Der neue Roman von Martin Simons - über die Unfreiheit der Herkunft und eine andere Geschichte aus dem Wirtschaftswunderland Deutschland.
Die Zechensiedlung Beifang am Rande des Ruhrgebiets: Hier lebt in den Nachkriegsjahren der Hilfsarbeiter und zwölffache Vater Winfried Zimmermann ein Leben zwischen Verzweiflung, Armut und lebensbejahender Anarchie.
Als Frank, sein Enkel, Jahrzehnte später mit seinem eigenen Vatersein hadert, macht er sich auf Spurensuche. Weil sein Vater schweigt, sucht Frank den Kontakt zu seinen zahlreichen Onkeln und Tanten, die alle von der Kindheit in Armut und der Enge einer Zechenhaushälfte gezeichnet sind.
Martin Simons erzählt präzise und leicht von dem verborgenen Fortwirken eines von Mittellosigkeit, Gewalt und Stolz geprägten Milieus, das trotz aller äußeren Widrigkeiten kein Selbstmitleid kennt, und vom Vater- und Sohnsein in einer ungewöhnlichen Familie.
Die Zechensiedlung Beifang liegt am Rande des Ruhrgebietes. Sie wurde Anfang des 20. Jahrhunderts für die Bergleute der Zeche Hermann, die 1926 stillgelegt wurde, errichtet.
Schon das Cover lässt die Trostlosigkeit allzu deutlich spüren. Wer möchte hier aufwachsen, geschweige denn sein ganzes Leben verbringen!
Die Geschichte der Familie Zimmermann erzählt Frank, der nach Jahren der Sprachlosigkeit wieder auf seinen Vater trifft. Das Haus der Eltern muss ausgeräumt werden, es wird verkauft und nun kann Frank, so er Interesse hat, sich aus all den alten Sachen das für ihn Wichtige heraussuchen. Und hier entdeckt er eine rot lackierte Kiste, die einst Winfried, seinem Großvater, gehörte. Von ihm weiß er nicht viel, was er aber gerne ändern möchte. Da sein Vater wortkarg ist, begibt sich Frank auf Windfrieds Spuren. Die zwölf Zimmermann-Kinder kennt er nur teilweise, was er zu ändern gedenkt - von seinen Onkeln und Tanten erfährt er nun doch so einiges.
Der Roman erzählt vom harten Leben einer Großfamilie, das Geld ist knapp, das Überleben nicht immer einfach. Der Vater ist gezeichnet von seinen Kriegserlebnissen, der Ton ist ruppig. Schon die Kinder wissen sich zu wehren, sie sind als eher asozial verschrien. Das Leben der Zimmermanns wird in Episoden sichtbar, die Begegnungen mit den Geschwistern von Franks Vater, deren Erzählungen, fügen sich zu einem stimmigen Gesamtbild. Der Umgangston ist eher hart denn herzlich, für den Einzelnen bleibt nicht viel übrig.
Mich lässt "Beifang" zwiespältig zurück. Der nüchtern wirkende Erzählstil passt sich jedoch gut an diese Geschichte an, ich war eher distanzierter Zuschauer, keiner der Charaktere kam mir nahe. Die Umgebung rund um diese Zechensiedlung ist alles andere als einladend, man kann sich die Tristesse gut vorstellen. Ein Blick zurück in die Vergangenheit.
Von Lesemoneam 08.07.2022
Herkunft
Als Frank auf dem Speicher eine Kiste findet, die mit der Vergangenheit seiner Familie zu tun hat, beschließt er Nachforschungen anzustellen. Sein Vater ist leider sehr verschwiegen und will nicht über seine Kindheit sprechen. Daher begibt sich Frank auf die Reise zu seinen vielen Tanten und Onkeln und versucht, von ihnen Details aus dem Leben mit dem Opa zu erfahren.
Opa Winfried hat in der Zechensiedlung Beifang in einem kleinen Haus seine zwölf Kinder mehr oder weniger großgezogen. Es war Nachkriegszeit und da kann man sich vorstellen, dass dies kein Zuckerschlecken für alle war. Ich fand es sehr interessant mitzuverfolgen, wie Frank die einzelnen Eindrücke seiner Onkel und Tanten zusammengetragen hat und man sich am Ende ein gutes Bild machen konnte, was da damals los war. Jeder hat so seine Anekdoten zu erzählen. Man spürt die Verbitterung, den groben Umgang untereinander, aber auch die ganze Wut und Frustration, die sich bei den vielen Kindern angestaut hat und trotzdem haben sie einen Weg gefunden, damit umzugehen, jeder auf eine andere Art. Das Buch hat mir gut gefallen, da der Autor dieses schwierige Thema Nachkriegszeit und die vorherrschende Gewalt und Armut, welche viele bis heute nicht ansprechen wollen, auf eine Art und Weise beleuchtet, deren Verlauf man mit Spannung verfolgen kann. Ich fand das Buch sehr lesenswert, da es einen kleinen Einblick in die damalige Zeit gibt und auch zeigt, dass man am besten mehrere Ansichten anhören sollte, bevor man sich ein Bild von manchen Geschehnissen machen kann.