Inhalt siehe Klappentext.
Ich kannte die Autorin Mignon Kleinbek bisher nicht, ihre Trilogie "Wintertöchter" wurde mir im NetGalley Adventskalender in 2024 angeboten und nachdem ich die Inhaltsangabe und einige Rezensionen gelesen hatte, habe ich mir die Gesamtausgabe zugelegt.
Das erste Buch "Die Gabe" berichtet über Anna, die am Neujahrstag 1940 auf einer Berghütte in Österreich das Licht der Welt erblickt. Annas Kindheit ist von Armut, Abgeschiedenheit, unerwiderter Liebe und auch dem Krieg geprägt - und von "der Gabe", durch Schmecken in Andere (Personen oder Gegenstände) hineinzusehen. Eine Gabe, die auf den ersten Blick spannend und aufregend klingen mag, für Anna aber zum Fluch wird und sehr kräftezehrend ist. Ich hatte bis zu diesem Roman noch nie von "Synästhesik" gehört, weder mit Farben, Lauten oder anderen Eindrücken. So traurig und ergreifend, brutal und doch faszinierend Annas Leben ist, man muss einfach weiterlesen, obwohl man damit rechnet, es wird nicht besser, eher schlimmer.
Im zweiten Band "Die Kinder" erlebt der Leser, übrigens alles ganz wunderbar von Mignon Kleinbek geschildert, wie die Jugendliche Anna unter dem Stiefvater Roman zu leiden hat, dass sie immer noch ziemlich abgeschieden auf dem Julianenhof leben, mit mehr Entbehrungen als Komfort, und auch die Besuche auf dem Haindlhof bei Tante Barbara nicht wirklich helfen, um etwas zu verbessern. Hier werden falsche Entscheidungen getroffen, Augen verschlossen, man redet einfach nicht "darüber". Ich konnte mich nicht entscheiden, ob mir Buch 1 oder 2 besser gefallen hat, beide großartig geschrieben und auch die vielen Informationen über (Heil-)Kräuter machen die umfangreiche Geschichte (Gesamtausgabe mit 1234 Seiten) lesenswert. Ich war noch nie auf einer Berghütte oder in den Bergen, die landschaftlichen Beschreibungen sind so formuliert, dass man beim Lesen direkt ein Bild vor Augen hat.
Nach diesen beiden Bänden kommt man in der Gegenwart, in 2004, an, Annas totgeglaubte Zwillingstöchter Helena und Christina erhalten die Tagebücher der Mutter. Damit werden nicht nur 3 Frauen aus ihrem ursprünglichen Leben gerissen, als sie voneinander erfahren und sogar aufeinandertreffen, es geschieht in familiärer Hinsicht noch so viel mehr. An- und Beschuldigungen der Töchter an die Adoptiveltern und umgekehrt, ebenso an Mutter, Tante und Andere. Man setzt sich zusammen, erlebt in kürzester Zeit so viel gemeinsam und erkennt, dass man zwar die verlorerene Zeit, immerhin fast 50 Jahre, zwar nicht mehr aufholen, aber wohl jetzt das Beste daraus machen kann. Es gibt Träume, die bleiben unerfüllt, weil man nicht von gewohnten Wegen abweichen will, obwohl man unglücklich ist. Manchmal bedarf es Kleinigkeiten, Worten, dass man seine Meinung überdenkt und endlich das tut, was man schon immer wollte. Und man steht sich praktisch selbst im Wege. Das dritte Buch hat sich für mich an manchen Stellen etwas gezogen, es lässt sich zäher lesen, als die anderen beiden Bände. Trotzdem empfehle ich die Lektüre der Gesamtausgabe, sonst fehlt einfach etwas. Mir hat Mignon Kleinbeks Geschichte über die ganz besonderen Frauen, vermutlich könnte man sie als eine Art Hexen nennen, gut gefallen, ich hatte viele lange Lesestunden, die ich mit 4,5-5 Stunden bewerte. Die Bücher machen farblich einen recht unscheinbaren Eindruck, aber innendrin ist es lebendig, bunt, farbenfroh und gar nicht trist.