Mit "Pink Elephant" erzählt Luca Kieser die Geschichte eines Jugendlichen, der während der Fußball-WM 2006 in Deutschland zwischen Freundschaft, Zugehörigkeit und den unsichtbaren Grenzen der Gesellschaft seinen Platz sucht. Der 1992 in Tübingen geborene Autor lebt in Wien und wurde bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Wortmeldungen Förderpreis. Sein Debütroman" Weil da war etwas im Wasser" erhielt große Aufmerksamkeit und war für den Deutschen Buchpreis nominiert. In diesem - seinem zweiten Roman - greift Kieser wieder gesellschaftlich relevante Themen auf und kombiniert sie mit einer eindringlichen Erzählweise.
Worum gehts genau?
Vincent ist 14 Jahre alt, wächst behütet in einem Einfamilienhaus auf und wird eines Tages von einer Gruppe Jugendlicher zusammengeschlagen. Statt sich zurückzuziehen, schließt er sich ihnen an und nennt sie bald Brüder. Er raucht Shisha, verbringt die Tage auf der Straße und kehrt abends doch ins sichere Elternhaus zurück. Die Jugendlichen um ihn herum kämpfen jedoch mit einer Realität, die Vincent zunächst fremd bleibt. Als einer von ihnen ins Koma fällt, wird Vincent klar, dass er ein Spiel spielte, während die anderen ums Überleben rangen. Der Roman zeigt die Herausforderungen von Freundschaft, Identität und Rassismus in einer von Gegensätzen geprägten Welt.
Meine Meinung
Der Klappentext von "Pink Elephant" hat mich sofort angesprochen, und als ich es dann als Rezensionsexemplar entdeckt habe, konnte ich nicht widerstehen. Der Einstieg in den Roman fiel mir leicht, da die Kapitellängen angenehm und der Schreibstil sehr zugänglich sind. Luca Kieser versteht es, mit einer klaren, aber intensiven Sprache zu schreiben, die Leser:innen sofort in die Geschichte hineinzieht.
Inhaltlich wirkt die Geschichte glaubwürdig, und die Figuren sind realistisch und vielschichtig dargestellt. Vincent und seine Freunde sind so geschrieben, dass man ihre Lebensrealität nachvollziehen kann, auch wenn man selbst vielleicht eine ganz andere Perspektive hat. Besonders beeindruckend fand ich, wie sensibel der Autor Themen wie Rassismus und Zugehörigkeit behandelt. Es sind nicht die großen, dramatischen Momente, sondern die scheinbar alltäglichen Szenen etwa beim Ladendetektiv oder in der Schule , die das Thema greifbar machen - Stichwort Alltagsrassismus.
Das Buch greift außerdem Themen wie Jugend, Pubertät, sexuelle Identität, Schuld und Freundschaft auf. Besonders gut gefallen hat mir das Nachwort des Autors, in dem er seine eigene Perspektive sichtbar macht. Gerade bei einem Thema wie Rassismus ist es wichtig, die eigene Position zu reflektieren, und Kieser zeigt sich hier sehr sensibilisiert und reflektiert.
Trotz der vielen positiven Aspekte hatte ich jedoch auch Schwierigkeiten. Die verschiedenen Zeitebenen, zwischen denen der Roman wechselt, waren für mich verwirrend. Hier hätten Zwischenüberschriften mit Datumsangaben geholfen, um die Orientierung zu erleichtern. Auch hatte ich zu Beginn etwas Mühe, die Charaktere auseinanderzuhalten, was meinen Lesefluss beeinträchtigte.
Die Idee mit den Songtexten, die im Buch immer wieder eingebaut werden, fand ich nett, aber für mich persönlich hat sie nicht funktioniert. Ich kannte kaum einen der erwähnten Songs, sodass mir die Anspielungen nichts sagten und mich eher aus der Geschichte herausrissen. Insgesamt hat mich der Roman nicht völlig gefesselt. Obwohl die Themen interessant und gut aufbereitet sind, fehlte mir der Sog, der mich dazu bringt, ein Buch nicht mehr aus der Hand legen zu wollen.
Fazit
"Pink Elephant" ist ohne Frage ein gut geschriebenes Buch mit wichtigen Themen, das Leser:innen zum Nachdenken anregt. Es überzeugt durch eine realistische Darstellung der Charaktere und eine reflektierte Autor:innenperspektive, hat jedoch Schwächen in der Struktur und im Spannungsaufbau. Trotz dieser Kritikpunkte werde ich wahrscheinlich wieder zu einem Buch von Luca Kieser greifen, da seine Erzählweise Potenzial zeigt. 3,5 von 5 Sternen.