Bad Regina - eine Geisterstadt mitten in den österreichischen Alpen. Einst ein glamouröser Touristenort, liegt das Dorf nun in Ruinen und die Bewohner sehen sich selbst beim Verschwinden zu. 46 Einwohner gibt es nur noch - und wer noch ein Haus zu verkaufen hat, der wird es früher oder später auch tun. Denn ein chinesischstämmiger Immobilienunternehmer namens Chen hat bereits das halbe Dorf aufgekauft und jeder wird früher oder später ein Angebot von ihm bekommen. Einzig Othmar möchte das verhindern und versucht die restlichen Dorfbewohner für seinen Plan zu begeistern. Das ist gar nicht so einfach, denn Othmar ist - passend zur trostlosen Kulisse - auch nicht in bester Form. Einst war er der Betreiber des berühmtesten Partyklubs der Alpen - dem "Kraken". Doch das ist alles lange her. Jetzt plagt ihn die Gicht, er ist dem Alkohol verfallen und lebt von der Invalidenrente des ehemaligen Star-DJs Alpha, der im Kraken aufgelegt hat und verunglückte, als er mit Othmar bekifft Ski gefahren ist. Seitdem lebt er in Othmars Wohnung und döst im Wachkoma im Rollstuhl dahin.David Schalko hat mit "Bad Regina" eine Persiflage auf den Ausverkauf österreichischer Kurorte und vor allem auf den Kurort Bad Gastein geschaffen. Auch Bad Gastein war ein hübsches Alpendorf, das in den 60er- und 70-er Jahren vom Jetset belagert wurde - bis diese ab den 1980er lieber woanders hinfuhren. Ab da ging es bergab mit Bad Gastein - bis es sich heute dank Hotelinvestoren aus Berlin zum Hippster-Treffpunkt gemausert hat. In Bad Regina hat es allerdings mit dem Neustart nicht so geklappt.Wie schon in seinem Fernsehserienhit "Braunschlag" bewiesen, ist es Schalkos Stärke, im Dreck zu wühlen und das Hässliche und Verdorbene der Menschen zum Vorschein zu bringen. Versiffte Kulissen und desolate Protagonisten verstärken dies. So gibt es in Bad Regina zum Beispiel den schönen Pfarrer Helge, der ein Mörder ist und im Knast war. Die Lehrerin Grün hat sich von einem Schüler schwängern lassen und der Zahnarzt zieht auch gesunde Zähne, um über die Runden zu kommen. Bürgermeister Heimo Zesch kommt aus einer Nazifamilie und auch ihm steckt das Nazitum im Blut.Schalko ist ein starker Satiriker - der dialogische Witz, auch die Kuriositäten, die er sich einfallen lässt, und der trockene Erzählton sind große Kunst. Allerdings wird der Roman nach 100 Seiten dann doch ein bisschen zäh und nervig - zu viele Personen und deren Geschichten kommen darin vor, zu viele Rückblicke, Wendungen und Merkwürdigkeiten gibt es. Trotzdem gibt es kaum Figurenentwicklungen oder Innenansichten. Dazu hat man das Gefühl, dem Ziel mit keiner Seite näher zu kommen. Die zweite Hälfte es Romans war für mich tatsächlich recht mühsam zu lesen, trotz der immer wieder grandiosen Dialoge und Szenen.