Im zweiten Teil der Elfen-Trilogie geht es genauso spannend weiter wie im ersten Band - und erneut entführt Holly Black ihre Leserinnen und Leser in die geheimnisvolle Welt der Elfen.Handlung:"Elfenkönig" knüpft direkt an die Ereignisse des ersten Teils an und zieht das Publikum noch tiefer in eine Welt voller Gefahren und Intrigen. Jude hat sich an die Macht gekämpft, doch schon bald wird ihr klar: Es ist weitaus schwieriger, an der Spitze zu bleiben, als dorthin zu gelangen.Besonders kompliziert wird es durch Cardan - inzwischen zwar König, aber alles andere als leicht zu lenken. Zwischen ihm und Jude herrscht ein ständiges Spiel aus Misstrauen, Anziehung und unausgesprochenen Wahrheiten. Ein intensiver zweiter Band, der politische Intrigen mit emotionaler Spannung und einer toxisch-fesselnden Dynamik zwischen den Hauptfiguren verbindet.Meinung: Was im zweiten Teil besonders hervorsticht, ist die enorme Entwicklung, die Jude im Laufe der Geschichte durchläuft. Ihr Charakter unterscheidet sich grundlegend von dem aus dem ersten Band. Dort war sie noch vergleichsweise zurückhaltend - ein gewisses Temperament war zwar schon erkennbar, doch nun tritt eine völlig neue Seite an ihr zutage.Man spürt, wie sehr ihr die Situation und die Ereignisse zusetzen. Holly Black bringt Judes Emotionen und innere Konflikte eindrucksvoll zur Sprache. Es wird deutlich, dass seit dem Ende des ersten Teils einige Zeit vergangen ist - Jude geht nun viel überlegter und abgeklärter mit brenzligen Situationen um. Diese Entwicklung lässt sich in beiden Bänden sehr gut nachvollziehen.Ich hätte mir gewünscht, dass die Geschehnisse aus der Zwischenzeit etwas ausführlicher thematisiert worden wären - denn beim Einstieg in den zweiten Teil wirkt es, als sei ein ganzes Stück der Handlung ausgelassen worden. Als zweite Hand des Königs trägt Jude eine immense Verantwortung und lenkt die Geschicke im Hintergrund - während Cardan, der nominelle König, eher eine repräsentative Rolle spielt. Leider erfährt man nur wenig darüber, welche Aufgaben Jude konkret übernimmt. Ihre Aktionen werden meist nur beiläufig erwähnt, sodass es manchmal schwerfällt, den strategischen Zusammenhang zu erfassen - etwa, wenn sie erneut Spione aussendet.Auch dieser zweite Band fesselt von der ersten bis zur letzten Seite. Kämpfe, Überfälle und Machtspiele ziehen einen unweigerlich in ihren Bann. Es bleibt durchweg unklar, wem man trauen kann - immer wieder überraschen neue Wendungen die Handlung. Gerade diese Unvorhersehbarkeit macht den Reiz aus. Jude erweist sich als klug und misstrauisch - sie zieht laufend neue Schlüsse und bleibt stets wachsam.Im Vergleich zum ersten Teil wirkt die Sprache reifer und stimmiger. Während ich im ersten Band gelegentlich das Gefühl hatte, dass die Ausdrucksweise zu modern und simpel war - insbesondere bei Jude und Taryn, deren Sprache stark an unsere heutige Welt erinnerte - passt sich der Stil nun deutlich besser dem mittelalterlich anmutenden Elfenreich an. Auch die Politik erhält im zweiten Band mehr Raum, während überflüssige Beschreibungen, die im ersten Teil noch zahlreich vorhanden waren, reduziert wurden.Die Beziehung zwischen Jude und Cardan entwickelt sich weiter - endlich beginnt es zwischen ihnen zu knistern. Dennoch bleibt der Fokus eindeutig auf Jude. Zwar gibt es zahlreiche Szenen mit beiden, doch Cardans Innenleben bleibt dabei oft im Hintergrund, was etwas schade ist.Trotzdem: Man kann Jude für ihren Mut und ihre Entscheidungen nur bewundern. Sie ist nicht perfekt - und genau das macht sie so glaubwürdig. Holly Black hat eine Figur geschaffen, die echt wirkt: Jude trägt nicht nur Gutes in sich - auch Dunkles - und gerade das macht sie so faszinierend.