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Leichter Schwindel

Roman | Eine fesselnde Horrorgeschichte über die alltägliche Langeweile einer Frau in Tokio

(1 Bewertung)15
200 Lesepunkte
eBook epub
19,99 €inkl. Mwst.
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Tokio in den Neunzigern, manisch flirrende Weltstadt, und Natsumi steckt fest: Ehe, Mutterschaft, Haushalt, ein sediertes Mittelschichtsleben in ruhiger Randlage. Sicher, sie hat sich ihren Humor bewahrt, den Eigensinn, die Häme, die Begeisterung für Hitchcock-Filme, für die Fotografie. Und »aus innigster Überzeugung« bekocht sie Mann und Söhne, wäscht die Wäsche, geht einkaufen, redet angeregt mit Nachbarinnen.
Wenn sie nachts aber wachliegt und in die Dunkelheit starrt, hat sie neuerdings die Supermarktregale in der korrekten Abfolge vor Augen. Oder rezitiert fehlerfrei ihre seitenlangen To-do-Listen. Ist es nicht beunruhigend, wie sie von der Flut alltäglicher Kleinigkeiten mehr und mehr davongetragen wird? Wie in der Monotonie ihrer Tage zugleich alles und überhaupt gar nichts geschieht? Wie die Welt zusehends unschärfer wird?
Das alles erscheint ihr plötzlich völlig klar - nur eben das nicht: Wo er sie eigentlich hinführt, dieser ständige leichte Schwindel. . .


Leichter Schwindel ist ein »hypnotisierendes Wunder« (New York Times) und der Urtext neuen weiblichen Schreibens in Japan. Die Kultautorin Mieko Kanai hat das Porträt einer Unsichtbaren geschrieben, einer mitreißend launischen Frau, die sich mit den schwankenden Druckverhältnissen eines äußerlich nicht sonderlich bewegten Lebens zu arrangieren versucht.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
13. Januar 2025
Sprache
deutsch
Auflage
Deutsche Erstausgabe
Seitenanzahl
174
Dateigröße
1,30 MB
Reihe
Bibliothek Suhrkamp
Autor/Autorin
Mieko Kanai
Übersetzung
Ursula Gräfe
Verlag/Hersteller
Originaltitel
Originalsprache
japanisch
Kopierschutz
mit Wasserzeichen versehen
Family Sharing
Ja
Produktart
EBOOK
Dateiformat
EPUB
ISBN
9783518780145

Portrait

Mieko Kanai

Mieko Kanai, geboren 1947, ist Romanautorin, Dichterin, Essayistin, Literatur- und Kunstkritikerin. Sie hat rund dreißig Romane und Kurzgeschichtensammlungen veröffentlicht, ihre Essays werden seit über fünfzig Jahren in japanischen Zeitungen und Zeitschriften abgedruckt. Leichter Schwindel ist Kanais erster ins Deutsche übersetzte Roman.

Ursula Gräfe, geboren 1956 in Frankfurt am Main, studierte Japanologie und Anglistik und arbeitet seit 1988 als Literaturübersetzerin. Sie hat u. a. Werke von R. K. Narayan, Haruki Murakami, Yasushi Inoue und Kenzaburo Oe ins Deutsche übertragen, ist Autorin einer Buddha-Biographie und Herausgeberin mehrerer Anthologien. Jedes Jahr verbringt sie einige Zeit in Asien, vor allem in Indien. Ursula Gräfe lebt in Frankfurt am Main.

Pressestimmen

»Vom ersten Satz an befindet man sich in einem furiosen Zustand von Unwucht. « The Japan Times

»Eine literarische Entdeckung . . . Beim Lesen merkt man bis in die flirrende Sprache hinein, wie gegenwärtig dieses Buch ist. Ursula Gräfe hat Kanai . . . so perfekt ins Deutsche verwandelt, dass einem beim Blättern in einem empathischen Sinn selbst schwindlig werden kann. « Nico Bleutge, Frankfurter Allgemeine Zeitung

Besprechung vom 25.01.2025

Vom alltäglichen Wahnsinn einer Hausfrau
Eine literarische Entdeckung aus Japan: Mieko Kanais Roman "Leichter Schwindel"

