Jeder kennt sie und beinahe jeder hat sie schon einmal gespürt: Schuldgefühle. Zum Problem werden sie erst, wenn sie pathologischer Art sind und das soziale Leben beeinträchtigen. Die Gründe für irrationale Schuldgefühle lassen sich auf negative Kindheitserlebnisse zurückführen wie z.B. physische, emotionale oder sexuelle Gewalterfahrungen. Mathias Hirsch unterscheidet hierbei vier Arten: das Basis-, Vitalitäts-, Trennungs- und traumatische Schuldgefühl. Zudem weist er auf die Notwendigkeit hin, in der Psychotherapie sorgfältig zwischen realer Schuld und irrationalen Schuldgefühlen zu differenzieren.
Während Schuldempfinden in der Regel hilfreich ist, um das soziale Miteinander zu regulieren und Reife zu ermöglichen, erschweren pathologische Schuldgefühle das Leben und den eigenen Entwicklungsprozess. Die Gründe für irrationale Schuldgefühle liegen in der Kindheit und lassen sich auf negative Erfahrungen zurückführen wie physische oder sexuelle Gewalt, emotionalen Missbrauch, nicht betrauerte Verluste oder eine unerwünschte Existenz. Solche Erlebnisse werden verinnerlicht und erzeugen traumatische Introjekte, die Beziehungs- und Identitätsstörungen zur Folge haben und Schuldgefühle verursachen. Mathias Hirsch zeigt, wie wichtig es ist, in der Psychotherapie sorgfältig zwischen realer Schuld und irrationalen Schuldgefühlen zu unterscheiden und dem Phänomen der negativen therapeutischen Reaktion sowie besonderen Gegenübertragungsreaktionen sensibel zu begegnen. Er nimmt eine psychoanalytisch fundierte Systematisierung des Schuldgefühls vor und differenziert zwischen Basis-, Vitalitäts-, Trennungs- und traumatischem Schuldgefühl.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
Was ist Schuldgefühl?
Das Über-Ich
Das Über-Ich bei Freud
Frühes Über-Ich
Schuldgefühlabwehr
Verbrechen aus Schuldgefühl
Introjektion und Identifikation
Fremdkörper im Selbst
Sándor Ferenczi als Begründer
einer psychoanalytischen Traumatologie
Zwei Arten der Identifikation mit dem Aggressor
Formen des Schuldgefühls
Basisschuldgefühl
Abtreibungsversuche
Das Kind macht die Mutter krank
Schuldgefühle unehelicher Kinder
Das weggegebene Kind
Die Dynamik der Rollenumkehr
Das »falsche« Geschlecht
Ersatzkinder
Das Bedürfnis, vital und getrennt zu leben
Natürlich gibt es den Ödipuskomplex noch
Sexualität bedeutet Vitalität
Erfolg bedeutet Übertreffen
Unterdrückte Geschwisterrivalität
Die Eltern sind ständig krank
Überlebenden-Schuldgefühl
Trennung bedeutet Schuld
Sexualität bedeutet Trennung
Erfolg bedeutet Trennung
Opfer jeder Gewaltform haben Schuldgefühle
Familiäre Traumata
Schuldgefühle nach Todesfällen und anderen Verlusten
Traumatisierung durch politische Gewalt
Transgenerationale Weitergabe traumatischer Gewalt
Reale Schuld in der Vorgeneration
Therapeutische Aspekte
Unschuldsvermutung
Negative Übertragung
Negative therapeutische Reaktion
Gegenübertragung und Schuldgefühl
Differenzierung von Schuld und Schuldgefühl
Literatur