"Die Reichen meinen, sie könnten alles kaufen, sogar uns.""Glücklich sind diejenigen, die alt werden in der Überzeugung, dass sie Kontrolle über ihr Leben haben, aber auch sie werden eines Tages erkennen, dass alles ungewiss ist und man irgendwann für immer verschwindet. Wir sind nur Staubkörner in dieser Welt, leuchten einmal kurz in der Sonne auf, und dann verschwinden wir im Nichts. Du musst lernen, deinen Frieden damit zu machen."....aus dem Nachwort der Autorin: "...angeblich verschwinden in Indien jeden Tag etwa 180 Kinder. Normalerweise erfährt man in den Nachrichten nur dann davon, wenn die Kidnapper gefasst oder besonders grausige Einzelheiten der Verbrechen bekannt werden." ..."wie lebt man mit täglicher Ungewissheit? Wie schöpft man Hoffnung, wenn einem erklärt wird, dass es keine gibt?"Das indische "Emil und die Detektive", nach einer wahren Geschichte,heißt es - ich würde es nicht so bezeichnen, da es dafür zu realistisch ist, aber nichtsdestotrotz weht ein Hauch Kästner durch das Buch, gepaart mit ganz viel buntem Indien, aber auch mit der Gewalt und der Armut, die dort herrschen. Und vor allen Dingen konnte es mich mindestens genauso begeistern, denn ich habe es durchweg sehr gerne gelesen, bei aller Brutalität der Tatsachen.Die Autorin nimmt hier sehr geschickt die Perspektive von drei Kindern ein, wodurch die Geschichte eine Leichtigkeit erhält, die die allgegenwärtige Armut ertragbar macht. Die Kinder Jai, Pari und Faiz, die in einem städtischen Slum leben, und sich, angeregt durchs Fernsehen, als Detektive auf die Suche nach vermissten Klassenkameraden machen, erleichtern durch ihren unschuldigen Blick auf die Dinge dem Leser die Akzeptanz eines Daseins, das ähnlich wie in dem Film Slumdog Millionärs dargestellt, aber eben in keinster Weise romantisiert oder verkitscht wird.Wie die Autorin im Nachwort erklärt, ging es ihr vor allem darum zu ergründen, wie sich Menschen in völlig aussichtslosen, ungerechten Verhältnissen zurechtfinden und trotzdem sogar Lebensfreude bewahren, und wie gleichzeitig aber alleine die Armut immer wieder auch Gewalt gebiert. Das ist ihr gut gelungen, und so ist es Buch weniger ein Kriminalroman, als vielmehr eine großartige Reflexion über die tägliche Gewalt in Indien, dabei aber auch eine eindrucksvolle Geschichte, die zwischen Magie und trauriger Realität - wie Polizeikorruption, religiöse Konflikte/Unterdrückung & Armut und das Leben in einem Slum - schwankt. Es gibt auch noch ein weiteres schreckliches Thema, das ich hier aber nicht verrate, weil es ein Spoiler wäre.Der Schreibstil von Anappara ist fesselnd und sprachlich humorvoll-leicht, und sie schafft es, eine dichte Atmosphäre zu erschaffen, die den Leser sowohl in die indische Kultur als auch in die dunklen Aspekte der indischen Gesellschaft, die harten Gegensätze, eintauchen lässt. Besonders bemerkenswert ist die Art und Weise, wie die Autorin das mystische Element des "Bhoot-Basar" - übersetzt der "Markt der Geister" - und eine Welt der Dschinns einfließen lässt, was der Geschichte eine besondere, beinahe phantastische Dimension verleiht.Was die Bewertung mit 4 statt 5 Sternen angeht, ist das lediglich der Tatsache geschuldet, dass es ein paar wenige Längen gibt, die Konstruktion der Geschichte, insbesondere mit dem Ende etwas unausbalanciert daherkommt - der eigentlichen Lösung wird zu wenig Zeit gewidmet und das wichtige Thema des Endes kommt etwas abrupt. Das darauf weniger eingegangen wird, als am Anfang auf diverse Themen, fand ich etwas schade.Dennoch bleibt das Buch insgesamt sehr empfehlenswert, besonders für jene, die sich für soziale Themen und ein Indien jenseits touristischer Prospekte interessieren.Fazit"Die Detektive vom Bhoot-Basar" ist eine außergewöhnliche Geschichte mit Tiefgang, die die Leichtigkeit von Kästners Detektiven, ein bisschen magischen Realismus & viel Indienatmosphäre mit einer fesselnden Reflektion zu Ungerechtigkeit und Armut in unserer Welt verbindet, ohne die Romantisierung eines Films wie Slumdog millionaires oder gar der Bollywoodstreifen. Ein rundum sehr lesenswertes Buch.