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Die goldene Stunde

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Wytske Versteegs eindringlicher und poetischer Roman umkreist die Herausforderung, das Richtige zu tun, auch wenn es allen Erwartungen widerspricht. Wie viel Mut braucht man, um Mensch zu sein? Und wenn man nichts mehr tun kann was tun?
Mari, Ahmad und Tarik wissen nicht weiter. Alle drei sind auf der Suche nach Trost und Errettung und finden sie nicht. Ahmad ist vor dem Krieg in seiner Heimat geflohen, stieß in den Niederlanden jedoch auf neue Hindernisse. Mari wollte ihn beschützen und lieben, aber es gelang ihr nicht. Und der ehemalige Soldat Tarik hat sich in ein abgelegenes Grenzgebiet zurückgezogen, doch sein Gewissen nagt an ihm. Dort trifft er nun auf Mari, die mittlerweile ihr Zuhause hinter sich gelassen hat, nachdem ihr idealistisches Projekt katastrophal gescheitert ist. Die drei Leben sind auf fatale Weise miteinander verflochten, die Geschichte droht sich zu wiederholen - und dennoch gibt es Hoffnung. Wytske Versteeg verfügt über eine besondere Menschenkenntnis, große Empathie und Scharfsinn. So schafft sie es, in äußerst prägnanten Bildern und Dialogen die Konflikte unserer Zeit in einen reichen, vieldeutigen Roman zu verwandeln. Ein lange nachhallendes Leseerlebnis.

Produktdetails

Erscheinungsdatum
01. Februar 2024
Sprache
deutsch
Seitenanzahl
256
Reihe
Quartbuch
Autor/Autorin
Wytske Versteeg
Übersetzung
Christiane Burkhardt
Verlag/Hersteller
Originalsprache
niederländisch
Produktart
gebunden
Gewicht
406 g
Größe (L/B/H)
216/137/26 mm
ISBN
9783803133649

Portrait

Wytske Versteeg

Wytske Versteeg, geboren 1983, Politikwissenschaftlerin, Essayistin und Romanautorin, schrieb ihr Debüt 2012. Ihr zweiter Roman »Boy«, in mehrere Sprachen übersetzt, erschien auf Deutsch bei Wagenbach. Für ihre Werke erhielt Versteeg zahlreiche Literaturpreise. Sie lebt in Delft.

Pressestimmen

»Versteeg wusste von Beginn an, wovon sie erzählen wollte und vor allem wie. In ihrem klug komponierten und psychologisch genau gearbeiteten Roman stellt sie die Frage, ob ein Land wie die Niederlande offen für Menschen ist, die anders sind. « Holger Heimann, Deutschlandfunk, über »Boy«

Besprechung vom 16.05.2024

Eigentum am Lebenslauf
Wytske Versteeg erzählt in "Die goldene Stunde" von drei Menschen auf der Flucht

Auf dem Umschlag des Romans "Die goldene Stunde" ist eine Frau im Profil gezeichnet. Der Kopf neigt sich leicht nach vorn, die Augen sind fast geschlossen. Sie wirkt nachdenklich, sieht erschöpft aus. Dieses melancholische Porträt stellt die Protagonistin Mari dar, eine kinderlose Niederländerin, die zwischen vierzig und fünfzig Jahre alt ist. Die Aufnahme deutet die Spuren im Leben der Frau an, die Erfahrungen, mit denen sie innerlich zu kämpfen hat. Sie hat Archäologie studiert, konnte aber kaum Arbeit finden in diesem Bereich. Schließlich hat sie sich für eine Tätigkeit im sozialen Feld entschieden, bei der sie sich für das Schicksal anderer Menschen verausgabt.

Nachdem sie mehrere Monate nicht arbeiten konnte, ist sie mit einem Projekt in einer Kleingartenkolonie beauftragt worden. Hier sind es vor allem Flüchtlinge, die sie betreut. Sie verliebt sich in den jungen Emigranten Ahmad, der vor dem Krieg geflohen ist. Aus welchem Land er stammt, bleibt offen. Wahrscheinlich liegt es im Nahen Osten. Ähnlichkeiten mit Syrien sind vorhanden. Die Autorin erfindet Namen für Städte, die Sarakina und Daresh heißen, auch die Ortsangabe Holland oder Niederlande vermeidet sie.

