Unglaublich gutes Buch!
"Ivy spürt einen Schauder durch das Theater gehen - der winzige Laut ist die reine Hoffnung, eine Erleichterung.Win!Winnie lächelt.Oh, dies ist ein glücklicher Tag." (S.251)Was für eine Überraschung. Dieses Buch war ein Coverkauf und ich hätte nicht gedacht, dass es mich so mitreist. Angezogen von den Farben und dem Titel, ich meine DIE Feuer sagt schon einges aus, habe ich zum Buch gegriffen. Drei Frauen, die in einem Theater sitzen, während draußen Buschfeuer wüten, klingt schon spannend. Doch dass es so spannend wird, dass ich es kaum aus der Hand legen konnte und nur so durch die Seiten geflogen bin, hätte ich nicht erwartet. Ich wurde gleich ins Geschehen geschmissen, erlebe, wie Margot etwas spät dran ist, sich durch die Reihen des Theaters schiebt und neben einem jungen Mann Platz nimmt. Sie ist Literaturprofessorin, kurz vor dem Ende ihrer Karriere und etwas reserviert. Summer, Platzanweiserin im Theater hat den Anfang des Stückes wieder verpasst, da sie heute für die Tür zuständig ist und wegen der Hitze viele Nachzügler gab. Sie ist eine junge Schauspielstudentin, arbeitet nebenher im Theater, hat Angststörungen und macht sich Sorgen um ihre Freundin April, die da draußen zu nah an den Feuern ist. Ivy ist eine wohlhabende Frau, Kunstmäzenin, junge Mutter und eine ehemalige Studentin von Margot. Sie ist Beckett-Fan, hat vom Theater zwei Freikarten geschenkt bekommen und sitzt nun mit ihrer besten Freundin Hilary im Theater. Alle drei Frauen fand ich unglaublich interessant und authentisch. Dadurch, dass mit jedem Kapitel eine neue Perspektive erzählt wurde, bin ich voller Spannung von einem Kapitel zum nächsten geflogen. Immer wieder lesen wir Bruchstücke vom Theater, welche dann dazu führen, dass die Gedanken der drei Frauen ins Laufen gebracht werden. Dadurch erfahre ich, dass Margot zwar kühl wirkt, aber das Innenleben voller ambivalenter Gefühle ist. Die Mutterschaft, die wachsende Distanz zum Sohn, das Leben mit einem dementen Ehemann, die Erlebnisse in der Kindheit, eine Karriere, die sie nicht beenden möchte. Summer, die innerlich unglaublich schwer zu kämpfen hat, der Klimawandel, verbunden mit dem schlechten Gewissen, selbst nicht genug zu tun, Diskriminierung, ohne genau zu wissen, wer ihr Vater ist und woher sie stammt, Panik- und Angststörungen, die ein Genießen des Lebens kaum möglich machen, Konzertbesuche immer verbunden mit Terror im Kopf. Und Ivy, die unerwartet zu viel Geld kam, große Schicksalsschläge hinter sich hat und nach außen trotzdem eine unglaubliche Ruhe ausstrahlt. Alle drei Frauen hatten Unebenheiten und Schönheiten. Ich hab das Innenleben der Frauen intensiv miterlebt und trotz der vielen Themen nicht als überladen empfunden. Ich hatte selbst das Gefühl, in einem Theater zu sitzen. Unglaublich überrascht hat mich die Pause, die sich voller Leben gefüllt hatte. Vorher habe ich eher leise die Gedanken beobachtet, in der Pause ein Gewusel gefühlt und am Ende wäre ich so gern aufgestanden und hätte applaudiert. Von mir eine klare Leseempfehlung.