Held und Setting sind Klassiker des Genres: Ein emotionaler Spion mit turbulenter Biografie, die CIA kämpft für das Gute, die Russen sind die Bösewichte und man geht mal wieder auf die Jagd nach dem Bernsteinzimmer. Indiana Jones trifft James Bond gewissermaßen und wenn man zuvor den Film oder wenigstens den Trailer gesehen hat, dann könnte diese Mischung theoretisch Laune machen, zumal Henry Cavill als Geheimagent mit Charme und Bürstenhaarschnitt eine gute Figur macht. Als Origin-Story des Charakters liest es sich solide, die Erwartungen sind mit Blick auf die Vorlage allerdings höher.Die ersten achtzig Seiten drehen sich darum, wie Argylle zum Agenten wird, zudem entwickelt sich langsam aber stetig der Plan des Antagonisten Federow. Von Humor oder kreativer Action ist da noch nicht allzu viel zu spüren, vielmehr verlässt sich das Autorenduo hinter dem Pseudonym Elly Conway auf die üblichen Standards, wie sie sich seit dem Kalten Krieg kaum verändert haben. Von Drogenbanden im thailändischen Dschungel bis hin zum Klüngel der russischen Elite werden die Fronten abgesteckt, die CIA hat lediglich einen einzigen mutmaßlichen Maulwurf zu bieten, sonst arbeiten dort nur Idealisten.So weit, so vertraut. Wenn es dann später wirklich ans Eingemachte geht, darf man durchaus spannend geschriebene Verfolgungsjagden und Schießereien miterleben, bei denen die Logik zwar eins ums andere Mal auf der Strecke bleibt, aber dafür wird man immerhin mit dem möglichen Verbleib des Bernsteinzimmers belohnt. Das geheine Tunnelsystem der Nazis ist in seinem Aufbau zwar weitgehend Retro-SciFi, aber immerhin bekommt Argylle es nicht auch noch mit SS-Zombies zu tun. Dazwischen sitzt das Team in Besprechungen herum, Affären entwickeln sich, Argylle lernt sein Handwerk auf die harte Tour ... aber so richtig will der Funke an keiner Stelle überspringen.Also: Gimmick oder Merchandise? Tatsächlich ist das Buch eher letzteres, ein nettes Extra, aber nichts was in Tonfall und Kreativität auch nur annähernd an das Drehbuch heranreicht. Respekt gibt es dafür, dass Buch und Film sich hier ausnahmsweise ergänzen, so haben immerhin Kinos und Buchläden, beides im On-Demand-Zeitalter stark umkämpfte Märkte, etwas davon.