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Ungleich vereint

Warum der Osten anders bleibt | Ein Buch, das aus Sackgassen herausführt - und für Gesprächsstoff sorgt | Bayerischer Buchpreis 2024

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18,00 €inkl. Mwst.
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»Wer in der Ost-West-Debatte mit Schuldbegriffen operiert, ist schon auf dem Holzweg. «

Die Diskussion über Ostdeutschland und das Verhältnis zwischen Ost und West flammt immer wieder auf. Sei es anlässlich runder Jubiläen, sei es nach Protesten - oder nach Wahlen. Und dennoch gibt es in dieser Debatte keine Verständnisfortschritte. Sie dreht sich im Kreis, auf Vorwürfe folgen Gegenvorwürfe: »Ihr seid diktatursozialisiert! « - »Ihr habt uns ökonomisch und symbolisch kleingemacht! «

Im November 2024 jährte sich der Mauerfall zum 35. Mal. Zuvor erlangte die AfD bei drei Landtagswahlen große Erfolge. In dieser Lage meldet sich der »gefragteste Gesellschaftsdeuter im Land« (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) mit einer differenzierten Intervention zu Wort.

Steffen Mau setzt sich mit prominenten Beiträgen auseinander und widerspricht der Angleichungsthese, laut der Ostdeutschland im Lauf der Zeit so sein werde wie der Westen. Aufgrund der Erfahrungen in der DDR und in den Wendejahren wird der Osten anders bleiben - ökonomisch, politisch, aber auch, was Mentalität und Identität betrifft. Angesichts der schwachen Verwurzelung der Parteien plädiert Steffen Mau dafür, alternative Formen der Demokratie zu erproben und die Menschen etwa über Bürgerräte stärker zu beteiligen.

NDR Sachbuchpreis 2024 (Longlist)
Bayerischer Buchpreis 2024 (Shortlist)
Platz 1 Bestseller in FOCUS, stern und Börsenblatt
Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste (DLF Kultur/ZDF/DIE ZEIT)
Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste (WELT/NZZ/rbbKultur/Ö1)
Platz 1 der SPIEGEL-Bestsellerliste

Produktdetails

Erscheinungsdatum
17. Juni 2024
Sprache
deutsch
Auflage
Originalausgabe
Seitenanzahl
168
Reihe
edition suhrkamp
Autor/Autorin
Steffen Mau
Verlag/Hersteller
Produktart
kartoniert
Gewicht
190 g
Größe (L/B/H)
122/202/18 mm
Sonstiges
Großformatiges Paperback. Klappenbroschur
ISBN
9783518029893

Portrait

Steffen Mau

Steffen Mau, geboren 1968, ist Professor für Makrosoziologie an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sein Buch Lütten Klein. Leben in der ostdeutschen Transformationsgesellschaft (st 5092) stand auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von ZDF, Zeit und Deutschlandfunk Kultur. 2021 erhielt er den Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

Pressestimmen

»Wer Mau liest, versteht besser, wie es zu den beunruhigenden Differenzen im Wahlverhalten von Ost- und Westdeutschen gekommen ist. Alle, die bei diesem Thema sachverständig mitreden wollen, müssen dieses Buch lesen. « Heinrich August Winkler, Süddeutsche Zeitung

»Die scharfsinnigste Analyse, warum der Osten anders tickt und anders bleibt. « Peter Neumann, DIE ZEIT

»Vielschichtig, differenziert . . . Dieser Soziologe zeigt, dass man nicht notwendig populistisch über den deutschen Osten nachdenken muss. « WELT AM SONNTAG

»Jedem guten Buch ist zu wünschen, dass es von Anfang bis Ende gelesen wird. . . . [Ungleich vereint] sei dies besonders gegönnt . . . « Christina Morina, Frankfurter Allgemeine Zeitung

»Maus Bücher bestechen durch Differenzierung und Klarheit. . . . [Ungleich vereint sollte] jeder Interessierte im Wahljahr . . . lesen. « Marc Reichwein, DIE WELT

