Liza Marklunds erfolgreiche Annika Bengtzon-Reihe habe ich sehr gerne gelesen, aber alles, was danach kam, konnte mich nicht mehr überzeugen. So ist es nicht verwunderlich, dass ich den Polarkreis mit einer gewissen Skepsis in die Hand genommen habe. Die Zweifel lösten sich glücklicherweise bereits nach den ersten Seiten in Luft auf, denn mit diesem Kriminalroman, Teil 1 einer Trilogie, hat die schwedische Autorin einmal mehr einen Treffer gelandet.
1979, Stenträsk, eine Kleinstadt im Norden Schwedens. Fünf Teenager - Carina, Susanne, Birgitta, Agneta und Sofia gründen einen Buchclub, den Polarkreis und treffen sich erst wöchentlich, später einmal pro Monat, um sich über ihre jeweilige Lektüre mehr oder weniger intensiv auszutauschen. Ihre Zukunft scheint vorgezeichnet. Die einen geben sich mit den Aussichten auf das, was sie in ihrem Heimatort erwarten wird, zufrieden, die anderen wollen die Provinz hinter sich lassen, wollen hinaus in die Welt.
2019, Stenträsk, eine Kleinstadt im Norden Schwedens. Bei Reparaturarbeiten an einem Brückenpfeiler wird ein mumifizierter Leichnam gefunden. Der Kopf fehlt zwar, aber zweifellos handelt es sich um die vor 40 Jahren spurlos verschwundene Sofia Hellsten. Was ist damals geschehen? Und wer könnte einen Grund gehabt haben, Sofia zu töten? Diese Frage stellt sich nicht nur Wiking, mittlerweile Polizeichef in Stenträsk und ehemals Schwarm (fast) aller Teenager, sondern auch die vier ehemaligen Mitglieder des Buchclubs, die den Fund von Sofias Leiche zum Anlass für ein Treffen in ihrer alten Heimat nehmen.
Marklund springt zwischen Vergangenheit und Gegenwart hin und her, dröselt in kleinen Schritten das Beziehungsgeflecht zwischen den Mädchen auf und nähert sich so allmählich der besonderen Dynamik an, die innerhalb der Gruppe herrscht. Recht schnell wird klar, dass der äußere Schein trügt und unter der harmonischen Schicht bei genauerem Hinsehen jede Menge Neid und Verachtung in der Gruppe zu finden sind.
Die Einbettung individueller Schicksale und Lebensumstände in einen Kosmos, in dem jeder jeden kennt, sorgfältig aufgebaute Profile der Hauptfiguren, Umgebungsbeschreibungen, die mit der Gefühlswelt der Teenager korrelieren, das ist es, was diesen gelungenen Kriminalroman auszeichnet. Auch wenn der Mittelteil die eine oder andere Länge hat, jedes Detail ist wichtig, sollte beachtet werden und führt schließlich zu der schockierende Auflösung des Mordfalls. Ein gelungener Krimi, der es zweifelsfrei mit den früheren Werken der Autorin aufnehmen kann.
Band 2 Das kalte Moor erscheint 02/2026, Band 3 Der Sturmberg 03/2027. Ich bin schon sehr gespannt darauf, wer in diesen beiden Fortsetzungen welche Leichen im Keller vergraben hat.