Wenn Freundschaften sich verändern, leidet das Herz genauso wie wenn eine Liebe zerbricht
Jeder hat Verständnis dafür, dass man eine schwierige Phase durchmacht, traurig ist oder am Boden zerstört, wenn Liebesbeziehungen auseinandergehen. Aber wie ist das, wenn sich die Parameter verschieben und das Leben, dass man selber führt, auf einmal nicht mehr zu der besten Freundin passt? Wer tröstet einen dann? Ich kann aus Erfahrung sagen, dass wenige Leute einem Unterstützung dabei geben. Oft wird man gebeten, den Fehler bei sich selber zu suchen oder tut es von ganz alleine. Dabei ist die Veränderung in einer Frauenfreundschaft meist viel schlimmer, "weitaus schmerzhafter und komplizierter." Einer Freundin erzählt man oft intimere Details als einem Partner. Nicht selten ist man schon von Kindesbeinen an mit ihr zusammen. Und dann will sie auf einmal nichts mehr von einem Wissen, behandelt einen eher distanzierter und wendet sich anderen Menschen zu, weil ihr Leben sich von dem eigenen auf einmal unterscheidet. Oft ist das mit Mitte 30 der Fall, wenn Familien gegründet werden. Aber ich kann Euch verraten das gibt es auch noch mit 55 und es tut genauso weh. Vielleicht hat mich deshalb dieses Buch so gefesselt. Wir haben es hier mit drei Protagonist*innen zu tun, die alle ein Freundschaftsproblem haben. Claire merkt dass sich ihre "Bitch Bubble" von ihr distanziert, seit sie im letzten Herbst dieses psychische Problem hatte. Joanne wird nicht ganz so gewollt Mutter und will gar nicht in dem ganzen Baby Thema aufgehen, merkt aber auch, dass ihre Freundinnen und der Kindsvater Bert sie in diese Rolle rein drängen. Sie gehört auf einmal nirgends mehr so richtig hin. Und Lexi, die sich mit ihrer BFF Amanda einen überdrehten, aber dennoch erfolgreichen Podcast teilt, hinterfragt auf einmal deren Art und ist sich gar nicht sicher, ob das (noch) zu ihr passt. Sophie White hat hier sehr feine Verschiebungen im sozialen Gefüge gut beobachtet. Sie geht in die Vollen, wenn sie schmerzhafte Punkte auseinander nimmt, aufrollt und sich richtig rein kniet. Dabei ist man als Leserin selber hin und hergerissen, wie man die Gedanken und Aktionen der einzelnen Protagonistinnen so findet. Im Prinzip gebe ich allen Dreien recht, wenn sie sauer sind über das was ihre weiblichen Buddies so bringen. Doch sind die Konsequenzen, die sie daraus ziehen, nicht unbedingt nachahmenswert. Viele der Themen nerven auch mich in der Realität sehr. Vorneweg der wahnsinnig teure und perfektionierte Hochzeitswahnsinn, der losgetreten wird, wenn eine Freundin mehr sich selbst als die Ehe feiern möchte. Oder die Glorifizierung von Mutterschaft, die meist darauf abzielt, sich selbst zu messen und Selbstbestätigung zu finden, - etwas, das leider noch immer viel zu häufig vorkommt. Da passt jemand, der nicht ganz so in dieser Rolle aufgeht, nicht hinein. Oder der domestizierte Hass (liebevoll Hate genannt), der Social Media zu einem wahren Spielplatz für Profilneurosen macht. Alles Themen, bei denen Claire, Joanne und Lexi an ihre Grenzen stoßen. Gut hat mir gefallen, dass alle drei in einer Liebesbeziehung stecken, diese aber nicht in den Vordergrund rücken, auch wenn die Männer maßgeblich daran beteiligt sind, den Frauen Schaden zu zufügen (bis auf Jamie vielleicht). Die Typen kommen insgesamt nicht besonders gut weg, auch wenn sie nur Bruder, Vater, oder Manager sind. Es gibt einen dramatischen Wendepunkt im Plot, der uns zeigt, dass gerade bei einer Protagonistin erhebliche Probleme sichtbarer werden. Es spitzt sich alles immer weiter zu und wird genau dann dramatisch, wenn man es am wenigsten brauchen kann.Beim Lesen bin ich oft an dem Punkt gewesen, dass ich dachte, ich weiß, wie es endet. Die Autorin hat es aber ganz geschickt geschafft, mich zu überraschen. Nichts ist, wie es scheint und vieles ist nicht so leicht aufzulösen, wie man es vielleicht in einem Roman vermutet. Nur das Ende war mir ein bisschen zu hollywoodlike.Ein tolles Buch, das Themen behandelt, mit denen wir alle konfrontiert werden und die uns zeigen dass und wo man an sich selbst arbeiten sollte. Spannend geschrieben und eine große Leseempfehlung!