»[Mau] hat einen ressentimentfreien Beitrag zu einer Debatte geschrieben, die gesättigt von Ressentiments ist. Und er schafft es dabei, mit interessiertem Blick auf diese Ressentiments zu schauen . . . und sie auf Wahrheitsgehalt und böse Absichten zu prüfen, ohne sofort Vorwürfe zu erheben sodass am Ende sogar ein Befreiungsschlag aus der schlechten Laune dabei herauskommt. « Tobias Rüther, Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

»Tatsächlich müsste Ungleich vereint . . . die Grundlage jeder Diskussion sein. « Tobias Rapp, DER SPIEGEL

»Mau schreibt verständlich und eindrücklich über ein komplexes und brisantes Thema . . . « Bettina Baltschev, MDR

»Wer unser Land verstehen will, sollte das Buch lesen. « Mitbestimmung. Das Magazin der Hans-Böckler-Stiftung

Besprechung vom 09.06.2024

Bewegliche Ziele

Was, wenn es gar nicht darum geht, Westen und Osten anzugleichen? Steffen Mau sucht nach Alternativen in der deutschen Debatte.

Von Tobias Rüther

Zu viele Männer. Bevölkerungsschwund. Mangelndes zivilgesellschaftliches Engagement. Schwach ausgebildete Resilienz bei starkem Sendungsbewusstsein. Anfälligkeit für populistische Positionen. Minimale Repräsentanz in den Eliten. Ungleich verteiltes Vermögen. Und als Perspektive: dass sich all das nur langsam, zu langsam oder gar nicht ändert.

Trägt man die Punkte zusammen, die Steffen Mau in seiner Analyse der ostdeutschen Gesellschaft von heute, fünfunddreißig Jahre nach dem Mauerfall, getroffen hat: Da wirkt die Liste erst mal altbekannt, wie die Bestätigung der Klischees, die seit der Wiedervereinigung das Bild vom Osten prägen. "So isser, der Ossi", titelte der "Spiegel" vor bald fünf Jahren auf seinem Cover. Aber der Berliner Soziologe Steffen Mau könnte nicht weiter entfernt davon sein. Er hat einen ressentimentfreien Beitrag zu einer Debatte geschrieben, die gesättigt von Ressentiment ist. Und er schafft es dabei, mit interessiertem Blick auf diese Ressentiments zu schauen (dass der Osten ein Problem mit dem Rechtsstaat habe, beispielsweise) und sie auf Wahrheitsgehalt und böse Absichten zu prüfen, ohne sofort Vorwürfe zu erheben - sodass am Ende sogar ein Befreiungsschlag aus der schlechten Laune dabei herauskommt.

Dass man dieses kurze Buch fast schon zuversichtlich zuschlägt: Es liegt am Ton und der Haltung, die Steffen Mau nicht nur vormacht, sondern auch vom Publikum zurückverlangt. Er erwartet einen Schritt zurück beim Blick auf die Gegenwart, weil er den Schritt selbst macht. Und es spricht viel dafür, dass es entscheidend darum geht: um eine veränderte Tonlage und Haltung. Mau bittet nicht nur um gedankliche Flexibilität im Umgang mit den Konflikten und Diskursen - er gewinnt sie auch zurück, indem er selbst mit gedanklicher Flexibilität einen Konflikt nach dem anderen prüft. Wie gewaltig er ist, ob er für immer bleiben wird, ob wir damit auch gut leben könnten - oder es vielleicht eine Lösung geben könnte, die nicht nur alle mitnimmt, sondern sie auch zur Verantwortung zieht und damit aufwertet.

"Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt", heißt Steffen Maus neues Buch. Der Titel könnte einem Wutbürger aus Anklam oder dem Erzgebirge sofort die Halsschlagader anschwellen lassen: Ungleich? Anders? Also: nicht normal? Aber gemessen woran? Am Westen? Ist der also immer noch das Maß aller Dinge, die "Referenzgesellschaft", an deren Sitten und Gebräuche sich alle zu halten haben? Und was heißt "bleibt anders" - wird der Osten also aufgegeben? Wo sich der Westen ja sowieso schon lange nicht mehr für die Schwestern und Brüder im Osten interessiert?

