Ein tödliches Virus, ein renommiertes Institut und ein Polizist, der auf eine unfassbare Geschichte stößt
»Im Thriller namens Corona-Pandemie haben wir Hendrik Streeck als brillanten Kopf kennengelernt. Im Thriller 'Das Institut' entfesselt Streeck als Romanautor ein fulminantes Szenario rund um den Wissenschaftsbetrieb - und im Gegensatz zur Pandemie wünschen wir uns eine baldige Fortsetzung. « FRANK SCHÄTZING
Eine junge Wissenschaftlerin stürzt von einem Hochhaus in Boston. Detective Vince Brickle ermittelt und stößt rasch auf eine Reihe von Ungereimtheiten: Die Tote forschte am Virologischen Institut an einem wichtigen Projekt und stand kurz vor dem Durchbruch. Zusammen mit dem Virologen Frank findet Vince heraus, dass die Wissenschaftlerin ein neues gefährliches Virus so manipuliert hat, dass es als tödliche und zielgerichtete Waffe eingesetzt werden kann. Plötzlich finden sich die beiden im Zentrum eines Wettstreits zwischen Forschung, US-Militär und einem chinesischen Pharmakonzern wieder.
SPIEGEL-Bestsellerautor Hendrik Streeck legt einen atemberaubenden Thriller vor, der in die tiefsten Abgründe der Wissenschaft blickt.
Besprechung vom 23.02.2025
Hendrik Streecks Thriller
Eine Frau ist vom Dach eines Hochhauses in Boston gefallen. Es gehört zum weltberühmten Massachusetts Institute of Technology. Die Polizei hat einen Ausweis gefunden. So ermittelt Detective Vince Brickle direkt, wie die Tote heißt: "Dr. Donna Myers, Postdoc, lese ich laut. Was zur Hölle ist ein Postdoc? Ein Doktor, der nach dem Doktor kommt? Das ist das erste Mal, dass ich davon höre. Ich betrachte die Tote erneut. Sie war also eine Virenforscherin."
Hendrik Streeck ist noch immer Virenforscher und war auch mal Postdoc in Boston, an der Harvard Medical School. Heute ist er Direktor des virologischen Instituts am Uniklinikum Bonn. In der Corona-Pandemie gehörte er zum Experten-Rat der Bundesregierung. Bei der Bundestagswahl 2025 kandidiert Streeck am Sonntag für die CDU. Und veröffentlicht zeitgleich einen Thriller: "Das Institut". Streeck schreibt sich damit in seine alte Welt zurück. Damals, verrät er im Nachwort, habe er sich die ersten Notizen gemacht, aus denen sich jetzt sein Thriller speist. Das Ziel war, erklärt er seinem Publikum, "Wissenschaft für Sie erlebbar zu machen und Ihnen von den Schattenseiten der Wissenschaft zu erzählen".
Es geht um ein genetisch verändertes Virus, das Dr. Myers erforscht hat. Könnte aus M9 eine Bio-Waffe werden? Immer neue Menschen sterben, die daran geforscht haben, bald wird Brickle auf Druck des Militärs vom Fall abgezogen, zum Glück aber ist da noch ein deutscher Postdoc namens Frank Munters, der dem Detective undercover hilft.
Mit den Thriller-Klischees (Brickles Vater ist ein hohes Tier bei der Police in Chicago, Robert Brickle III) und dem Slang darf man in einem Debüt nicht streng sein, die Google-Maps-Prosa ("Ich gehe die Sudbury Street hinunter und biege am New York Sports Club links ab, um den Cardinal Cushing Memorial Park zu erreichen") ist sicher nur Fernweh, der Wunsch, globalisierte Spitzenwissenschaft abzubilden, indem eine spanische Forscherin, ¡ay caramba!, auch mal ihre Muttersprache einfließen lässt, etwas fürs Lektorat. "Der Druck, Ergebnisse als Erster, also schnell zu veröffentlichen, führt oft dazu, dass diese überspitzt oder gar geschönt dargestellt werden", schreibt Streeck. Dass er mit seinem Thriller über den Wettbewerb der Wissenschaft aufklären will, er selbst aber in der Corona-Pandemie an der frühen Heinsberg-Studie beteiligt war, die bis heute als problematisch betrachtet wird, unter anderem wegen statistischer Unsicherheiten, könnte sich Detective Brickle auch mal genauer anschauen. Tobias Rüther
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