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Gebranntes Kind sucht das Feuer

Roman

(4 Bewertungen)15
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Hörbuch CD
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»Das Mädchen hatte schon immer gewusst, dass etwas mit ihm nicht stimmte.«

Cordelia, unehelich geboren, ist eine »Dreivierteljüdin«, ihre Mutter eine berühmte Schriftstellerin und glühende Katholikin. Im entscheidenden Moment schützt diese nicht ihre Tochter, sondern rettet sich selbst. Mit 14 Jahren wird Cordelia Edvardson nach Auschwitz deportiert.
Ihr Roman ist die schmerzhafte Annäherung an den Verrat durch die eigene Mutter, die tastende Suche nach einer Identität, der Versuch, dem Grauen der Vergangenheit ungeschützt ins Gesicht zu sehen.

Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann, gelesen von Ulrich Noethen.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
30. August 2023
Sprache
deutsch
Auflage
2. Auflage, Ungekürzte Ausgabe
Ausgabe
Ungekürzt
Laufzeit
232 Minuten
Autor/Autorin
Cordelia Edvardson
Übersetzung
Ursel Allenstein
Sprecher/Sprecherin
Nina Kunzendorf, Ulrich Noethen
Verlag/Hersteller
Originalsprache
schwedisch
Produktart
MP3
Audioinhalt
Hörbuch
Gewicht
86 g
Größe (L/B/H)
133/141/10 mm
GTIN
9783839820780

Portrait

Cordelia Edvardson


Cordelia Edvardson (1929-2012), geboren in München, lebte bis 1943 mit ihrer Mutter, der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer, in Berlin. Mit vierzehn wurde sie über Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. Nach Kriegsende arbeitete sie als Journalistin in Schweden. Während des Jom-Kippur-Krieges 1973 übersiedelte sie nach Israel.

Für Gebranntes Kind sucht das Feuer

erhielt sie den Geschwister-Scholl-Preis.


Ursel Allenstein, 1978 geboren. Studium der Skandinavistik, Germanistik und Anglistik in Frankfurt und Kopenhagen. Sie ist Übersetzerin aus dem Schwedischen und Dänischen. 2011 erhielt sie den Hamburger Förderpreis für literarisches Übersetzen.


Nina Kunzendorf wird für ihre Darstellung eigenwilliger, charismatischer Frauenfiguren gefeiert. Für ihre Rollen in

Polizeiruf 110 Der scharlachrote Engel

,

Liebesjahre

und

In aller Stille

erhielt sie jeweils den Grimme-Preis.


Ulrich Noethen gehört zu den vielseitigsten und beliebtesten Schauspielern Deutschlands. Sein warmes, dunkles Timbre lässt eine intime und eindrückliche Stimmung entstehen. Für seine Lesung von Friedrich Anis Roman

Nackter Mann, der brennt

erhielt er den Deutschen Hörbuchpreis 2017.


Pressestimmen

»Schauspielerin Nina Kunzendorf nimmt den lakonischen Ton des Textes perfekt auf, der auch einen Schutz bildet gegen das Grauen, das plötzlich hereinbrechen kann.« Leonie Berger, SWR 2

»Sprecherin Ninan Kunzendorf gibt dem Text eine authentische Stimme, wird der Erzählung sehr gerecht.« Leoni Heister, medienprofile

»[...] durch die Schauspielerin Nina Kunzendorf werden [die geschriebenen Worte] zu einem Hörerlebnis.« Annemarie Heibrock, Zeitzeichen

»Auch oder gerade in Nina Kunzendorfs zurückgenommener, fast leiser Interpretation entfaltet der Text eine Wucht, eine mahlstromartige Anziehungskraft, die man erst einmal verkraften muss.« Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung

»[Nina Kunzendorf] liest eher berichtend, relativ nüchtern, aber mit einem gewissen Unterton, der klarmacht, welche Kraft es die Autorin gekostet hat, sich an diese Zeit zu erinnern [ ]. [Auch das Nachwort von Daniel Kehlmann] ist sehr hörenswert und wird sehr gut von Ulrich Noethen interpretiert.« Dorothee Meyer-Kahrweg, hr2 kultur

Besprechung vom 28.09.2023

Der Blick des Mädchens auf die Kälte
Eines der großen Werke der Schoa-Literatur erscheint in deutscher Neuübersetzung

Der autobiographische Roman der Journalistin Cordelia Edvardson ist schon einmal auf Deutsch erschienen, 1986, ebenfalls bei Hanser. Doch es gibt Dinge und Verhältnisse, die muss jede Generation für sich neu klären und durchdenken; dieser Roman gehört dazu. Eine Erzählung aus der Perspektive eines heranwachsenden Mädchens aus dem Inneren der jede menschliche Regung zurückweisenden, strikt verwaltenden Realität von Auschwitz kann nicht mehr neu geschrieben werden. Also sollte man diejenigen, die es gibt, immer wieder zur Kenntnis nehmen.

