Geschundene Seele wehrt sich, tötet. Der "weise Nathan" findet Spuren.
Georg Bruns Schreibstil, Humor inmitten spannendster und auch tragischer Ereignisse, haben mich in erster Linie überzeugt. Krimis oder Thriller sind für gewöhnlich nicht meine bevorzugte Lektüre. Ich kaufte das Buch, weil mich die Darstellung des Autors bei einer Lesung beeindruckte. Die Geschichte beleuchtet nicht nur mit viel Hintergrundwissen die Ermittlungsschritte, in die der pensionierte Leiter der Mordkommission, Nathan Weiß, schließlich einbezogen wird, sie zeigt auch das Psychogramm der Mörderin. Das berührt und erschüttert gleichermaßen. Nomen est Omen denkt man sich bei dem etwas kauzigen Nathan Weiß, weil er tatsächlich an "Nathan den Weisen" erinnert. Im Laufe der Handlung fand ich weitere, wie nebenbei hingestreute, Anspielungen auf das umfangreiche Wissen des Autors und sein gesellschaftliches Interesse. Das wirkt aber nie platziert, es erweitert einem einfach das Spektrum und regt zum Denken an. Interessant fand ich auch die (bewusst) ambivalente Darstellung von Nathans Nachfolger Wolfgang Stöhrl. Der Autor zeigt sowohl an Stöhrl als auch an Weiß positive und negative Seiten. Es wird also nicht schwarz-weiß gemalt, was ich sehr begrüße. Stöhrl punktet mit seinen Emotionen, Weiß damit, nicht immer der "Drüberflieger" zu sein. Das Ende der Handlung überraschte mich, allerdings nicht in negativer Weise. Es bedeutete für mich eine Art (Er)lösung der wichtigsten Figuren des Romans. Geschickt lässt es Georg Brun offen, ob Nathan am Ende als Privatdetektiv weiter ermitteln wird, als Berater für Krimiautor*innen oder in unterstützender Funktion im Kommissariat. So oder so darf man gespannt auf weitere Begegnungen mit dem weisen Ermittler warten.