das Beste, was das Genre Kriminalromane derzeit zu bieten hat.