Eigentlich wollte ich keine Rezension schreiben, aber der nette junge Mann ;-) mit seinem engagierten Schreiben und seiner erstaunlichen Lebensweisheit schwirrt immer noch in meinen Gedanken herum und ein Buch, das nachhallt, hat das eben verdient.Warum dieses Buch? Manchmal ist die Antwort einfach - eine Empfehlung - manchmal etwas komplexer, so auch hier. Damals habe ich'Vom Ende der Einsamkeit'gelesen, fand es recht gut, aber das Themenspektrum von Benedict Wells ist nicht meines ... dachte ich. Allerdings fand ich hier interessant, dass es ums Schreiben und ums Leben geht. Das erinnerte mich an Stephen Kings Buch zum Thema ('Das Leben und das Schreiben'), das tatsächlich Wells sehr beeinflusst hat. Dazu bin ich der Meinung, dass man etwas über das Beurteilen von Literatur lernt, selbst wenn es vordergründig ums Schreiben geht. Das war mein Hauptmotiv.Zum Buch: Von den 400 Seiten beschäftigen sich ca. 100 mit dem Leben von Benedict Wells, sind also autobiografisch, obwohl er selbst betont, dass es nur'kurze Bleistiftskizzen'seien. Die sind sehr spannend und lebensklug geschrieben, was mich bei einem so jungen Mann (gerade mal 40) wundert, andererseits auch wieder nicht, denn er hatte keine gute Kindheit und Jugend, weil sich seine Eltern nicht richtig um ihn und seine Schwester kümmern konnten. Er ist übrigens ein geborener von Schirach und hat seinen Namen wegen der NS-Vergangenheit seines Großvaters Baldur abgelegt.Der zweite sehr viel umfangreichere Teil ist dann eine Art 'Schreibwerkstatt', auch'ein Echo auf die Werke und klugen Fragen und Gedanken von anderen'(aus dem Vorwort). Sehr gewundert hat mich, wie früh er mit dem Schreiben begonnen hat und wie schwer er sich damit getan, sich geradezu gequält hat, was dieses Buch sehr deutlich thematisiert. Er geht auf seine Lesevorlieben ein, beschreibt, wer und was ihn beeinflusst hat und wie er beim Schreiben vorgegangen ist und weiterhin vorgeht, wie er dazu gelernt hat. Besonders ausführlich geht er naturgemäß auf seine eigenen Bücher, den eigenen Schreibprozess ein und wer mehr über seine Bücher erfahren möchte, ist hier richtig: Informationen vom Autor selbst.Ich muss allerdings ehrlich sagen, dass sich meine Erwartungen, mehr über die Beurteilung von Literatur zu lernen, nicht erfüllt haben, aber das ist nicht Benedict Wells Schuld, sondern war dafür das falsche Buch. Aber ich kann es trotzdem gerne empfehlen, denen, die sich für ihn und seine Bücher interessieren und auch denen, die selbst vorhaben, zu schreiben oder es schon tun.