Beziehungen sind gar nicht so einfach. Man meint, es passt, und doch ist die Zeit nicht ganz reif für eine Beziehung. Das merken auch Friederika und Robert. Als ein Klassentreffen ansteht, macht sich Frie - kurz für Friederika - Gedanken über das Zusammentreffen mit Robert. Beide wissen, sie haben Gefühle für einander, und doch finden sie nicht richtig zusammen. Während der Schule, aber auch später als Teeanger und junge Erwachsene sind die Gefühle füreinander da, aber so richtig kommen beide nicht mit ihren Bedürfnissen zusammen, obwohl die Chemie grundsätzlich stimmt. Eine erneute Chance ergibt sich auf dem Klassentreffen. Sind beide Charaktere soweit gesetzt und gereift, dass sie ihre Bedürfnisse zurückschrauben können auf ein gesundes Maß, so dass sie eine gesunde Beziehung zu- aber auch miteinander führen können?
In "Man sieht sich" hat Julia Karnick eine wundervolle Geschichte zweier Menschen geschrieben, deren Wege immer wieder zusammen führen, sich überkreuzen, aber doch nebenher laufen. Die Autorin erzählt die Leben von Robert und Frie so ehrlich, schonungslos, aber sehr unterhaltsam. Ich konnte mich mit beiden Charakteren sehr gut verbinden, und deren Lebensentscheidungen glaubwürdig nachvollziehen. Es sind Menschen wie du und ich, die ihre Erlebnisse haben, ihre Erfahrungen gemacht haben, aber auch ehrliche Gefühle haben. Manchmal möchte man den beiden einen Schubs geben, sie schütteln, weil sie sich so doof verhalten. Aber man mag sie beide sehr. Ich für mich jedenfalls. Manchmal haben sie mich aber auch den Kopf schütteln lassen, bzw. grummeln lassen über ihr Verhalten.
Julia Karnick hat hier eine Geschichte über zwei Menschen geschrieben, die so menschlich wie du und ich sind. Die nicht immer sich richtig verhalten oder die richtigen Entscheidungen treffen, aber so menschlich sind wie und ich. Es ist eine Geschichte, die jedem von uns passieren hätte können. Und gerade das mag ich daran. Es ist keine überkandidelte Geschichte von Übermenschen. Es ist ein Weg, der passieren kann. Und diese Geschichte hat mich nachdenklich gestimmt. Mir sind so viele Menschen auf meinem bisherigen Weg begegnet, mit denen ich vielleicht gerne mehr Zeit verbracht hätte, bei denen ich mir gewünscht hätte, dass sie meinen Lebensweg länger begleiten, und doch hat es nie so zu 100% gepasst. Und ich muss sagen: ja, vielleicht hatte es einen Grund. Vielleicht hat der andere sich anders entschieden, vielleicht musste es so sein, oder vielleicht war die nächste Weggabelung doch die bessere für beide. Und das ist gar nicht so schlimm. Man geht Wege, die man manchmal nicht verstehen muss, oder kann, aber sie sind gut. Und wer weiß, wofür manche Entscheidungen gut waren?
"Man sieht sich" hat mich als Hörbuch wunderbar unterhalten. Die Sprecherin Katrin Daliot hat mich absolut abgeholt. Sie hat eine Ruhe reingebracht in die Geschichte, die es genau benötigt hat. Ohne Schnörkel und Hektik hat sie der Geschichte genau die Geschwindigkeit und Ruhe reingebracht, die sie benötigt hat. Es warm und behaglich angefühlt, und ich finde, sie hat die richtige Message rübergebracht. Absolute Leseempfehlung. bzw. Hörempfehlung.