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Arbeit und Struktur

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Dann Telefonat mit einem mir unbekannten, älteren Mann in Westdeutschland. Noch am Tag der Histologie war Holm abends auf einer Party mit dem Journalisten T. ins Gespräch gekommen, dessen Vater ebenfalls ein Glioblastom hat und noch immer lebt, zehn Jahre nach der OP. Wenn ich wolle, könne er mir die Nummer besorgen. Es ist vor allem dieses Gespräch mit einem Unbekannten, das mich aufrichtet. Ich erfahre: T. hat als einer der Ersten in Deutschland Temodal bekommen. Und es ist schon dreizehn Jahre her. Seitdem kein Rezidiv. Seine Ärzte rieten nach der OP, sich noch ein schönes Jahr zu machen, vielleicht eine Reise zu unternehmen, irgendwas, was er schon immer habe machen wollen, und mit niemandem zu sprechen. Er fing sofort wieder an zu arbeiten. Informierte alle Leute, dass ihm jetzt die Haare ausgingen, sich sonst aber nichts ändere und alles weiterliefe wie bisher, keine Rücksicht, bitte. Er ist Richter. Und wenn mein Entschluss, was ich machen wollte, nicht schon vorher festgestanden hätte, dann hätte er nach diesem Telefonat festgestanden: Arbeit. Arbeit und Struktur.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
06. Dezember 2013
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
448
Dateigröße
2,12 MB
Autor/Autorin
Wolfgang Herrndorf
Verlag/Hersteller
Kopierschutz
mit Wasserzeichen versehen
Family Sharing
Ja
Produktart
EBOOK
Dateiformat
EPUB
ISBN
9783644117419

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LovelyBooks-BewertungVon downey_jr am 16.11.2024
Sehr persönliches und bewegendes Tagebuch "Arbeit und Struktur" ist das als Buch veröffentlichte Blog des 2013 verstorbenen Autos Wolfgang Herrndorf, welchen er ab Beginn seiner Krebsdiagnose bis kurz vor seinem Tod führte. Solch ein Dokument zu bewerten, ist natürlich sehr schwierig, da dies ein wirklich sehr persönliches Tagebuch eines Menschen ist. Es ist andererseits aber auch großartige Literatur. Man sieht hier das Talent des Autors - und man nimmt nachträglich noch an seinem verbleibenden Leben und seinen Gedanken teil. Das war sehr bewegend zu lesen, teils sehr schmerzlich und kaum auszuhalten, aber auf jeden Fall von der ersten bis zur letzten Seite lesenswert. Ein wichtiges Zeitdokument, das ich sicher noch öfter in die Hand nehmen werde. "Ich fange an, mich vorsichtshalber auf drei Monate runterzurechnen. Könnte man leben, wenn man nur noch drei Monate hat? Nur noch einen Monat? Ich werde noch ein Buch schreiben, sage ich mir, egal wie lange ich noch habe. Wenn ich noch einen Monat habe, schreibe ich eben jeden Tag ein Kapitel. Wenn ich drei Monate habe, wird es ordentlich durchgearbeitet. Ein ein Jahr ist purer Luxus.""Und wenn mein Entschluss, was ich machen wollte, nicht schon vorher festgestanden hätte, dann hätte er nach diesem Telefonat festgestanden: Arbeit. Arbeit und Struktur. Sonderbares Gefühl, mit einem gänzlich Fremden zu telefonieren und sich darüber zu unterhalten, wie man heimlich unter der Bettdecke weint. Rufen Sie mich nächstes Jahr wieder an. Ja, mach ich.""Und immer wieder vergesse ich die Sache mit dem Tod. Man sollte meinen, man vergesse das nicht, aber ich vergesse es, wenn es mir wieder einfällt, muss ich jedes mal lachen, ein Witz, den ich mir alle zehn Minuten neu erzählen kann und dessen Pointe immer wieder überraschend ist. Denn es geht mir ja gut.""Die Krebskur nach Rudolf Breuss richtig gemacht! Wenn das Lächeln meine Seele streichelt Was ich mir wünsche ist ein Clown Ich mal mir ein Tor zum Himmel Fliege nicht eher als bis dir Federn gewachsen sindWie ein Schiff im Sturm Morgen bin ich wieder da Und trotzdem mal ich mir ein Lächeln ins GesichtArbeit und Struktur"
LovelyBooks-BewertungVon Thoralf80 am 26.09.2024
Die besondere Tragik Herrndorfs ist kaum greifbar: Im Moment des Erfolgs ist der vitale, sportliche Mann in seinen Vierzigern urplötzlich dem Tode geweiht. Er, der das Leben liebte und bekannte, schon "vorher" unter Thanatophobie gelitten zu haben, wird getragen in seinem langen Scheiden von einem großen Freundeskreis. Kommunikation war ihm das Wichtigste.Und ja, sie schienen das Leben in vollen Zügen zu genießen: Baden, Fußballspielen, Kino, Literatur, Ritte von Party zu Party. Der Autor einer zelotischen Gazette bezeichnete in einem Nachruf den Kreis um Herrndorf als "Bildungsprekariat", womit er im Gegensatz zur ursprünglichen Bedeutung des Begriffes wohl meinte, dass die - mindestens literarisch - hochgebildeten Jungs und Madels erheblich weniger verdien(t)en als Jürgen Drews oder die Wildecker Herzbuben. Herrndorf schrammte in seiner Ein-Zimmer-Hinterhauswohnung finanziell immer knapp am Existenzminimum vorbei, Geld bedeutete ihm nichts, und als er nach dem Erfolg von "Tschick" plötzlich "Geld wie Heu" hatte, konnte er nicht mehr viel damit anfangen. Plante nicht noch ein Abenteuer der intensiven Art, eine Weltreise etwa, jetzt, da der Sensenmann an die Pforte klopfte, nein, er stürzte sich geradezu manisch in die Arbeit.Originelle Gedanken und hübsche Passagen, wie eingangs die rund um das Bekenntnis, den Blick früh schon auf die Vergangenheit gerichtet zu haben, Goethe fiel mir sofort ein, obwohl leicht deplatziert: "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten, die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt" , oder etwa sein gespaltenes Verhältnis zu Tellkamp (und den Quatsch, den Mann mit Thomas Mann auf eine Stufe stellen zu wollen), oder plötzliche, originelle Gedankenblitze, einmal auch um den in seiner Badewanne ertränkten Schopenhauer. Und natürlich um die Kankengeschichte selbst ...Auch ein Berlin-Buch. "Berlin war richtig" meint er an einer Stelle. Na ja, da darf man durchaus anderer Meinung sein ...Herrndorf hat unglaublich viel gelesen. Ich bin noch nicht ganz durch, glaube aber nicht, dass er einen Hinweis gibt auf das, was ich selbst lesen würde, wenn ich mich zur letzten Tat entschlösse: Seneca und Marc Aurel, und noch einmal den "Diskurs über den Freitod" von Jean Amery.Herrndorf spricht von Caro-Kann. Schade, hätte zu gern mal gegen ihn Schach gespielt.