Mit dem "Erbe der sieben Familien" führt Matteo Strukul sein Epochen-Panorama der Renaissance fort, wobei er in meinen Augen hier den schon grandiosen ersten Teil noch einmal übertrifft. Das mag allerdings auch am noch faszinierenderen (wenn auch kürzeren) Handlungszeitraum liegen - und ganz sicher an dem Umstand, dass ich kurz zuvor die Serie "Borgia" gesehen hatte, und mir sehr viele der Charaktere bekannt waren ... für genaue bildliche Vorstellungen der Personen war damit gesorgt.Während im ersten Band die Vertreter der italienischen Fürstenfamilien sich den Status der Hauptcharaktere noch teilen durften, kann man in diesem Buch schon eher von einer (zumindest heimlichen) Hauptfigur sprechen, nämlich Cesare Borgia. Okay, er ist aus dieser Epoche auch einfach nicht wegzudenken.Leicht überrascht war ich, wie unsympathisch er mir war. Sein machtbesessener, auch zu Grausamkeiten neigender Charakter wurde zwar auch schon in "Borgia" deutlich, doch hat es der Darsteller dort irgendwie geschafft, ihm immer noch eine menschliche Note abzugewinnen (und ich erinnere mich, in der ersten Staffel stark mit ihm sympathisiert zu haben ...). Diese menschliche Note fällt hier weg. Matteo Strukul präsentiert uns einen frühen Prototypen des totalitären, von Weltherrschaft besessenen Diktators, auf den man die Diktatoren der Neuzeit von Hitler bis hin zu Putin klar zurückführen kann. Welche Darstellung der Wahrheit näher kommt, wissen wir wohl nicht: Vielleicht war er ein hassenswerter Narzisst, wie in diesem Buch. Vielleicht ein brutaler Eroberer, der im Inneren aber noch ein Mensch war, wie in der Serie.Die anderen Figuren treten vor dieser natürlich automatisch einen Schritt in den Hintergrund, überraschend wenig tritt der Borgia-Papst selbst auf, was ich sogar etwas schade finde. Zu erwähnen sei unter den Personen noch Caterina Sforza, außerdem (wenn auch nur in einer kleinen Rolle) der Mönch Girolamo Savonarola, den man ja beinahe als Vorgänger Luthers betrachten kann und der Söldner Michelotto Corella, Cesares Mann fürs Grobe, dessen Rolle hier deutlich mehr ausgebaut wird als in der Serie, wo er nur als maskierter Auftragsmörder präsentiert wird.Ein sehr erschreckender Bestandteil des Romans ist die Darstellung der sich ab 1495 verbreitenden Syphilis, welche Strukul uns in vielen ungeschönten Facetten präsentiert. Cesare Borgia leidet später selbst schwer an der Krankheit.Dieser zweite Teil übertrifft den Ersten, wie gesagt, noch um ein kleines Stück. Die Beschreibungen sind wieder detailiert, bildhaft, episch und nichts für Zartbesaitete.Ich gehe stark davon aus, dass diese Reihe eine Trilogie werden soll (im Nachwort von Teil 1 wurden leichte Andeutungen gemacht), wobei ich vermute, dass sich der dritte Teil dann wohl um Papst Leo X., die Reformation, und die italienischen Kriege Karls V. drehen wird. Die Vorfreude darauf ist auf jeden Fall groß.Für diesen Teil 2: 5 Sterne!