"Die Hauptsache" heißt das Debüt von Hilary Leichter. Der Roman wurde für den First Novel Prize 2020 nominiert und erschien im Februar 2021 in der deutschen Übersetzung von Georg Runge im Arche Verlag.Die namenlose Hauptfigur der Geschichte ist Zeitarbeiterin in New York und wird von ihrer Agentur von einer Aushilfsstelle zur nächsten vermittelt. Aus einer Familiendynastie von weiblichen Aushilfskräften stammend, wird sie für die unterschiedlichsten Tätigkeiten eingesetzt, die sie zu der ersehnten Festanstellung und Beständigkeit führen sollen. Unter den Aufträgen ist ein Job auf einem Piratenschiff, eine Anstellung als menschliche Seepocke, als Assistentin eines Auftragsmörders und Mutter eines verwaisten Jungens und vieles mehr. So breit das Spektrum an Jobs, so breit gefächert ist auch das Spektrum der Lebenspartner - kategorisiert nach besonderen Merkmalen und jeweiligen Vorzügen.In der Handlung des Romans werden viele Themen angeschnitten, die zwar einen Bezug zum wahren Arbeitsleben haben. Es überwiegen aber Übertreibungen und Absurditäten. So werden strikt hierarchische Strukturen und blinder Gehorsam genauso beschrieben, wie sinnlose und unmoralische Arbeitsaufträge, die Ersatzbarkeit der einzelnen Arbeitskraft, Konkurrenz unter Kolleg*innen, Mobbing und nicht zuletzt die Macht der Personalagenturen. Allerdings sind die Szenen derart skurril und überspitzt dargestellt, dass keinen Zugang zu der darin enthaltenen - und zum Großteil sicher berechtigten - Kritik finden konnte.Sinn und Merkmale der modernen Arbeitswelt in Frage zu stellen und ironisch zu hinterfragen, finde ich höchst reizvoll. Bereits zu Beginn habe ich jedoch gemerkt, dass ich mir etwas ganz anderes von dem Buch erwartet habe. Die Handlung ist zu absurd, zu zynisch und damit weit entfernt von einer Kritik, die mich erreicht. Indem eine Parallelwelt erschaffen, alles über einen Kamm geschoren und auf sarkastisch-ironische Art persifliert wird, verfehlt es seine Wirkung. Einerseits werden zu viele Themen angeschnitten. Andererseits ist der Aufbau des Buchs undurchsichtig. Eine Einführung fehlt komplett und eine Entwicklung ist nicht erkennbar. Ich bin mit der Geschichte und deren Form bis zum Ende nicht warm geworden und hatte mehrfach den Impuls, den Roman abzubrechen. Für mich haben sich keine neuen Erkenntnisse daraus ergeben. Unterhaltsam fand ich ihn leider genauso wenig. Die Umsetzung eines wirklich interessanten Themas ist aus meiner Sicht nicht gelungen.