Entdecken Sie alle nominierten Titel und die Gewinner:innen des Preises 2025!

Gewinnerin in der Kategorie Belletristik: Kristine Bilkau

Eine Halbinsel im nordfriesischen Wattenmeer. Hier, an der Nordsee, lebt Annett, Ende vierzig, seit vielen Jahren, hier hat sie nach dem frühen Tod ihres Mannes ihre Tochter Linn allein großgezogen. Linn, Mitte zwanzig, ist nach dem Abitur voller Energie in die Welt gezogen, hat sich in schwedischen und rumänischen Wäldern als Umweltvolontärin engagiert, arbeitet für ein Aufforstungsprojekt. Für Annett ist ihre Tochter die Verkörperung von Hoffnung, Sinn und Zukunft. Doch auf einer Tagung, während eines Vortrags kippt Linn um, Kreislaufzusammenbruch, Erschöpfung. Annett holt sie für eine Woche zu sich nach Hause, ans Meer, nahe Husum. Aus einer werden zwei, dann drei Wochen, dann Monate. Zerrieben zwischen Leistungsdruck und Sinnsuche, scheint Linn mit Mitte Zwanzig an einem Nullpunkt. Annett fühlt sich hilflos angesichts der Antriebslosigkeit ihrer Tochter. Mit der Zeit brechen Konflikte auf, zwischen Mutter und Tochter, aber auch zwischen zwei Generationen. Die eine muss die Lebenswirklichkeit der anderen neu verstehen lernen. Mit großem Gespür für das Zwischenmenschliche lotet Kristine Bilkau die drängenden Fragen unserer Zeit aus - die Frage nach der Verantwortung der Älteren für den Zustand der Welt sowie der Wunsch der Jüngeren, das eigene Leben mit Sinn zu füllen.
Alle Nominierungen in der Kategorie Belletristik
Gewinnerin in der Kategorie Sachbuch / Essayistik: Irina Rastorgueva

Während innerhalb Russlands das Verbot kritischer Medien und die Gleichschaltung der verstaatlichten Sender eine beinahe karikaturhafte Erzählung über traditionelle Werte und die Notwendigkeit der »Militärischen Spezialoperation« hervorbringen, arbeiten sorgfältig geplante Propagandaaktionen im Rest der Welt an der Destabilisierung demokratischer Gesellschaften. Ein planmäßiger Wahnsinn überzieht das Land. Er zeigt sich in inflationär gebrauchten Euphemismen und Hassrede, als Denunziation und in einem bis ins Subtilste durchdachten Strafregime. Und es ist ein Wahnsinn mit Geschichte. Denn die Gewalt, die die russische Gesellschaft unerbittlich im Griff hat, ist eine Fortführung der paranoiden Suche nach Feinden, der nächtlichen Verhaftungen, Durchsuchungen und Folterungen sowie der Gulags aus dem Sowjetregime - in grellem, neuem Gewand und verschmolzen mit dem Gangstertum der Neunzigerjahre.
In ihrem einzigartigen Ton, der so präzise wie ironisch ist, zeigt Irina Rastorgueva in einer Montage aus Zeitungsfundstücken und unabhängigen Berichten, aus der eigenen Erfahrung genauso wie aus der Analyse kremlkritischer und russlandtreuer Autoren das Wirken der russischen Selbstvergiftung.
Alle Nominierungen in der Kategorie Sachbuch
Gewinner in der Kategorie Übersetzung: Thomas Weiler

Hier kommen Augenzeugen zu Wort, die die Massaker in den belarussischen »Feuerdörfern« während des Zweiten Weltkriegs überlebt haben. Ales Adamowitsch, Janka Bryl und Uladsimir Kalesnik haben sie im ganzen Land ausfindig gemacht und ihre Erinnerungen auf Tonband festgehalten. Behutsam gerahmt und zu Kapiteln geordnet, entsteht aus ihren Stimmen eine verdichtete Erzählung in chorischer Vielstimmigkeit, die über eine Collage weit hinausgeht. Erstmals werden damit die unvergleichlichen Gräuel der Wehrmacht in Belarus in vollem Ausmaß anerkannt und das menschliche Leid festgehalten, zugleich der Weg geebnet für so etwas wie einen Neuanfang, für eine Zukunft. Ein Buch, das vor dem Hintergrund aktueller Kriege und antidemokratischer Entwicklungen erschreckend aktuell ist und einen »blinden Fleck« der deutschen Geschichte beleuchtet.
»Eines Tages fiel mir das Buch 'Feuerdörfer' in die Hand. Eine solche Erschütterung hatte ich nur einmal bei der Lektüre von Dostojewski erlebt. Die Erzählung setzt sich zusammen aus Stimmen des Lebens, aus dem, was ich in meiner Kindheit gehört habe, was heute auf der Straße gesagt wird, zu Hause, im Café, im Bus. Ales Adamowitsch wurde mein Lehrer . . . « SWETLANA ALEXIJEWITSCH, TRÄGERIN DES LITERATURNOBELPREISES
»Ein Meilenstein in der literarisch-dokumentarischen Behandlung der Traumata aus dem Zweiten Weltkrieg. « NINA WELLER, LEIBNIZ-ZENTRUM FÜR LITERATUR- UND KULTURFORSCHUNG