Die Anatomie einer neuen Zeit, Historischer Roman von Leon Morell, Ebook von dtv
Der Medicus von Padua und was ihm die Toten erzählten.
Verena von Pfäffikon soll als Hexe verbrannt werden, die Heilkundige kann durch glückliche Umstände entkommen und flieht verkleidet als Mann nach Padua, dort gibt sie sich als Johann Lederer aus. Mit einer Gruppe von Studenten gelangt sie ins anatomische Theater wo der berühmte Anatom Vesalius eine Obduktion durchführt. Noch während der Vorlesung wird Vesal zu einem sterbenden Studenten gerufen, Verena und Vesalius erkennen, dass es sich um einen Giftmord handelt. Nach der gemeinsamen Obduktion nimmt Vesal sie unter seine Fittiche, gemeinsam suchen sie den Giftmörder und geraten dabei selbst in Gefahr.
Der Roman besteht aus 70 Kapiteln, die Geschichte ist aus der Sicht Verenas geschrieben, zu jeder Zeit ist der Leser somit in der Lage, das Geschehen aus erster Hand zu erfahren. Ergreifende Szenen, über die Gefahren, die den Charakteren begegnen. Lehrreiche Auftritte, die das Genie Vesalius aufzeigen und aufregende Ermittlungsarbeit der Beiden, haben mich nur so durch das Buch fliegen lassen. Schlagfertige Dialoge, beleben die Erzählung. Medizinische Begriffe, lateinische und italienische Phrasen sind kursiv deutlich hervorgehoben.
Das Buch hat mich auf das Leben und das Wirken von Andreas Vesalius aufmerksam gemacht, somit veranlasst, mich etwas über den flämischen Chirurgen und Anatom kundig zu machen. Er gilt als Begründer der neuzeitlichen Anatomie und des morphologischen Denkens in der Medizin. Die Entstehung seines Lebenswerks, Sieben Bücher vom Bau des menschlichen Körpers kommt im Roman zur Sprache auch, die endotracheale Beatmung ist auf ihn zurückzuführen. All dies ist im Buch beschrieben, wer sich für Medizingeschichte interessiert, wird hier gut informiert. Eine gründliche Recherche des Autors liegt nahe. Fiktion und Realität haben sich hier sehr gut zum Gesamtwerk verbunden.
Das Buch hätte für mich mehr Seiten haben dürfen, vermutlich werde ich mich über Vesalius noch ein wenig weiter informieren. Alle anderen Charaktere sind verhalten beschrieben, gerne hätte ich über Najat mehr erfahren. Sie blieb für mich bis zuletzt fremd. Wie es in Verenas Leben weitergeht, hätte ich auch gerne gewusst. Mir kommt es vor, als ob im Buch einige Kapitel fehlen, ein abruptes Ende hat mich ratlos zurückgelassen.
Trotzdem hat mir der Roman gefallen, hat mich gut unterhalten, meine Neugierde geweckt. Das Setting war gut beschrieben, ich hatte das Gefühl mit den Figuren durch Padua zu gehen. Auch das Studiolo des Gelehrten war sehr bildhaft beschrieben. Insgesamt wurde hier ein klares Bild der Renaissance geschaffen, das war mir bei der Lektüre zu jeder Zeit bewusst.
Ein lehrreiches Buch welches mich gut unterhalten hat, ein wenig mehr Erläuterndes über die Figuren, hätte ich mir gewünscht. Eine Leseempfehlung und dazu 4 Sterne.