Durch einen Unfall brennt die Kleingartenkolonie ab, Ahmad verschwindet, schickt Mari aber seine lederne Aktentasche mit Aufzeichnungen. Mari fliegt in sein Land, um im Grenzgebiet archäologisch zu arbeiten. Das Projekt verfolgt einen touristischen Zweck. Dort trifft sie auf Tarik, der ortskundig ist, sie bei ihrem Vorhaben begleitet und ihr die Aufzeichnungen von Ahmad vorliest. "Die goldene Stunde" erzählt die Lebensgeschichten von drei Menschen, mit deren Namen jeweils die unterschiedlichen Kapitel beginnen. Die Schilderungen von Ahmad und Mari werden in der ersten, die von Tarik in der dritten Person dargestellt. Der Titel des Buches bezieht sich auf den Zeitpunkt am späten Nachmittag, wenn der Tag in den Abend übergeht.

"Du lachtest oft, wenn du nicht wusstest, was du sagen solltest: um die Leute auf Distanz zu halten. Damals wusste ich das noch nicht, und so stellte ich dir jede Menge dumme Fragen, woher du kamst, wie lange du schon hier warst. Erst viel später solltest du mir erzählen, wie sehr du es hasst, dass sich jeder einbildet, ein Recht auf deine Geschichte zu haben, auf das, was du alles durchgemacht hast. Einige fragten ungeniert, wie viele Tote du gesehen und ob du selbst gekämpft hast." So schreibt die weibliche Figur über ihre Beziehung zu dem jungen Emigranten. Die Schwäche des Buchs liegt im Vorwurf an die westliche Gesellschaft, auf die Situation der Geflüchteten nicht angemessen zu reagieren. Auch in Ahmads Aufzeichnungen tauchen kritische Worte auf über die Einheimischen während seiner Zeit im Exil. Die Frage nach den Erfahrungen der Geflüchteten ist aber vielleicht weniger eine Form der Aneignung von Lebensgeschichte als vielmehr der Versuch, über das Interesse an der Herkunft eine emotionale Nähe herzustellen.

In der Erzählung von Tarik, die im Heimatland von Ahmad spielt, taucht das Thema der Migration abermals auf. In der Grenzregion, in der er lebt, sind Flüchtlinge ungern gesehen und werden von den Einheimischen vertrieben. Tarik ist als Jugendlicher zur Armee gegangen; er diente im "Lager 33", wo auch Unschuldige inhaftiert und gefoltert wurden. Er ist an die Grenze gezogen, um seine Vergangenheit hinter sich zu lassen. Die Beziehung zu Karima, einer Frau, die ihm durch ihren offenen Lebenswandel imponiert, zerbricht. Seine sexuellen Probleme werden am Schluss des Buches gemildert, denn er schläft mit Mari kurz vor ihrer Abreise. Schließlich kehrt er in die Grenzregion zurück, hilft Migranten bei der Flucht und erlebt dabei selbst die Gewalt der Einheimischen.

Gelungen wirkt Wytske Versteegs Buch, wenn die Differenz zwischen Tätern und Opfern aufgelöst, wenn das Wort Flucht zur Metapher wird. So erscheint Mari im Roman als Migrantin ihres eigenen Lebens, als Person ohne Halt, die auf der Suche nach Glück und Sicherheit ist. Reizvoll ist "Die goldene Stunde" in den dramatischen Passagen, den Schilderungen der gefährlichen Momente im Krieg, die vor allem in der Erzählung des jungen Ahmad deutlich werden. Zentral ist dabei die Darstellung von Gewalt, die für die Menschen unerträglich und der Auslöser ist, die Heimat zu verlassen. Die Autorin hat ihrem Text das berühmte Zitat von Friedrich Hölderlin aus der Hymne "Patmos" vorangestellt: "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." Der Schluss des Buchs lässt offen, wo die glücklichen Auswege für die Protagonisten liegen. Gemeint ist im Titel des Hölderlin-Gedichtes jene griechische Insel, die als Exil für den verfolgten Verfasser der Apokalypse diente. Auch hier taucht das Thema der Flucht auf. THOMAS COMBRINK

Wytske Versteeg: "Die goldene Stunde". Roman.

Aus dem Niederländischen von Christiane Burkhardt. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2024.

240 S., geb.

© Alle Rechte vorbehalten. Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt.

