Amalia Fink, emeritierte Professorin der Zoologie mit Fachgebiet Ornithologie, plant ein Sachbuch über die Vogelwelt Teneriffas zu schreiben. Dazu gönnt sie sich zusammen mit ihrer besten Freundin Lydia, der Philosophin, eine erholsame Auszeit auf der Insel. Bei einem Ausflug in das Küstenstädtchen Puerto Santiago treffen sie eine ehemalige Studentin Amalias, die inzwischen Gesang studiert. Was macht Katie während des Semesters hier? Das Rotkehlchen, wie die Professorin sie insgeheim nennt, denn sie gibt allen ihren Bekannten Vogelnamen, erzählt, dass sie sich unsterblich in einen, leider verheirateten, Tinerfeño verliebt hat und ihm auf die Insel gefolgt ist. Die drei Frauen verabreden sich für den nächsten Tag, aber die Studentin erscheint nicht. Nach 24 Stunden hat sich die sonst zuverlässige Katie noch immer nicht gemeldet und die besorgte Amalia geht zur Polizei.
Dieses Mal hat die Autorin Ingrid Walther die Provence gegen Teneriffa getauscht. Ich war sehr gespannt auf ihren ersten Kanarenkrimi.
Obwohl der zuständige Kommissar Martínez einen guten Eindruck hinterlässt, beschließen die beiden Salzburgerinnen das Rotkehlchen selbst zu suchen. Schnell identifizieren sie Katies mysteriösen Liebhaber als Héctor Guarnido, einen zwielichtigen Unternehmer. Als sie bei ihrer Suche zuerst auf den rätselhaften Todessturz eines deutschen Touristen stoßen und dann die Leiche der bekannten Abgeordneten Margarita Sánchez Jiménez finden, kommt Bewegung in den Fall. Zunächst wird ihr Chauffeur Jesús bedroht, dann gerät auch Amalia in Gefahr.
Ingrid Walther schreibt gewohnt locker und bildhaft. Sie beschreibt die unbekannteren Seiten und die raue Natur Teneriffas so anschaulich, dass sofort Reiselust aufkommt. Von der bedrohten Lorbeertaube bspw. hatte ich vorher noch nie gehört. Ich hoffe sehr, dass sie jedem skrupellosen "Feinschmecker" oder Jäger im Hals steckenbleibt.
Der Kriminalfall entwickelt sich rasch, sodass sich bald Spannung aufbaut, die bis zum Schluss anhält. Da zwischendurch aus der Perspektive Katies, statt aus der Sicht Amalias erzählt wird, behält der Leser stets den Überblick über die Geschehnisse.
Die Charaktere sind glaubwürdig, allen voran die sympathische Vogelkundlern Amalia, taff, klug, attraktiv und fürsorglich. Ihre liebenswerte Marotte finde ich amüsant. Mir leuchtet ein, dass sie sich Vogelnamen einfach besser merken kann. Ihr Beruf, der genaues Beobachten ihrer gefiederten Studienobjekte verlangt, hat ihren Blick für Details geschärft. Amalias beste Freundin Lydia besticht mit ihrer Lebensweisheit, sie ist bodenständig, humorvoll, klug und tiefgründig. Auch die übrigen Protagonisten konnten mich überzeugen.
Ingrid Walthers Kanarenkrimi lädt zum Miträtseln ein. Mir gefällt, dass der Lesende stets alle Fakten erhält, die auch den Hobbydetektivinnen bekannt sind. Im letzten Viertel des Buchs erhält Amalia einen wichtigen Hinweis, der uns beide auf die richtige Spur gebracht hat. Der Fall wird aufgelöst und hat mich bestens unterhalten. Im Lauf ihrer Ermittlung bahnt sich für Amalia nebenbei eine vielversprechende Romanze an, die sich gut in die Geschichte einfügt.
Ein kurzes Glossar der verwendeten fremdsprachlichen Ausdrücke am Buchende rundet den Krimi ab.
Da mir die Geschichte gut gefallen hat und ich gespannt bin, wie es mit Amalia und Maurizio weiter geht, hoffe ich auf eine baldige Fortsetzung der neuen Krimi-Reihe. Vielleicht gelingt es Ingrid Walther am Ende sogar, eine Vogelbeobachterin aus mir zu machen. Darauf einen Barraquito!
Ich vergebe 4,5 von 5 Sternen und eine Leseempfehlung an alle Krimifans.