Ein Hochgenuss war für mich die Lektüre dieses Kriminalromans. Denn er enthält alles, was das Leserherz erfreut: einen über die Seiten hinweg andauernden Spannungsbogen, eine geschickt und mehrbödig sich entwickelnde Story, psychologisch logisch nachvollziehbare Protagonisten und einen flüssig-lebendigen Sprachstil.Die Geschichte entwickelt sich so, wie wir es in ähnlicher Weise schon öfter gelesen haben: Die überaus reiche Familie trifft sich zum 100. Geburtstag des bereits verstorbenen Familienoberhaupts Ingólfur Hákonarson für ein Wochenende in einem abgelegenen Hotel inmitten der Lavafelder Westislands. Jedes der Familienmitglieder zeigt sich natürlich von seiner besten Seite. Als ein Schneesturm aufzieht und einer der Gäste unauffindbar verschwindet, beginnt jedoch der schöne Schein mehr und mehr zu bröckeln. Und damit beginnt auch die Besonderheit dieses Romans, nämlich die psychologische Tiefe.Zu Beginn der Lektüre hatte ich einige Schwierigkeiten, die Fülle an Namen zeitlich und in ihren Beziehungen zueinander geordnet in meinem Kopf zu sortieren, da die Autorin immer wieder die Perspektiven wechselt. Dennoch war ich sehr schnell von der raffiniert sich entwickelnden Geschichte fasziniert. Immer wieder gab es neue Wendungen, immer wieder wurde ich als Leserin völlig überrascht. Immer wieder ergaben sich neue Sichtweisen, sodass ich mit meinen Vermutungen und Überlegungen immer wieder in Sackgassen geriet. Die Autorin versteht es perfekt, durch einen gekonnt flüssig-lebendigen Sprachstil und die raffiniert gestrickte Geschichte den Spannungsbogen stets hoch zu halten. Psychologisch klug werden menschliche Abgründe, Ängste, Verwirrungen und fehlgeleitete Hoffnungen fein differenziert in die Erzählung eingearbeitet. Ganz besonders beeindruckt war ich jedoch von den feinen Schilderungen der isländischen Landschaft, die den idealen Rahmen bildet zu diesem rundum empfehlenswerten Kriminalroman.