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Von Kaffeeelse am 18.10.2024

Diktatur, Flucht und fragile Sicherheit

Hier gab es mal wieder einen Schatz aus dem Hause Wagenbach zu bewundern. Die niederländische Schriftstellerin Wytske Versteeg ermöglicht der Leserschaft in ihrem Buch Die goldene Stunde einen Blick in eine Diktatur. Was heute ja anscheinend dringend notwendig ist, da ja wieder viele über stärkere Regierungen nachdenken. Mari, Ahmad und Tarik sind die Protagonisten in diesem Buch. Jeder der drei kämpft mit seinen Dämonen. Ahmad ist damals aus seiner Heimat geflohen. Er floh vor der staatlichen Willkür, vor staatlicher Gewalt. Namentlich wird dieses Land, aus dem Ahmad flieht, nicht genannt, dennoch gibt es viele Hinweise, die darauf hindeuten, dass Syrien gemeint ist. Es wird eine Bevölkerung gezeichnet, die unserer nicht unähnlich ist. Auch hier bemerken die Menschen die Ungerechtigkeiten, auch hier begehren sie auf. Jedoch geht hier der Staat mit ungeahnter Grausamkeit gegen die eigene Bevölkerung vor. Das ist etwas, was schwer zu ertragen ist, dennoch zeigt dieses Buch ja das wahre Leben auf. Ein Leben, das sich genau so in vielen Teilen der Erde abspielt. Etwas, was uns wohlstandsverwöhnten Europäern klar sein muss, klar sein sollte. Ahmad flieht nun aus dieser für ihn gefährlich gewordenen Welt. Er flieht nach Europa. Er flieht in die Niederlanden. Wobei dieses Land meines Erachtens nur exemplarisch für unsere sogenannte Willkommenskultur steht. Denn die Flüchtlinge müssen erst durch diese Auffangstationen an den Außengrenzen der EU, was weiteres Leid verursacht. Nun könnte man sagen, die Einreise in unsere Länder des Friedens und des Wohlstands muss ja irgendwie geregelt werden. Ja, dass muss es. Aber geht das nicht menschlicher, geht das nicht etwas umsichtiger? Aber gut. Es ist, wie es ist. Genießen wir unsere Sicherheit in den europäischen Landen. Wer weiß, wie lange wir diese noch haben werden. Die Rechten erstarken an vielen Orten und gefährden mit ihren polemischen Slogans unsere Sicherheit und viel zu viele fallen darauf herein. Menschenfänger. Erst gibt es das Zuckerbrot. Und dann? Wer mit wachen Augen in die Geschichte schaut, wird wissen, was dieses Dann bedeuten kann. Ahmad kommt nun in den Niederlanden an, ist traumatisiert, trägt eine Schuld mit sich. Er konnte dieser Hölle in seiner Heimat entkommen. Doch was ist mit seiner Familie, was ist mit seinen Freunden? Ja, Ahmad trägt nicht nur das Grauen des Erlebten in sich, er krankt auch noch an den Unsicherheiten, die seine Familie, sein Umfeld betreffen. Was verstehbar ist! Wenn man sich nur etwas mit den Schicksalen der Menschen befasst, empathisch auf sie schaut. Und nicht den Hass gewinnen lässt. Er trifft auf hilfsbereite Geister. Menschen voller Mitleid. Aber auch auf Menschen mit Erwartungshaltungen. Das ist etwas zutiefst menschliches, Erwartungshaltungen zu haben. Wenn man sich nicht ausreichend hinterfragt. Denn wenn man dies tut, erkennt man, oder kann man erkennen, dass genau diese Erwartungshaltungen auch voller Gift stecken. Denn mit Erwartungshaltungen kann man sich, aber auch seiner Umwelt das Leben immens schwer machen. Muss man erkennen. Ist halt nur nicht einfach. Einer dieser hilfsbereiten Geister ist Mari. Sie nimmt Ahmad auf. Sie ist voller tiefer Gefühle. Doch was passiert, wenn zu viel Druck auf eine Seele trifft, die schon genug Druck in sich trägt? Ahmad verschwindet, hinterlässt Mari aber Aufzeichnungen. Aufzeichnungen in Arabisch. Mari ist nun verunsichert, hinterfragt sich, kommt auch einigen Antworten nahe. Aber nicht allen. Und so reißt sie in das Herkunftsland von Ahmad. Und trifft auf Tarik. Und hier schließt sich der Kreis, denn Tarik gehört zu den Kräften, die der Diktatur erst die Macht ermöglichen. Er krankt an seiner Schuld. Findet in Mari die Möglichkeit sich zu hinterfragen, erkennt ganz neue Gedanken in sich. Ein intensives Buch! Wie ich es aus dem Hause Wagenbach schon gewohnt bin. Ein beeindruckendes Buch. Auch Francesca Melandri und Omar Robert Hamilton haben mich mit ihren Büchern tief beeindruckt, auch diese beiden Bücher stammten aus dem Hause Wagenbach. Ein Verlag, wo man genau hinschauen sollte. Ich kann nur sagen, Wagenbach-Liebe!!!
Von ins_lebenlesen am 30.04.2024