Beim Frühstück liest Natsumi wie jeden Morgen die Werbeanzeigen in der Zeitung. "Verzichten Sie auf das, was Sie gerne tun würden, weil Sie Hausfrau sind oder Kinder haben?", heißt es da. Und: "Haben Sie das Gefühl, dass Ihre Zeit aufgefressen wird, all Ihre Träume für die Zukunft?" Bei der Überschrift "Einen Neuanfang wagen" schaut sie auf. Gerade noch hat sie sich über einen "Chauviwitz" ihres Mannes geärgert, jetzt fällt ihr der Bekanntenkreis ihrer Mutter ein, allesamt Hausfrauen, die aber etwas gewagt hätten. Und man liest ihre Gedanken in einem furiosen Satz, der sich in einer Mischung aus losen Einfällen, Erinnerungen und Sprachassoziationen über fast zwei Seiten schlängelt. Vom ironischen Kokettieren mit Lackschnitzarbeiten geht es zu einer Frau, die zu Hause ein Restaurant eröffnet hat, dann zu einer anderen, die Maklerin ist, um schließlich bei einer Nachbarin zu landen, die Selbstmord begangen hat.

Wer ist die Autorin, die solch kunstvoll verschlungene Sätze schreiben kann? Die eine Sprache verwendet, die den Lackschnittglanz schöner Formulierungen ebenso kennt wie das Gerede in der Nachbarschaft oder aufgeschnappte Slangsätze aus dem Zug? Und der es gelingt, den "alltäglichen Wahnsinn einer unterdrückten Hausfrau" zu zeigen, wie sie es einmal nennt - und zugleich in jeder Äußerung ihrer Hauptfigur Natsumi wie in einem Kippbild die gesellschaftlichen Umstände aufscheinen zu lassen?

Mieko Kanai, 1947 in Takasaki nordwestlich von Tokio geboren, hat mehr als dreißig Bücher geschrieben, Gedichtsammlungen genauso wie Erzählbände und Romane. In ihren Essays, die in Japan regelmäßig in Zeitungen und Magazinen veröffentlicht werden, reflektiert sie die dortige Gesellschaft. Sie hat eine Art Überschreibung von "Alice im Wunderland" vorgelegt, die sie vor allem in den USA bekannt gemacht hat. Und ihr Roman "Leichter Schwindel", um den es hier geht und der im Original 1997 erschienen ist, galt in Japan lange Zeit als Kultbuch.

Die Eckpunkte seiner vermeintlichen Handlung lassen sich schnell zusammenfassen: Natsumi, Ende dreißig, lebt mit ihrem Mann und zwei Söhnen in einer geräumigen Neubauwohnung im Randgebiet von Tokio. Ihr Mann arbeitet in einem Labor, sie hat ihren Job in der Verwaltung einer Kosmetikschule mit der Geburt des ersten Kindes aufgegeben. Eine Mittelstandsfamilie, für die Werbebilder und Warenfetischismus eine sehr große Rolle spielen. Die Wohnung mit zwei Balkonen und einer Wohnküche hat Natsumi nicht ausgewählt, weil sie leidenschaftlich gern kochen würde, sondern weil die Einrichtung den Interieurs in den Hochglanzzeitschriften ähnelt, die sie fast besessen liest.

Das Entscheidende an diesem Roman aber sind nicht realistische Szenerien oder erzählerische Linearität, sondern es ist die Bewusstseinsbewegung der Hauptfigur, verwandelt in die Sprachbewegung der Sätze. Der nüchterne Begriff "personal erzählt" trifft das nur äußerlich. Kanai listet etwa immer wieder für die Figuren wichtige Gegenstände samt deren Fachwörtern auf, von der Videokamera bis zum "Super Gym DX", und lässt so die dahinterstehende soziale Welt aufblitzen. Erst recht aber zeigt sie in ihren stets mehrseitigen Sätzen das Denken, Wahrnehmen und Sprechen von Natsumi in all seiner assoziativen Verflechtung und schafft es in einer Art Überblendungstechnik, Dialoge, die Gerüchteküche aus der Umgebung und Erinnerungen anderer Figuren einzubauen.