Die Hauptfigur, "das Mädchen", wächst als uneheliche Tochter, Jahrgang 1929, des jüdischen Staatsrechtlers Hermann Heller und der Schriftstellerin Elisabeth Langgässer bei Mutter und Oma in Berlin auf; nach der Heirat von Langgässer mit dem Journalisten Wilhelm Hofmann, 1935, lebte die Familie in der Siedlung Eichkamp. Die Mutter (deren Werk man nicht unbedingt mehr kennen muss) versuchte, mit der Adoption von Cordelia durch ein spanisches Ehepaar die Nürnberger Rassegesetze zu umgehen. Das misslang administrativ; nur eine doppelte Staatsbürgerschaft wäre möglich gewesen, die wiederum hätte kein Visum nach Spanien möglich gemacht. Also wird die kleine Cordelia via Theresienstadt nach Auschwitz deportiert; sie überlebt und ist dort unter anderem im Sekretariat von Josef Mengele tätig. Nach der Befreiung gelangte sie mit einem der "Weißen Busse" im Frühjahr 1945 nach Schweden, wo sie Journalistin wurde. Von 1977 bis 2006 lebte sie in Israel, ehe sie nach Stockholm zurückzog, wo sie 2012 starb.

In höchstem Grad bemerkenswert, ja bewundernswert ist der vollkommen trockene Ton dieser großen und bedeutenden autobiographischen Erzählung. Sowohl die verworrenen Familienverhältnisse als auch der immer stärker eine Rolle spielende "Rassestatus" auf der Grundlage der Nazigesetze und die mit ihnen zusammenhängenden idiotisch bis wahnwitzig anmutenden Verwaltungsvorgänge (besonders auch im Zusammenhang der geplanten Adoption) gelangen so tatsächlich zur Sprache. Edvardson gelingt ein fast unbeteiligter, aber desto genauerer, fast böser Blick auf das eigene Schicksal, auf ihre Mutter und den Stiefvater, auf Schule und Umwelt. So ganz allmählich findet sie ihre Rolle als "Auserwählte" - eine muss auserwählt sein, um beim BDM rauszufliegen oder die Schule nicht mehr betreten zu dürfen.

Die daraus resultierenden emotionalen Achterbahnfahrten werden in höchster Genauigkeit ebenfalls aus der Innenperspektive des "Mädchens" erzählt. Das erinnert an den Befund von Karl Kraus, es seien "die Verhältnisse" gewesen, die den Ersten Weltkrieg verursacht hätten; die abgrundtief zynische Bemerkung, extrapoliert mit Blick auf die größte kollektive Gewaltanwendung gegen sich selbst in Deutschland, lässt eine Ahnung davon entstehen, was es mit Hannah Arendts Befund von der Banalität des Bösen tatsächlich auf sich haben mag.

Zeitgeschichtlich interessant ist auch die Schilderung der Aufnahme in eine gutbürgerliche Familie in Schweden im Spätjahr 1945. Die nun sechzehnjährige Cordelia kann mit dem ihr gegenüber sanft formulierten "Ach Kindchen, es ist doch alles vorbei, du musst gesund werden und alles vergessen" nichts anfangen; sie sehnt sich nach dem Status ihrer Auserwähltheit, mit dem sie Kindheit und Jugend, einschließlich der Jahre in Theresienstadt und Auschwitz, so bewältigen konnte, dass sie überlebte. Ihr Argument gegenüber der Mama der neuen Familie: "Aber ich möchte nicht gesund werden. Ich wünschte, ich wäre tot! Alle anderen sind doch tot. Sie sterben immer noch." Stille im weihnachtlichen Familienkreis. Sie hatte ins Schwarze getroffen.

Das führt - zeitgeschichtlich - zur häufiger als nötig gepriesenen schwedischen Neutralität; eine auf ihr fußende, klar menschenrechtlich verstandene Haltung entwickelte sich im einzigen, nicht direkt in den Zweiten Weltkrieg verwickelten skandinavischen Land erst zögerlich von etwa 1943 an, als alle ahnen konnten, dass es mit Nazideutschland dem verdienten Ende zugehen würde. Die vorherige Verbindung Schwedens zu Deutschland ist noch nicht so aufgearbeitet, wie es angemessen, angesichts der aktuellen faktischen Regierungsbeteiligung einer rechtsextremen Partei wie den Schwedendemokraten sogar aus einer europäischen Perspektive angezeigt wäre.

Daniel Kehlmann hat der - übrigens untadeligen, sehr gelungenen - Neuübersetzung von Ursel Allenstein ein Nachwort hinzugefügt, das alle Vorzüge der autobiographischen Erzählung einfängt; vor allem den Vorzug, dass hier nichts nachgedichtet wurde. Und: Dass die seelische Austrocknung, die in den Konzentrationslagern stattfand, die Existenz des Individuums vernichtete.

Die unermesslich große Leistung von Cordelia Edvardson besteht darin, wieder zu reicher Individualität gefunden zu haben und mit ihrem kurzen, sehr großen Buch auch von der grauen Kälte und dem Nichts aus dem Inneren der Lager gesprochen zu haben. Stephan Opitz

Cordelia Edvardson: "Gebranntes Kind sucht das Feuer". Roman.

Aus dem Schwedischen von Ursel Allenstein. Mit einem Nachwort von Daniel Kehlmann. Hanser Verlag, München 2023. 144 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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