Aber es steckt auch eine optimistische Gelassenheit im Titel, und in dieser Ambivalenz entspricht er dann auch der ambivalenten Lage, in der sich das Land in den Augen von Mau befindet. Wir leben in einer "geteilten Einheit", und das ist erst mal so, wie es ist, und es "bedeutet keinesfalls, dass wir in einer Art Zweigesellschaftlichkeit oder gespaltenen Gesellschaft angekommen sind, in der es gar kein inneres Band gibt oder zwei Großkollektive unverbunden nebeneinander existieren. Es bedeutet vielmehr, dass innerdeutsche Disparitäten und Ungleichzeitigkeiten fortbestehen, die sich entlang der Achse Ost-West ausgebildet haben."

Im vergangenen Herbst hatte der Soziologe gemeinsam mit seinen Kollegen Thomas Lux und Linus Westheuser von der Berliner Humboldt-Universität eine viel beachtete Studie herausgegeben: "Triggerpunkte" ist der Versuch, aus der Vorstellung einer polarisierten Gesellschaft auszubrechen, die verkeilt scheint im Streit um gendergerechte Sprache, Asylobergrenzen, Klimapolitik, Integration, Rente. Näher an der Wirklichkeit und hilfreicher sei es, von vielen unterschiedlichen "Ungleichheitsarenen" auszugehen, um die Vielfältigkeit der Konflikte auszuloten zu können. Denn es finden sich nicht immer alle auf der gleichen Seite der Konflikte wieder. Das neue Buch, erklärt Mau, könne jetzt wie ein Nachschub zu diesen "Triggerpunkten" gelesen werden. Ursprünglich hätten die Autoren erwogen, den Ost-West-Konflikt mit aufzunehmen, er sei aber zu eigen und erfordere seine eigene Herangehensweise. Und wohl deswegen auch steht am Ende dieses Buchs des gebürtigen Rostockers Mau keine abschließende Analyse, sondern ein handfester Vorschlag zur Verbesserung der Lage. Wie Mau selbst sagt: "Es ist eine kleine politische Schrift zu Gesellschaft, Politik und Demokratie in Ostdeutschland."

Die Debatte um West und Ost ist seit einiger Zeit interessanter als je zuvor seit 1990, weil es auf eine neue Weise um Deutungshoheit geht - und das nicht mehr nur zwischen West und Ost, sondern ost-intern, sozusagen. Dabei geht die Debatte immer wieder von der Literatur aus: vom Booker-Prize für Jenny Erpenbecks Roman "Kairos" zum Beispiel, den der Historiker Ilko-Sascha Kowalczuk in der "taz" jetzt als "Ostdeutschtümelei" bezeichnet hat. Aber auch von den Romanen jüngerer Autorinnen, weil sie neue Impulse in der Auseinandersetzung um das totalitäre Erbe der DDR setzen - wie Charlotte Gneuß in ihrem komplexen Stasi-Psychodrama "Gittersee". Oder weil sie die Rolle der Gewalt analysieren - wie Anne Rabe. Auch den Roman "Simone" von Anja Reich zählt Mau dazu, eine Freundschaftsgeschichte aus dem Ost-Berlin der Achtzigerjahre.

Literatur jedenfalls scheint die Ambiguitätstoleranz der Deutschen herauszufordern, die dringend nötig ist. Die Autorin Anne Rabe, geboren 1986 in Wismar, ist seit Erscheinen ihrer Familiengeschichte "Die Möglichkeit von Glück" ununterbrochen im ganzen Land unterwegs, um aus dem Roman zu lesen. Er erzählt von Gewaltkontinuitäten ostdeutscher Milieus vor und nach dem Mauerfall. Rabe hat immer wieder öffentlich auf das Schweigen zwischen den Generationen hingewiesen, auf die Notwendigkeit einer selbstkritischen ostdeutschen Bestandsaufnahme. Kürzlich hat ihr der Linguist Stefan Müller in einer Polemik in der "Berliner Zeitung" unterstellt, einen sachlich mangelhaften Roman geschrieben zu haben, und Rabe für die Rezeption dieses Buchs verantwortlich gemacht. Denn der bediene vor allem ein westdeutsches Publikum: "Endlich könne man die DDR verstehen! Fast niemand hat die Fehler bemerkt. Weil es so eine schöne Geschichte ist, die zu allem passt, was man über Dunkeldeutschland zu wissen glaubt."

