Terroristische Aktivitäten mit ein bisschen zeitlichem Abstand betrachtet
Ein Wochenende - von Freitag bis Sonntag - auf dem schlossähnlichen, aber verfallenem Anwesen der Schwester eines ehemaligen Terroristen und vierfachen Mörders Jörg, der nach über 20 Jahren Haft vom Bundespräsidenten begnadigt wird. Sie lädt Freunde und alte Weggefährten ein, aber auch ungeladene Gäste gesellen sich zur Runde dazu. Die alten Verbindungen sollen für Jörg nutzbar gemacht werden, ohne die alten Zeiten nochmals aufleben lassen zu müssen. Und tatsächlich haben sich die meisten der Anwesenden bereits schon lange in ihrem unrevolutionären Leben z. B. als Journalist oder Rechtsanwalt eingerichtet. Doch auch Jörg ist nicht stehen geblieben, hatte aber in Haft nicht dermaßen Entfaltungsmöglichkeiten. Ganz nebenbei werden in diesen drei Tagen durchaus auch alte und neue emotionale und körperliche Bande geknüpft.Als unerwartet der, den meisten unbekannte Sohn von Jörg auftaucht und seine Anklagepunkte gegen seinen Vater vorbringt, stellt sich berechtigt die Frage, welche wichtigen Aspekte des Lebens für die ¿große Sache¿ völlig vernachlässigt wurden und ob sich die Opfer tatsächlich gelohnt haben.Ja, das Buch wirft die Frage auf: Was hat das Ganze gebracht? Gibt es Reue? Geht der Kampf gar weiter?Mein drittes Buch von Bernhard Schlink, nach ¿Selbs Justiz¿ und ¿Der Vorleser¿ und so ganz anders als die anderen. Nun ja, mäßig spannend, sicherlich nicht komisch und irgendwie etwas zäh. Kann man schon mal lesen, vielleicht auch gerade dann, wenn man die RAF-Zeit noch bewusst miterlebt hat. Es gibt durchaus Anlehnungen an reale historische Bezüge und auch der 11.09.01 spielt eine Rolle. Vielleicht ein bisschen viel Verquickungen.Eine der teilnehmenden Frauen schreibt über ihrer verstorbenen Mann, der Selbstmord begangen hat; aber sie spinnt eine ganz andere fiktive Geschichte weiter, revolutionär und wild. Aha.