Der zweite Teil der Familiengeschichte um Mathilde, Amine, Aicha und Selim führt wieder tief in die marokkanische Geschichte und in die schwierige Beziehung zwischen Frankreich und Marokko. Im Mittelpunkt steht dieses Mal vor allem Aicha, die in Straßburg Medizin studiert und sich nach und nach von ihrer Familie und dem Land, in dem sie aufgewachsen ist entfernt. Dennoch kehrt sie nach dem Studium nach Marokko zurück und wird Ärztin. Sie lernt Mehdi kennen und verliebt sich in den klugen jungen Mann, der Karl Marx genannt wird. Seine Figur empfinde ich als sehr zwiespältig. Seine einst hohen Ideale zerbröseln nach und nach. Die tragischste Figur ist für mich der Bruder Selim, dem es einfach nicht gelingt, seinen Vater zufriedenzustellen und der sich den Hippies anschließt und in einem wirren Sumpf aus Drogen und Ekstase zu entgleiten droht. Letztlich geht er nach Amerika, viel mehr erfährt man leider nicht. Sehr gut eingefangen ist das Lebensgefühl der jungen marokkanischen intellektuellen Elite in den 70er Jahren. Strandvillen, Partys, lange Gespräche und Alkohol. Keine Existenzängste mehr, Lebensgenuss steht im Mittelpunkt. Die Ehe von Amine und Mathilde hat Bestand, dennoch tut mir Mathilde leid. Sie reibt sich auf für Familie und Haushalt, stärkt ihrem Mann den Rücken und wird dennoch betrogen und belogen. Wie hält sie das aus? Die schwierige politische Situation ist ebenfalls sehr eindringlich beschrieben. Doch leider bleiben mir die Figuren ein wenig fremd, sie berühren mich nicht so sehr wie im ersten Teil. Ich folge ihrem Weg zwar interessiert, aber etwas teilnahmslos. Der Schreibstil selbst gefällt mir jedoch sehr gut. Bildhaft und detailreich, ohne ausschweifend und blumig zu sein.