Müller beendet seine Polemik mit dem Satz: "Viele Details, die zeigen, wie schlimm es damals war, waren im Westen genau so." Selbst wenn das stimmte, was hilft es bei der Aufarbeitung des Unrechts auf beiden Seiten? Der Westen dient auch hier als "Referenzgesellschaft" - auch dieser persönliche Angriff auf die Autorin offenbart die Notwendigkeit einer innerostdeutschen Debatte. Die "Berliner Zeitung" hat sie in der Weise begonnen, dass sie starke kritische Reaktionen von Leserinnen und Lesern auf Müllers Text abdruckte, Müller hat sie in seinem Blog kommentiert.

Für das Ausbleiben einer innerostdeutschen Auseinandersetzung nach dem Mauerfall hat Steffen Mau eine Erklärung parat: Er spricht "vom permanent anwesenden Publikum" des Westens, "für die Ostdeutschen" sei nach dem Mauerfall "kein klärendes Gespräch 'unter sich' (oder 'unter uns') möglich gewesen". Zudem sei auf die "Selbstermächtigung im Herbst 1989" eine "Selbstentmachtung in unmittelbarer zeitlicher Nähe" gefolgt, "freiwillig und sehenden Auges", als mit den ersten freien Wahlen und der Wiedervereinigung Parteien aus dem Westen in den Osten einzogen, wo sie, bis heute, nicht tief in der Gesellschaft wurzeln.

Die neueren Bestseller von Dirk Oschmann und Katja Hoyer über "den Osten" nennt Mau wiederum "Mentalpflegetexte, da sie das Lesepublikum in seinen Alltagsgefühlen bestätigen und nicht fordern möchten". Mau will genau das nicht tun. Er etabliert vielmehr eine Position, von der aus möglich ist, von Unterschieden zu sprechen, ohne sie zu werten, zu betonieren, zu relativieren oder zu dämonisieren: "Ostdeutschland ist kein wertemäßiger Monolith und doch in vielerlei Hinsicht unterscheidbar." Zudem verändere auch der Westen sich, Mau nennt ihn ein "moving target", ein bewegliches Ziel. Und dann stellt er eine entscheidende Frage: "Wo wünschen wir uns denn wirklich ein Verschwinden von Unterschieden und ein Aufschließen des Ostens zum Westen? Bei der Rente und den Einkommen ja, aber bei den Mieten, der Schulqualität oder dem Gender-Pay-Gap bitte nicht. Bei der Produktivität, den Spitzenjobs und den Vermögen ja, aber nicht bei der Beschäftigungsquote von Frauen, der Kita-Abdeckung, dem Anschluss von Wohnungen an Fernwärmenetze oder der Theaterdichte, die im Osten höher sind."

Der Abschied von nicht erreichbaren Zielen, von Feiertagsbeschwörungen einer mit sich selbst versöhnten deutschen Gesellschaft durchzieht auch dieses Buch. Je länger es dauert, desto stärker rückt der wahre Gegner eines gewandelten Umgangs mit den Konflikten in den Blick: die populistischen und rechtsextremistischen Kräfte um die AfD, die Scheinantworten auf die "Parteienpolitikverdrossenheit" geben und die "zivilgesellschaftliche Formschwäche" ausnutzen. Ehrenamtliches Engagement im Osten zeige sich nicht im regen Stiftungsleben, sondern im Ehrenamt, bei der freiwilligen Feuerwehr und der Handwerkskammer, die von rechts "infiltriert" werden. "In Ostdeutschland hat sich eine eigene politische Kultur ausgebildet, die noch eine lange Zeit bestehen wird, unabhängig davon, was sich die Politik wünscht", schreibt Mau. Und sie setzt nicht auf Parteien, sondern auf die Unmittelbarkeit der Willensdurchsetzung, auch ein Erbe von 1989: "Die Straßen und Plätze, so kann man wohl annehmen, bleiben in Ostdeutschland auch zukünftig bedeutende Orte der politischen Auseinandersetzung."

