Die titelgebende Präsidentin, Demokratin wie Hillary Clinton, spielt als oberste Befehlshaberin eine entscheidende Rolle beim hier thematisierten Kampfeinsatz des Navy-SEALs. Trotzdem bekleidet sie im Buch keine Hauptrolle, sie ist noch nicht einmal eine wichtige Nebenfigur. Das sollte man wissen, bevor man einen Verschwörungsthriller um das höchste Amt der USA erwartet, denn bei der deutschen Titelfindung standen hier wohl die knackigen Zwei-Wort-Buchtitel von John Grishams Romanen wie "Die Jury" Pate.Doch schlechter ist Randy Singers Beitrag zum Genre dadurch kein bisschen. Obwohl er beim SEAL-Einsatz realistische Kampfszenen beschreibt und einen seiner Protagonisten deutlich später ein gefährliches Abenteuer im Nahen Osten erleben lässt, spielen die spannendsten Szenen tatsächlich im Gerichtssaal. Weder die actionreicheren Kapitel noch das schwere Schicksal der Hinterbliebenen sind so spannend wie der Schlagabtausch zwischen Anwälten, Zeugen und Richtern in zahlreichen exzellent recherchierten Kapiteln, in denen stets alles auf der Kippe steht und die Kläger jederzeit selbst angeklagt werden könnten.Singer weiß, wovon er schreibt, und wenn man ein Fan von Kollege Grisham ist, wird man an seiner Kenntnis des Justizsystems und den im Hintergrund pulsierenden, durchaus realistisch wirkenden politschen Spielchen seine Freude haben. Ganz ohne übertriebene Sensationsgier lässt er ein paar Underdogs gegen übermächtige Gegner aus den Reihen von Regierung und Geheimdienst antreten, die nicht einmal die leicht zu emotionalisierende Öffentlichkeit durchgehend auf ihrer Seite wissen können.Lediglich die recht einfach skizzierten Figuren könnte man ihm vorwerfen, die sich idealistisch in Kampfeinsätze und Gerichtsverfahren stürzen, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun, weil man das als Amerikaner eben so macht. Auch die Szenen um die familiär füreinander sorgenden Armee-Familien könnten den durchschnittlichen Europäer befremden, wo die gesamte Mannschaft im Gerichtssaal solidarisch strammsteht und der kleine Sohn eines Gefallenen am Memorial Day mit Tränen in den Augen aufspringt, um seinem toten Vater zu salutieren.Deutlich unaufdringlicher erzählt der Autor dagegen vom wiedergefundenen Glauben der Hauptfigur Paige, der sie durch ein tiefes Tal trägt, als es wirklich darauf ankommt. Ein Wundermittel ist das trotzdem nicht, weder kehrt dadurch der tote Verlobte zurück, noch wird der Prozess und der Aufbau von Paiges eigener Kanzlei einfacher. Dennoch wird so der dringend benötigte Funken Hoffnung vermittelt, der scheinbar ausweglose Situationen weniger ausweglos macht.Originaltitel: "Rule of Law"Bonusmaterial: erklärende Fußnoten