Mareike Fallwickls "Die Wut, die bleibt" ist ein schonungsloser und intensiver Roman, der sich mit der Macht weiblicher Wut und der gesellschaftlichen Ungerechtigkeiten auseinandersetzt. Im Mittelpunkt der Geschichte steht der Suizid der Mutter, der das Leben ihrer Familie und Freundinnen nachhaltig erschüttert. Während die Hinterbliebenen in einem Netz aus Trauer, Ohnmacht und aufgestauter Wut gefangen sind, beginnt eine tiefgehende Auseinandersetzung mit den Rollen, die Frauen in unserer Gesellschaft auferlegt werden.Fallwickl trifft bereits zu Beginn des Romas mit der drastischen und schockierenden Schilderung des Suizids der Mutter einen emotionalen Nerv. Die Wucht dieses Ereignisses zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, und die Figuren müssen nicht nur mit dem Verlust umgehen, sondern sich auch mit den zugrunde liegenden Problemen unserer patriarchalen Gesellschaft konfrontieren. Besonders eindrucksvoll ist die Art und Weise, wie Fallwickl die unterschiedlichen Facetten der Trauer und der weiblichen Ohnmacht auslotet, und dabei keine Seite auslässt: von der lähmenden Hilflosigkeit bis zur zerstörerischen Wut.Die Tochter, eine der zentralen Figuren, steht beispielhaft für die junge Generation, die sich nicht länger den tradionellen Mustern beugen will. Sie hinterfragt, sie diskutiert, sie reflektiert und schließlich formt sie eine Gang, die auf Rache aus ist. Diese Entwicklung ist kontrovers: Während ihre politische und gesellschaftliche Bewusstheit beeindruckt, könnte man ihre Radikalisierung und die gewaltsame Vergeltung als extreme Reaktion betrachten, die nicht für alle Leser stimmig ist. Doch diese Eskalation steht symbolisch für die Frustration, die entsteht, wenn Wut lange genug unterdrückt wird. Fallwickl wirft damit eine provokante Frage auf: Welche Optionen bleiben, wenn der Versuch, auf friedliche Weise Gerechtigkeit zu erlangen, ungehört verhallt?Der Roman lässt keinen einfachen Ausweg oder klare Antworten zu. Er zeigt die Komplexität der Emotionen und die Zerrissenheit seiner Figuren, die nach einem Weg suchen, ihre Wut in einer Welt zu kanalisieren, die sie oft ignoriert. Fallwickls Erzählweise ist dabei dicht, kraftvoll und poetisch - sie lässt die Leser die Ohnmacht und Wut der Figuren hautnah miterleben. Es ist ein Buch, das schmerut, provoziert und nachdenklich macht. Es ist nicht nur eine literarische Auseinandersetzung mit Trauer und Wut, sondern ein wichtiges gesellschaftliches Statement über Ungleichheit, Ungerechtigkeit und den Umgang damit. Dabei regt es dazu an, über weibliche Wut in einer patriarchalen Gesellschaft nachzudenken.Ein Roman, der zum Diskutieren einlädt und der sich nicht davor scheut, schwierige Fragen zu stellen.