Wenn die Lage so ist, wie sie ist, müssen neue Ideen her, regional flexibel, und Steffen Mau schließt sein Buch deswegen also mit einem Vorschlag, um "im Kleinen das einzuüben, was im Großen diskursiv oft nicht gelingt": Er plädiert für die Einrichtung und Stärkung von Bürgerräten in Ostdeutschland, per Losverfahren besetzt, um Entscheidungsprozesse zu begleiten: Der Bund hat das im vergangenen Jahr schon mit einem Rat für Ernährungspolitik probiert, der eine Richtschnur für die Politik formuliert. In einem solchen Rat, schreibt Mau, könnten Menschen "Selbstwirksamkeitserfahrungen machen, die ihnen sonst oft verwehrt bleiben". Kompromisse statt Radikalisierung, Austausch statt Ideologie: Es wäre ein Anfang: "Was ein Bürgerrat wohl im Hinblick auf den Ostberliner Palast der Republik empfohlen hätte - ebenfalls Abriss und Wiederaufbau des Stadtschlosses?" Mau endet mit einer typischen Pointe: "Ein Transfer erfolgreicher Modelle in den Westen wäre dann womöglich eine Art verspäteter Beitrag der Ostdeutschen zur institutionellen Weiterentwicklung der gesamtdeutschen Demokratie." Und dann hätten alle was davon, ein vereintes Land zu sein.

Steffen Mau, "Ungleich vereint. Warum der Osten anders bleibt". Suhrkamp, 168 Seiten

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Von Kaffeeelse am 26.01.2025