Virginia Woolf und Gertrude Stein winken im Hintergrund, Natsumi selbst kauft sich am Ende des Romans Bücher von Edna O'Brien und Iris Murdoch. Doch Kanai schreibt nicht nur Traditionslinien fort, sondern ist ihrerseits Vorbild für eine jüngere Autorinnengeneration, insbesondere in Japan. International erfolgreiche Bücher der letzten Jahre wie Sayaka Muratas "Die Ladenhüterin", in denen ebenfalls die Monotonie des Alltags, die Welt von Supermärkten und die Suche nach Sinn im eigenen Ich aufgefaltet werden, wären ohne Kanais Roman kaum denkbar.

Wobei niemand das Raffinement von Kanai erreicht, in kaum merkliche Wahrnehmungen und Gefühlsreste ganze Weltsichten einzulagern, hauchfein unter der Oberfläche dessen, was den Figuren bewusst wird. Allein an dem Ekel, den Natsumi bei der Vorstellung empfindet, nach ihrem Mann in die Badewanne zu steigen, "mit all dem Schmutz, der mit dem Schweiß aus seinen Poren gesickert war", lassen sich der Zustand ihrer Ehe und der Grad ihrer Unzufriedenheit ablesen - und eine tief sitzende Angst vor Auflösung.

"Leichter Schwindel" enthält aber nicht nur eine Persönlichkeitsstudie, sondern untersucht gewissermaßen auch eine bestimmte gesellschaftliche Situation. Kanai schreibt in ihrem Nachwort, der Roman gründe auf Texten, die sie 1968 in einer Familienzeitschrift veröffentlichte. Während der Arbeit an dem Buch Anfang und Mitte der Neunzigerjahre habe sie bis auf den Namen der Hauptfigur und den Schauplatz fast alles neu geschrieben. An vielen Details, von den aufgelisteten Sortimenten von Supermärkten bis zu den genannten Modenamen, werden die Neunziger erfahrbar. Und über die Erinnerungsstränge und die eingeschmolzenen Suaden von Natsumis Mutter bekommt man auch Fragmente aus der Welt der Sechziger mit, dazu gibt es kurze Rückblenden in die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg.

Was so entsteht, ist ein soziales Porträt, das besonders in der Art des Denkens, Sehens und Redens deutlich wird. In den verschlungenen Assoziationen, im Lästern und Nörgeln oder in Gefühlen, die man abwehrt, zeigen sich auch kollektive Verdrängungen und Verschattungen. Vor allem sind nach wie vor starke patriarchale Strukturen wirksam. So ist der titelgebende "leichte Schwindel", den Natsumi beim Starren in den Wasserstrahl der Küchenspüle immer wieder verspürt, auch der Schwindel einer rundum verunsicherten Gesellschaft.

Beim Lesen merkt man bis in die flirrende Sprache hinein, wie gegenwärtig das Buch ist. Ursula Gräfe hat Kanais lange Sätze, die Wiederholungen und Listen, das Ineinanderschneiden der Perspektiven und die wahrnehmungsgenauen Details so perfekt ins Deutsche verwandelt, dass einem beim Blättern in einem emphatischen Sinn selbst schwindlig werden kann. Kanais grandioseste Idee aber ist es, zwei Artikel über eine Fotografieausstellung in den Text einzuschieben, die Natsumi von einer Freundin erhält. Diese Artikel sind in einem völlig anderen Duktus gehalten und offenbaren zunächst kaum Bezüge zu Natsumis Welt. Doch die dort einmal erwähnte "Leere" der Porträtierten erzählt indirekt etwas über die Figuren des Romans. "Leichtigkeit" und "lebendige Neugier" charakterisieren nicht nur das Werk des Fotografen, sondern auch Kanais genauen literarischen Blick. NICO BLEUTGE

Mieko Kanai: "Leichter Schwindel". Roman.

Aus dem Japanischen

von Ursula Gräfe.

Suhrkamp Verlag,

Berlin 2025.

174 S., geb.

Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.

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