Ich weiß, was er gesehen hat, meine Herren. Er sah einen Geist! (S. 17)
Als im August 1881 ein Kommerzienrat während einer Séance an einem Herzinfarkt stirbt, sollen Kriminalrat Gustav Heller und Kriminalassistent Adelbert Schrumm den Tod untersuchen. Die Villa, in der es passiert ist, steht in einem verwilderten Garten und hat eindeutig schon bessere Zeiten gesehen, genau wie die Besitzerin Frau Blumfeld, die behauptet, ein Medium zu sein. Heller glaubt ihr keine Sekunde, aber weil Medizinalrat Löbbers den Herztod bestätigt, müssen sie den Fall ein stellen. Wenige Monate später werden sie wieder zu der Villa gerufen, erneut ist die Teilnehmerin einer Séance gestorben. Und das ist erst der Auftakt einer Reihe rätselhafter Todesfälle ...
Ich bin von Frank Goldammer ja schon einiges gewöhnt, aber mit Haus der Geister hat er den Gruselfaktor auf die Spitze getrieben. Da ist zum einen die Blumfeld-Villa, immer komplett verdunkelt, vollgestellt mit uralten Möbeln, überall knarzt es, Türen quietschen plötzlich, in der auch außerhalb der Séancen Geister umzugehen scheinen und Heller bei den Ermittlungen behindern wollen. Der lässt sich davon aber nicht einschüchtern. Er ist überzeugt, dass Frau Blumfeld mit Tricks arbeitet oder ihr Dienstmädchen darin verwickelt ist. Das blutjunge, stumme, durch einen Unfall entstellte Mädchen taucht jedes Mal lautlos wie aus dem Nichts auf, scheint ansonsten aber harmlos. Schrumm hingegen ist leichter zu beeinflussen, fürchtet sich bald vor jedem Knistern oder Rascheln. Doch dann kommen sie der grausamen Gemeinsamkeit auf die Spur, die die Opfer verbindet, und nicht nur den Ermittlern das Blut in den Adern gefrieren lässt. Da wird Heller dann doch unsicher. Ich beginne selbst, Geister zu sehen, und frage mich: Kann es sein, dass geschundene Seelen wie diese Rache oder Gerechtigkeit verlangen? Ich beginne ernsthaft, an mir zu zweifeln. (S. 232)
Frau Blumfeld, das Medium, schart immer mehr Anhänger um sich, vor allem die Frauen einflussreicher Männer. Die Gatten wollen das gern unterbinden und Frau Blumfeld loswerden, aber Heller kann ihr nichts nachweisen. Sie nimmt ja nicht mal Geld für ihre Dienste. Heller verbeißt sich wie ein Pitbull in dem Fall (und Frau Blumfeld), doch sie kommen bei den Nachforschungen einfach nicht weiter, wie sie die Fälle auch drehen und wenden. Selbst, als sie die Verbindung zwischen den Toten entdecken, wissen sie trotzdem nicht, wer hinter allem steckt, bzw. können es Frau Blumfeld nicht beweisen. Liegt Heller doch komplett falsch?!
Ich fand es faszinierend, wie fortschrittlich Heller ist, wie er versucht, Erklärungen und Beweise für die unerklärlichen Phänomene zu finden und sich dafür auch selbst in Gefahr begibt. Zusammen mit Medizinalrat Löbbers treibt er die medizinische Forschung und Kriminalmedizin voran, zieht ihn so oft wie möglich hinzu, damit dieser Daten und Fakten sammelt und z.B. Tabellen über die Ausprägung der Totenstarre zu verschiedenen Zeitpunkten sammelt.
Hellers Privatleben spielt diesmal nur eine Nebenrolle. Doch auch bei ihm zu Hause scheint es zu spuken, eine Weiße Frau wird nachts mehrfach in der Nähe der Kirche und direkt in seinem Gehöft gesehen. Dazu kommen die Sorgen um seine Kinder. Sein Sohn will sich abnabeln und eine eigene (nicht standesgemäße) Familie gründen, die Gesundheit seiner Tochter hängt wie immer am seidenen Faden. Zum Glück hält ihm seine Frau den Rücken frei und rückt ihm den Kopf zurecht, wenn er sich wieder mal im Ton vergreift.
Haus der Geister ist wieder ein extrem spannender Pageturner voller überraschender Wendungen und Tricks. Aber Vorsicht: man sollte sich gern Gruseln oder beim Lesen lieber nicht allein sein