Eine melancholische Geschichte über den Wunsch das Richtige zu tun

Ich bin nicht die Geschichte, die du aus mir machst und anderen gegenüber im immer selben Wortlaut wiederholst, ich bin keine Puppe, die du verbiegen, verrenken, hinsetzen kannst, wie es dir gefällt, das Rot, das Du siehst, ist eine blutende Wunde. S.147 Wytske Versteegs Geschichte kreist um drei Personen. Zum einen ist da die gescheiterte Sozialarbeiterin Mari. Mit viel Idealismus und guten Absichten engagiert sie sich in einer niederländischen Großstadt für Geflüchtete. MOMO ist eine Begegnungsstätte in einem Gemeinschaftsgarten einer spießbürgerlichen Kleingartenanlage, in der kulturelle Grenzen so hochwachsen wie Lorbeerhecken. Als die ganze Anlage eines Nachts abbrennt, geht nicht nur ihr Projekt in Rauch auf, sondern auch die fragile und schwierige Liebesgeschichte mit Ahmad, dem Geflüchteten aus einem namenlosen Kriegsgebiet, der seit jener Nacht verschwunden ist. Nun ist es Mari, die sich auf die Flucht begibt. Sie flieht in ein neues Projekt in die Grenzregion eben dieses Kriegsgebietes, wo sie auf den Spuren von Ahmad auf Tarik trifft. Auch Tarik ist ein Gestrandeter, der sich in dieser abgelegenen Bergregion in einem kleinen Dorf verschanzt hat. Hier betätigt er sich als Totengräber für die zahllosen Menschen, deren Leben auf der Flucht vor Krieg, Armut und Perspektivlosigkeit an diesem Ort endete. Auch er trägt eine gescheiterte Liebe und eine dunkle Vergangenheit in sich, für die er hier Buße tut. Ich glaube, man kann diese Geschichte auf 100 Arten lesen. Was Wytske Versteeg MIR erzählt: dass irgendwo auf der Welt jeder Mensch ein Geflüchteter ist oder ein Retter oder beides. Ein Mensch, der glaubt, das Richtige zu tun und damit verletzt, ein Suchender, der seine Einsamkeit durchbrechen will und gleichzeitig Mauern baut. Was es bedeutet ein Fremder zu sein, versucht die Autorin mit konsequenten Perspektivwechseln aufzudecken. Die drei ProtagonistInnen sind mir fremd und gleichzeitig nah. Ihr Verhalten verstört mich und gleichzeitig verstehe ich es. Ich schaue zu, wie sie aus ihren drei Perspektiven einander umkreisen, es gut miteinander meinen und doch die Mauern aus fremden Kulturen, Sprachen, Gebräuchen, Ritualen und Gesten nicht überwinden können. Wytske Versteeg hat mir auf einer Lesung aus ihrem Buch vorgelesen, bevor ich es selbst tun konnte. Mit dunkler und zurückgenommener Stimme wogte sie sich durch ihren Text. Es ist dieser Rhythmus in ihrer Sprache, der mich bannt. Dabei sind es nicht nur die Worte selbst, sondern die Kraft der Gesten und Bilder, die sie beschreibt. Doch immer ist da dieser Moment, diese Goldene Stunde S.234, kurz nach Sonnenaufgang, in der die ganze Hoffnung der Welt liegt, die uns glauben lässt, dass wir alles schaffen können. Dass es ein guter Tag wird. Trotz allem. Es ist eine sehr melancholische Geschichte, die eigentlich ohne Hoffnung ist. Und doch ist sie nicht ohne sie. Alles an ihr ist vage und offen, lässt sich diskutieren. Niemand kann einen anderen retten, aber anfangs bildet man sich noch ein, dass man das kann, dass man das muss. Man macht Erfahrungen, verliert Illusionen und verbessert sich auf diese Weise fachlich. Und dennoch S.69