»Der kleine Johnson 2024« ist auch in seinem 47. Erscheinungsjahr unübertroffen als umfassender, topaktueller Wegweiser durch die Weinwelt und das unerlässliche Handbuch für alle, die Wein kaufen ob in der Weinhandlung, im Restaurant oder online, ob Kenner oder Einsteiger.
Der Wein-Ratgeber liefert klare Fakten und prägnante Stellungnahmen zu Weinen, Winzern und Anbauregionen aus aller Welt. Er verrät die besten Jahrgänge, die interessantesten Winzer, welche Weine man gleich trinken und welche man einlagern sollte. Dazu erklärt er die wichtigsten Begriffe der Weinwelt für Anfänger und informiert kurz und bündig über Rebsorten, regionale Spezialitäten und das perfekte Pairing der Weine zum Essen.
Spezial-Farbbeilage der Johnson Ausgabe 2024: Alles über Chardonnay, die gefälligste Traube der Welt Geschichte, Geschmack, Textur, Trends und die Rolle von Barrique-Fässern.
Besprechung vom 23.02.2025
Welches Weinbuch ist das richtige für mich?
Einige Klassiker sind neu aufgelegt worden. Was können die Bände, und worin unterscheiden sie sich?
Von Gerald Franz
"Der Kleine Johnson" 2025
(22,99 Euro)
Inhalt Für jeden, der schnell ein paar Informationen zu einem Begriff, einem Weingut, einem Ort nachschlagen möchte: Die alphabetische Sortierung macht's möglich. Darüber hinaus gibt es kleine Kapitel etwa zu Rebsorten, Wein und Speisen, Übersichten zu Trinktemperaturen oder Jahrgangstabellen. Dazu eingestreute Fun Facts und jedes Jahr die Topwein-Funde der Herausgeberin Margaret Rand sowie ein Spezial, diesmal: Pinot Noir. Vereinzelt konkrete Weintipps, meist aber ohne Jahrgangsangabe.
Praxis Sportlich zwar, den 456 Seiten starken und ein Pfund schweren "Weinführer" als Taschenbuch zu bezeichnen, doch auf jeden Fall fällt er handlich genug aus für ein schnelles Nachschlagen. Dass durch die alphabetische Sortierung manchmal Zusammenhängendes auseinandergerissen wird, liegt in der Natur der Sache. Mit der roten Einfärbung der Länderkapitel am Buchschnitt findet man zumindest die großen Blöcke zügig. Für Belgien, Bosnien oder die Ukraine ist ein Blick ins Inhaltsverzeichnis nötig. Um Platz zu sparen, wird viel mit Abkürzungen gearbeitet, die sich nur teilweise intuitiv erschließen lassen und auf einer ganzen Seite erklärt werden müssen.
Kritik "Die Châteaux von Bordeaux" fallen aus dem System heraus und bekommen ein eigenes Kapitel, dazugehörige Jahrgangsbewertungen oder berühmte Weinorte im Bordelais muss man aber wieder unter Frankreich suchen. Die Abkürzungen sind ohnehin anstrengend, die plötzlich im Kapitel Griechenland mehrfach auftauchende Kurzform POP wird nirgendwo erklärt. Wer sich nicht etwas auskennt, wird daher Naoussa womöglich für ein Weingut halten, das "atemberaubenden Xinomavro" - eine tanninbetonte Rotweinsorte - hervorbringt. Es ist aber ein Anbaugebiet.
Fehler Die weinrechtlichen Ausführungen sind besser geworden, aber es bleibt noch Arbeit. So heißt es etwa zum Qualitätswein, dies sei ein "Wein, dem vor der Gärung Zucker zugesetzt wurde, um ihn kräftiger zu machen". Dieses beileibe nicht immer angewendete Verfahren zum Charakteristikum zu erklären, wirkt schon ziemlich abenteuerlich. Auch "ersetzt" Wein mit geschützter Ursprungsbezeichnung nicht den Qualitätswein, vielmehr erfüllen sowohl Qualitäts- als auch Prädikatsweine die Voraussetzungen für diesen EU-rechtlichen Begriff. Zur Amtlichen Prüfnummer heißt es: "Muss auf jedem Etikett eines Qualitätsweins abgedruckt sein." Was es damit auf sich hat, nämlich den Bestehensnachweis der dreiteiligen staatlichen Prüfung, wird aber nicht erklärt. Stattdessen folgt ein Zusatz, der einen ratlos zurücklässt: "Besonders nützlich zur Unterscheidung von Auslesen aus verschiedenen Parzellen desselben Weinbergs."
Fazit Der gar nicht so "Kleine Johnson" eignet sich für Menschen, die sich nicht breit ins Thema Wein einlesen, sondern kurz mal etwas nachschlagen wollen. Dafür ist es grundsätzlich nicht nötig, zu wissen, ob Sauternes ein Winzer, eine Rebsorte oder eine Ursprungsbezeichnung ist, weil die Einträge alphabetisch geordnet sind. Nur dass man den Begriff im Kapitel Frankreich suchen muss, sollte einem klar sein. Durch die jährliche Überarbeitung kann man relativ sicher sein, keinen veralteten Informationen aufzusitzen.
"Vinum Weinguide" Deutschland 2025
(35 Euro)
Inhalt Wer wissen will, was aktuelle deutsche Weine im Einzelnen können, wird beim "Vinum Weinguide" fündig. Bei Weißweinen ist das in der Regel der Jahrgang 2023, bei Roten 2022. Bewertet wird anhand des beliebten 100-Punkte-Schemas, die geringste verwendete Wertung beträgt 82 Punkte. Neben dem Bewertungsteil bietet der Weinguide etwas Drumherum, unter anderem die sicherlich beliebten Bestenlisten. Dort finden sich nicht nur superteure Edeltropfen, sondern sogar "die besten Literweine".