Die BRD und die DDR

Ungleich vereint. Ja. Klarer Fall. Dies ist genau das Empfinden, das man als ehemalige DDR-Bürgerin hat. Wir DDR-Bürger sind die ewigen Nörgler, die chronisch Unzufriedenen und eigentlich sollte man am besten die Mauer wieder aufbauen. Das klingt schlimm. Leider oft genug gehört und gelesen. Da wird sofort die AfD-Keule geschwungen und man wird kollektiv in eine Schublade gesteckt. Das nervt mich ungemein. Denn der ehemalige DDR-Bürger ist nicht einheitlich. Jede politische Richtung ist vertreten, jedwede Eigenschaft ist da, jeder denkbare Charakter. Doch die Meisten von uns empfinden die deutsche Einheit nicht als Vereinigung, sondern eher als Übernahme, als eine Art feindliche Übernahme. Klingt schlimm. Ich weiß. Es ist aber auch nicht schön immer noch ein Bürger zweiter Klasse zu sein. Schließlich sind sehr viele Jahre vergangen. Und dieses Denken über die ehemaligen DDR-Bürger ist meiner Meinung nach auch ein Grund für das Erstarken der AfD in unseren fünf neuen Bundesländern, eigentlich 5,5, denn Ost-Berlin kommt ja auch noch dazu. Steffen Mau, ein 1968 geborener Soziologe und Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni von Berlin. Gleichzeitig sitzt er im Sachverständigenrat für Integration und Migration. Er kennt sich also aus. Integration. Ja, genau dies hatte mit uns zu passieren. Und jetzt ist man erstaunt darüber, dass genau das eben nicht passiert. Logischerweise sind natürlich nur wir selbst da schuld. Klar, wenn man anders darüber urteilen sollte, müsste man ja ans Eingemachte. Ist unbequem, weil anstrengend und deswegen immer schön mit dem Finger auf Andere zeigen. Nun, Steffen Mau macht genau dies nicht. Er recherchiert genau, warum der Osten ist, was er ist. Dieses Buch macht Spaß, es ist irre interessant und es zeigt recht differenziert das Warum! Mein Fazit: Ein sehr gutes Buch, welches jeder in Deutschland lesen sollte, jeder im Osten und jeder im Westen. Denn es wird wirklich langsam Zeit, dass dieses Ost- und Westding langsam verschwindet. Das schließt allerdings ein, dass Ost- und Westdeutsche endlich gleichberechtigt sind. 1990 war die Wiedervereinigung, jetzt haben wir 2025, 35 Jahre sind vergangen, es wird langsam Zeit denke ich. Und noch was, die AfD ist ein gesamtdeutsches Problem. Bei uns rennen denen nur etwas mehr hinterher. Doch die Polemik hat eindeutig ein leichteres Spiel bei Menschen, die sich als Menschen zweiter Klasse empfinden. Wenn dies nicht so wäre.
LovelyBooks-BewertungVon renee am 26.01.2025
Ungleich vereint. Ja. Klarer Fall. Dies ist genau das Empfinden, das man als ehemalige DDR-Bürgerin hat. Wir DDR-Bürger sind die ewigen Nörgler, die chronisch Unzufriedenen und eigentlich sollte man am besten die Mauer wieder aufbauen. Das klingt schlimm. Leider oft genug gehört und gelesen. Da wird sofort die AfD-Keule geschwungen und man wird kollektiv in eine Schublade gesteckt. Das nervt mich ungemein. Denn der ehemalige DDR-Bürger ist nicht einheitlich. Jede politische Richtung ist vertreten, jedwede Eigenschaft ist da, jeder denkbare Charakter. Doch die Meisten von uns empfinden die deutsche Einheit nicht als Vereinigung, sondern eher als Übernahme, als eine Art feindliche Übernahme. Klingt schlimm. Ich weiß. Es ist aber auch nicht schön immer noch ein Bürger zweiter Klasse zu sein. Schließlich sind sehr viele Jahre vergangen. Und dieses Denken über die ehemaligen DDR-Bürger ist meiner Meinung nach auch ein Grund für das Erstarken der AfD in unseren fünf neuen Bundesländern, eigentlich 5,5, denn Ost-Berlin kommt ja auch noch dazu. Steffen Mau, ein 1968 geborener Soziologe und Professor am Institut für Sozialwissenschaften der Humboldt-Uni von Berlin. Gleichzeitig sitzt er im Sachverständigenrat für Integration und Migration. Er kennt sich also aus.Integration. Ja, genau dies hatte mit uns zu passieren. Und jetzt ist man erstaunt darüber, dass genau das eben nicht passiert. Logischerweise sind natürlich nur wir selbst da schuld. Klar, wenn man anders darüber urteilen sollte, müsste man ja ans Eingemachte. Ist unbequem, weil anstrengend und deswegen immer schön mit dem Finger auf Andere zeigen.Nun, Steffen Mau macht genau dies nicht. Er recherchiert genau, warum der Osten ist, was er ist. Dieses Buch macht Spaß, es ist irre interessant und es zeigt recht differenziert das Warum!Mein Fazit: Ein sehr gutes Buch, welches jeder in Deutschland lesen sollte, jeder im Osten und jeder im Westen. Denn es wird wirklich langsam Zeit, dass dieses Ost- und Westding langsam verschwindet. Das schließt allerdings ein, dass Ost- und Westdeutsche endlich gleichberechtigt sind. 1990 war die Wiedervereinigung, jetzt haben wir 2025, 35 Jahre sind vergangen, es wird langsam Zeit denke ich.Und noch was, die AfD ist ein gesamtdeutsches Problem. Bei uns rennen denen nur etwas mehr hinterher. Doch die Polemik hat eindeutig ein leichteres Spiel bei Menschen, die sich als Menschen zweiter Klasse empfinden. Wenn dies nicht so wäre. ...