Was hast du mir mit deinem Roman "Neujahr" nur angetan, Juli Zeh? Er hat mich um meinen Schlaf gebracht, weil mich diese "schreckliche" Geschichte so mitgenommen hat, sie in mir noch richtig nachhalte. Ein brutales, grausames aber grandioses Buch. (@btb_verlag )¿ Lanzarote am Neujahrsmorgen: Henning sitzt auf dem Fahrrad und will den Steilaufstieg nach Femés bezwingen. Seine Ausrüstung ist miserabel, das Rad zu schwer, Proviant nicht vorhanden. Während er gegen Wind und Steigung kämpft, lässt er seine Lebenssituation Revue passieren. Eigentlich ist alles in bester Ordnung. Er hat zwei gesunde Kinder und einen passablen Job. Mit seiner Frau praktiziert er ein modernes, aufgeklärtes Familienmodell, bei dem sie sich in gleichem Maße um die Familie kümmern. Aber Henning geht es schlecht. Er lebt in einem Zustand permanenter Überforderung. Seit Geburt seiner Tochter leidet er unter Angstzuständen und Panikattacken.Als Henning schließlich völlig erschöpft den Pass erreicht, trifft ihn die Erkenntnis wie ein Schlag. Er war als Kind schon einmal hier in Femés. Damals hatte sich etwas Schreckliches zugetragen - etwas so Schreckliches, dass er es bis heute verdrängt hat, weggesperrt irgendwo in den Tiefen seines Wesens. Jetzt aber stürzen die Erinnerungen auf ihn ein und er begreift: Was seinerzeit geschah, verfolgt ihn bis heute.¿ Was man zu lesen bekommt, war für mich kaum auszuhalten. So heftig fand ich es. In mir machte sich richtig Unruhe breit, fühlte mich als Teil der Geschichte. Nach zwei Dritteln legte ich den Roman vor dem Schlafengehen zur Seite, konnte aber nicht einschlafen, weil er mich so sehr beschäftigte, träumte später aber davon. Sicherheitshalber las ich den Rest direkt am Morgen danach weiter, um zum Abend etwas Zeit zum "Verdauen" zu haben. Wie eingangs geschrieben. Heftig, aber großartig von A bis Z. Oder sagen wir, Y: Denn die letzten knapp 10 Seiten hätte es eigentlich nicht gebraucht, da ein offenes Ende noch viel besser zur Geschichte gepasst hätte.