Praxis Sortiert wird in Anbaugebiete und alphabetisch. Auf komplizierte Abkürzungen wird verzichtet, die Verkostungslisten sind durch eingängige Farben in Sekt, Weißwein, Rotwein und Rosé untergliedert. Mit dem Kauf bekommt man auch Zugang zur Vinum-App. So kann man den backsteinschweren Band getrost zu Hause lassen und verfügt außerdem über gezielte Suchmöglichkeiten, etwa nach allen Weingütern mit der gleichen Postleitzahl.
Kritik Dass bei 976 Weingütern und Genossenschaften und etwa zehnmal so vielen Weinen Platz rar und die Seiten dicht bedruckt sind, dürfte klar sein. Spätestens bei den Beschriftungen einer Karte zur "Gastregion" Südtirol stoßen die Augen aber mindestens an Grenzen. Nicht klar wird, warum manche guten Weingüter fehlen, zum Beispiel Eisele aus Württemberg oder Dupont de Ligonnès aus Sachsen.
Fehler Ein jährlich erscheinender Weinführer, bei dem "über 14.000 Weine von mehr als 1.000 Winzern" verkostet werden, bedeutet mit Sicherheit viel Arbeit und entsprechenden Zeitdruck. Insofern muss man wohl gelassen über einige Tippfehler hinwegschauen. Hoffentlich tun dies auch zwei Weingüter, bei denen einmal neun und einmal sechs Punkte für einen Wein vergeben wurden.
Fazit Wer wissen will, wie sich ein Großteil der beachtenswerten Weine aus dem aktuellen Jahrgang darstellt, kommt am "Vinum Weinguide" nicht vorbei. Klar bekommt man bei vielen Weinen nicht viel mehr als Bewertungspunktzahl und Preis. Aber die einführenden Worte zu Weingut und Kollektion bilden einen hilfreichen Kontext. Und wer nicht nachschlagen, sondern sich inspirieren lassen will, bekommt viele Vorschläge in den Bestenlisten aus verschiedensten Kategorien.
Jens Priewe: "Wein - Die große Schule"
(39 Euro)
Inhalt Für diejenigen, die sich ein umfassendes Bild machen möchten, bietet "Wein - Die große Schule" Überblicksdarstellungen zu Herstellung, kultureller Praxis, Anbaugebieten sowie etwas Geschichte. Im Coffeetable-Format wird meist ein Aspekt pro aufwendig gestalteter Doppelseite abgehandelt - in einer Mischung aus Textspalten, schönen sowie informativen Fotos, aufbereiteten Karten und Infoboxen. Hier geht es weniger um einzelne Güter oder namentlich genannte Weine, sondern im Wortsinne um die Weinwelt.
Praxis Der nach sieben Jahren rundumerneuerte Band sieht gut aus und verzichtet praktischerweise auf den losen Papierumschlag. Format und Gewicht fordern ein bewusstes Lesen im Sitzen, aber zum kurzen Nachschlagen ist dieses Werk auch nicht gemacht. Trotz grundsätzlich sechs Spalten pro Doppelseite und überschaubarer Schriftgröße findet man überwiegend eine gut lesbare Serifenschrift vor, von den sehr klein gedruckten Infokästen abgesehen. Zum entspannten Blättern auf der Couch laden die vielen ansprechenden Abbildungen ein, die dann wiederum Lust auf weiterführende Erklärungen machen.
Kritik Ab und an wird es dem Leser schwerer gemacht als nötig. Etwa wenn im Infokasten zum Libanon als rote Rebsorte Mazuelo steht, während im Text vom synonymen Carignan die Rede ist. Oder wenn bei den USA als viertwichtigste rote Sorte Tribidrag angegeben wird statt des landestypischen Synonyms Zinfandel. Gelegentlich vergisst der Autor auch, was über das Allgemeinwissen hinausgeht, etwa ein Fachbegriff wie die Maische. Oder man kommt nicht dahinter, warum genau 7,90 Euro definiert werden als Untergrenze für "Weine, die ein Minimum an Qualität aufweisen".
Fehler Viele Unstimmigkeiten gibt es bei Text-Bild-Bezügen, manchmal auch einfach falsche oder irreführende Angaben bei Infokästen und -grafiken. So heißt es einmal "Selbsterklärung im Absatztank" statt "Selbstklärung im Absetztank"; die 85-Prozent-Verschnittregel beim "Weinland Chile" beißt sich mit Beimischungen von 25 Prozent; eine Karte des Anbaugebiets Baden tut so, als sei die Hessische Bergstraße ein Teil davon. Dazu kommen einige überholte Dinge wie die längst verbotenen Bleikapseln, die Bezeichnung Diabetikerwein oder die in Rioja Oriental umbenannte Unterregion Rioja Baja.
Fazit Opulenter Band, der neben einer breiten Überblicksdarstellung mit sich verändernden Weintrends mitzuhalten versucht, etwa indem das Thema Rosé vertieft oder alkoholfreier Wein kritisch betrachtet wird. Abgerundet durch praktische Aspekte wie verschiedene Korkenzieher oder Kurzweiliges wie sogenannte Icon-Weine. Sowohl zum konzentrierten Lesen als auch zum genussvollen Blättern geeignet. Trotz vorhandener Ungereimtheiten gelungene Überblicksdarstellung.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.Es wurden noch keine Bewertungen abgegeben. Schreiben Sie die erste Bewertung zu "Der kleine Johnson 2024" und helfen Sie damit anderen bei der Kaufentscheidung.