Stimmungsvolles Sizilien-Setting & starke Themen, aber zähe Handlung, schwache Figurenentwicklung & wenig emotionale Tiefe.
Mit Der Orangengarten entführt Valentina Cebeni in eine atmosphärisch dichte Geschichte über Verlust, Pflichtgefühl und alte Gefühle.Calliope lebt auf einer idyllischen Insel vor Sizilien - umgeben von Orangenhainen, dem Familienanwesen und einer traditionsreichen Pastamanufaktur. Doch nach einem tragischen Unfall hat sich ihr Ehemann Ettore vollkommen zurückgezogen. Während Calliope um seine Nähe kämpft und gleichzeitig versucht, das Familienunternehmen zu retten, kehrt Jugendliebe Amos zurück - und bringt alte Erinnerungen und neue Zweifel mit sich.Calliope ist eine starke, pflichtbewusste Frau, die sich selbst oft hinten anstellt. Ihre Handlungen wirkten auf mich aber nicht immer nachvollziehbar - besonders ihre emotionale Abhängigkeit von Ettore hat mich manchmal frustriert. Die Beziehung zu ihm war schon vor dem Unfall distanziert, danach wirkte sie fast kalt. Ettores Rückzug dagegen war realistisch und nachvollziehbar, er zeigte gut, wie sehr ein Schicksalsschlag einen Menschen verändern kann.Mit Amos wurde ich dagegen nicht warm - sein Verhalten war mir über große Teile unsympathisch und ich konnte die Anziehung zwischen ihm und Calliope nicht spüren.Was für mich jedoch besonders positiv hervorstach, war das Setting: Die Insel, das warme Licht, die duftenden Orangenhaine - all das war so bildhaft beschrieben, dass man sich mitten in Sizilien wähnte. Auch die Pastamanufaktur hatte für mich eine tiefere Bedeutung - sie stand symbolisch für Familie, Verantwortung und den Versuch, etwas zu bewahren, das zu zerbrechen droht.Leider war die Handlung selbst recht zäh. Lange passiert wenig, die Perspektivwechsel wirkten teils abrupt und erschwerten mir den Zugang zur Geschichte. Auch das Ende konnte mich emotional nicht ganz abholen.Fazit: Der Orangengarten punktet mit einem wundervollen Setting und starken Themen, bleibt in der Figurenentwicklung und Erzählweise jedoch hinter seinem Potenzial zurück. Wer ruhige, nachdenkliche Familiendramen mit italienischem Flair liebt, wird hier trotzdem fündig.