Im Grenzland zwischen Dänemark und Deutschland geschehen grausame Morde - der erste Fall für Mads Lindstrøm und Thomas Beckmann und atemberaubender Auftakt der »Grenzland«-Trilogie
Nichts für schwache Nerven!
Es ist früher Morgen, als an der Küste von Nieby eine Leiche gefunden wird. Die Tote entpuppt sich als vermisste Dänin, und der Ermittler Mads Lindstrøm wird zur Identifizierung nach Kiel geschickt. Dort hat die Gerichtsmedizin eine erschütternde Entdeckung gemacht: Spuren an dem toten Mädchen deuten darauf hin, dass sie nicht das erste Opfer eines bestialischen Mörders ist. Eines Mörders, der auf beiden Seiten der Grenze tötet. Obwohl der deutsche Kommissar Thomas Beckmann von der Theorie eines Serienkillers nicht überzeugt ist, stürzt sich Mads Lindstrøm in den Fall. Als ein weiteres Mädchen verschwindet, ist er bereit, jedes Mittel einzusetzen, um sie zu retten.
»Niemand hört dich«, »Niemand sieht dich«, »Niemand rettet dich« - an dieser Thriller-Trilogie kommt 2025 niemand vorbei!
»Wow! Was für ein Thrillerdebüt. « Buchblogger Titlen. dk
»Mit 'Niemand hört dich' betritt Karen Inge Nielsen die dänische Krimiszene mit einem Paukenschlag! Sie ist eine ausgezeichnete Geschichtenerzählerin« Bookblogger Krimihylden
»Ein packender Thriller voller dunkler Überraschungen. « dagens. dk
Wer Jens Hendrik Jensen, Stieg Larsson und Ethan Cross mag, wird Karen Inge Nielsen lieben!
Besprechung vom 03.03.2025
Brutaler Fährmann
Neue Stimme aus Dänemark: Karen Inge Nielsen
Dieses dänische Krimidebüt entwickelt von der ersten Seite an einen bedeutenden Sog, dem zu entziehen dem Leser nicht leicht fallen dürfte. Und zwar gerade weil man das Buch eigentlich ziemlich schnell beiseitelegen möchte - Vivisektionen mit Todesfolge sind nun einmal widerwärtig und abstoßend.
Doch das Resultat dieser Exposition, eine Mädchenleiche, wird im nördlichsten Deutschland, in Nieby am Rande der Geltinger Birk in Schleswig-Holstein, angespült. Und von einer sympathischen Frau mit Hund entdeckt. Sie ist das erste Ziel jenseits der dänischen Grenze, das der Ermittler aus Haderslev, die Hauptfigur Mads Lindstrøm, mit Erlaubnis der deutschen Behörden anzusteuern hat, um das Verschwinden eines dänischen Mädchens aufzuklären. Lindstrøm saß schon im Flugzeug auf dem Flugplatz in Billund, um im lang ersehnten und längst überfälligen Urlaub seine Schwester in England zu besuchen, als ihn sein Vorgesetzter, Per Teglgård, aus der Maschine holen lässt, um mit der beliebten Formel "Du bist einfach der Beste, und genau deswegen brauche ich Dich" einen derart verhinderten Urlaub wenigstens etwas schmackhafter zu machen.
Die Geschichte nimmt ihren Lauf im deutsch-dänischen Grenzland. In Kiel, auf dem Tisch der Rechtsmedizin, ist die in Nieby angespülte Leiche gelandet. Dort trifft Lindstrøm den Pathologen Werner Still. Die beiden können von Anfang an gut miteinander. Die Handlung entwickelt sich zwischen Ribe, Haderslev und Kolding, zwischen Nordfriesland, Flensburg und Kiel. Ermordet wurde die elfjährige Caroline Hvidtfeldt aus Kolding.
Lindstrøm verfolgt eine ziemlich heiße Spur zu deren Vater Steen. Doch die verliert sich in einem sicheren Alibi, das die Familie nur mit der Geliebten des Vaters bekannt macht, den Leser gleichwohl lange in der Hoffnung belässt, dass der grässliche Fall endlich gelöst wird. Doch weitere, ähnlich grauenhafte Vivisektionen mit Leichenentsorgungen ins küstennahe Wasser passieren, der Ermittlungsdruck wird größer und größer.
Der dänischen Autorin Karen Inge Nielsen, Jahrgang 1978, gelingt es überzeugend, größtmögliche Kälte bei der Schilderung der Verbrechensverläufe an den Tag zu legen. Parallel dazu schlagen die Wogen der emotionalen Angefasstheit über den handelnden Personen zusammen. Beides zusammen sorgt für hohes Tempo. Dem sicherlich zugute kommt, dass die Autorin im Hauptberuf Bioanalysen in der Pathologie durchführt und deswegen Erfahrungen in emotionaler Distanz hat.
Die Lösung der Fälle liegt auf dem Wasser: Verraten sei, dass der Nom de guerre des brutalst möglich agierenden Chefprotagonisten auf der bösen Seite des Romanpersonals "Charon" lautet. Die Ostsee zwischen Dänemark und Deutschland, zwischen dänischer Südsee und Flensburger Förde, ist zwar nicht der Styx, aber Lethe, den Trank des Vergessens, den in der Antike die in der Unterwelt anlandenden frisch Gestorbenen zu sich zu nehmen hatten, gibt es reichlich für die Opfer. Sinnvollerweise lautet der Originaltitel also "Færgemanden" (Der Fährmann). Warum man ihn für die deutsche Übersetzung nicht beibehalten hat, bleibt das Geheimnis des Verlags.
Karen Inge Nielsen wird im Laufe der kommenden Monate zwei weitere Bände der Grenzland-Thriller-Reihe vorlegen. Nach Lektüre des ersten Bandes kann man der Verfasserin ähnlich gediegenes Handwerk bescheinigen, wie es die Leserschaft der Romane von Jussi Adler-Olsen gewohnt ist. Wobei die Bauprinzipien des Buches unverbrauchter, ungewohnter sind als beim berühmten Kollegen. Der hat unlängst nicht nur seine Krebserkrankung öffentlich gemacht, sondern auch die Fortsetzung seiner Romanreihe in die Hände des Autorinnen-Duos Line Holm und Stine Bolther gelegt.
Auch wenn der skandinavische Krimi langsam in die Jahre kommt - Neuentdeckungen erster Klasse gelingen ihm immer wieder. Neu ist bei Nielsen auch das Spiel mit dem deutsch-dänischen Mit- und manchmal auch Gegeneinander. Die interkulturellen Schilderungen des Romans sind gelungen, die Geographie wird ebenso lebendig wie die Menschen in diesem Landstrich. STEPHAN OPITZ
Karen Inge Nielsen: "Niemand hört dich". Thriller.
Aus dem Dänischen von Günther Frauenlob.
Piper Verlag,
München 2025.
336 S., br.
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