Alice Schwarzer schlägt wieder zuJetzt mit "Der große Unterschied" zwischen Frau und Mann. Hart, oft ungerecht, auf jeden Fall ein Buch, über das sich wunderbar streiten lässt.Die Feministin und "Emma"-Chefin gibt es sofort zu: Frauen haben eine Menge erreicht, seit Alice Schwarzer vor 25 Jahren mit dem Buch "Der kleine Unterschied" Aufsehen erregte und zur "Emanze" wurde. Das von Männern bösartig gemeinte und von Alice Schwarzer als Kompliment uminterpretierte Wort ist aus der Mode gekommen. Junge Frauen wollen nicht mehr über Emanzipation reden, sondern ihre Rechte genießen, aber - sagt Alice Schwarzer -. das ist nicht möglich. Weil die Männer immer noch die Macht haben und sie durchsetzen. Mit Gewalt.Darum geht es in diesem Buch: um die Machtmittel der Männer. Laut Schwarzer geht es deshalb um männliche Sexualpolitik, Abtreibung, Missbrauch von kleinen Mädchen, Pornographie als "sexualisierten Frauenhass", Prostitution und Frauenhandel, Frauenmord, Männerjustiz und "Fundamentalismus" als "Faschismus im Namen Gottes". "Der große Unterschied - Gegen die Spaltung von Menschen in Männer und Frauen" fordert die Frauen auf, endlich "sie selbst zu sein", ihre "Existenzberechtigung nicht länger ausschließlich aus dem Geliebtwerden" zu ziehen. Aber: Stecken die Frauen wirklich alle im "Getto der Privatheit"? Lassen sie sich von der Sehnsucht nach Liebe ablenken? Und wenn ja - damit der Karriere in Politik und Wirtschaft? Ist sie tatsächlich das große, allein seligmachende Ziel?Für einige Frauen bestimmt. Dass sie für die Erfüllung dieses Wunsches bezahlen müssen, liegt aber - so glaube ich - nicht an dem "großen Unterschied" zwischen Männermacht und Frauenschwäche, sondern gehört zum normalen Opfer an Privatheit, dass auch Männer bringen müssen, wenn sie an die Spitze kommen wollen. Der Konkurrenzkampf (nicht Mann gegen Frau, sondern Karrierekletterer gegen Karrierekletterer) fordert den ganzen Menschen. Da bleibt für Liebe, Kinder, Familie, Partnerschaft nicht viel Zeit übrig.Das ist der Fehler, den Alice Schwarzer auch in diesem Buch macht. Sie lastet alle Schwierigkeiten des modernen Lebens der Machtgier der Männer an und der Liebessucht der Frauen. Um zu beweisen, wie überflüssig und bekämpfenswert beides ist, sammelt sie hundertundein Beispiel für die Ähnlichkeit beider Geschlechter in Körperbau und Psychologie. Na und? Das wissen Frauen doch längst, dass Männer ihnen allenfalls an Muskelstärke überlegen sind. Muss man darüber ein ganzes Buch voller bösartiger und oft nicht gerechtfertigter Angriffe auf "die" Männer lesen? "Man" muss nicht, aber all jene Frauen, die beim Anblick eines gut aussehenden Mannes schwach werden, für ihn Heimchen am Herd spielen und sich später darüber beklagen, dass er nie das Badezimmer aufräumt, ist "Der große Unterschied" das richtige Buch. Männer können sich darüber schwarz ärgern. Intelligente Frauen brauchen es nur, wenn sie wissen wollen, worüber in Frauen-Männer-Diskussionen zur Zeit gestritten wird. © Anne von Blomberg, www.readme.de